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Gamescom 2025: Zollfahnder sorgen für Aufsehen zum Auftakt

In Aktuelles
August 20, 2025

Köln – Ein ungewohnter Auftakt für die weltgrößte Videospielmesse: Noch bevor sich die Hallen der Koelnmesse mit hunderttausenden Besuchern füllten, rückten Zollfahnder mit einem Großaufgebot an. Im Fokus standen diesmal nicht die neuesten Spieletrends, sondern mögliche Verstöße im Sicherheitsgewerbe. Was folgte, war ein aufsehenerregender Einsatz, der weitreichende Fragen zur Eventbranche und zur Schattenwirtschaft in Deutschland aufwirft.

Ein ungewöhnlicher Startschuss für die Gamescom

Die Gamescom 2025, die vom 20. bis 24. August stattfand, ist traditionell ein Fest für die Gaming-Community. Hunderttausende Besucher aus aller Welt strömen jedes Jahr nach Köln, um Neuheiten auszuprobieren, Entwickler zu treffen und ein Stück Gaming-Kultur zu erleben. Doch in diesem Jahr stand am Eröffnungstag ein anderes Bild im Vordergrund: Rund 60 Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls kontrollierten zeitgleich alle Zugänge und prüften das Sicherheitspersonal.

Nach Angaben der Behörden wurden etwa 150 Beschäftigte von mehr als 40 Sicherheitsfirmen überprüft. Der Verdacht: Schwarzarbeit, Mindestlohnverstöße und Missbrauch von Sozialleistungen. Schon am ersten Tag ergaben sich fast 50 Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten – ein Signal, dass der Einsatz alles andere als symbolisch war.

Die Ergebnisse der Kontrollen

Die Bilanz der Aktion war deutlich: In zwölf Fällen gab es Anzeichen auf Sozialleistungsmissbrauch, etwa Personen, die trotz Bezug von Bürgergeld als Sicherheitskräfte arbeiteten. In drei Fällen wurde der gesetzliche Mindestlohn nicht gezahlt. Besonders brisant: Ein 17-jähriger Ordner war eingesetzt – ein klarer Verstoß gegen arbeits- und jugendschutzrechtliche Vorgaben. Zudem entdeckten die Fahnder Hinweise auf Scheinselbstständigkeit, ein Problem, das in der Sicherheitsbranche häufiger anzutreffen ist.

Einordnung in Zahlen

KontrollbereichErgebnis
Kontrollierte Beschäftigte≈ 150
Kontrollierte Firmen> 40
Hinweise auf Schwarzarbeit≈ 50
Sozialleistungsmissbrauch12 Fälle
Mindestlohnverstöße3 Fälle
Minderjähriger Mitarbeiter1 Fall (17 Jahre)

Wie reagierte die Koelnmesse?

Die Veranstalter der Gamescom äußerten sich positiv zu den Kontrollen. Ein Sprecher der Koelnmesse erklärte, der Zoll leiste „einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Qualität unserer Servicepartner“. Die Messegesellschaft selbst habe keine vergleichbaren Befugnisse, weshalb externe Überprüfungen entscheidend seien. Damit positionierte sich die Messe klar an der Seite der Behörden und signalisierte, dass die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards Teil der eigenen Qualitätsstrategie ist.

Weitere Kontrollaktionen in Bonn

Parallel zur Aktion in Köln wurden auch in Bonn Sicherheitskräfte überprüft – unter anderem in Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften, Geschäften und auf dem Universitätscampus. Hier standen 23 Beschäftigte von sieben Firmen im Fokus. Auch dort ergaben sich Hinweise auf Schwarzarbeit, Scheinselbstständigkeit und Missbrauch von Sozialleistungen. Die Aktion verdeutlicht, dass der Zoll nicht nur punktuell bei Großveranstaltungen einschreitet, sondern parallel in verschiedenen Bereichen der Sicherheitsbranche tätig ist.

Ein Blick auf die Sicherheitsbranche

Die Sicherheitsbranche in Nordrhein-Westfalen und bundesweit gilt seit Jahren als besonders anfällig für Verstöße gegen Arbeitsrecht. Gründe sind der hohe Konkurrenzdruck, niedrige Margen und die häufige Vergabe von Aufträgen an Subunternehmer. Laut den aktuellen Tarifverträgen liegen die Stundenlöhne im Objektschutz in NRW seit April 2025 bei rund 14,60 bis 16,27 Euro. Abweichungen von diesen Vorgaben können schnell zu Verstößen gegen den Mindest- oder Tariflohn führen.

Die Praxis zeigt zudem, dass besonders bei Großevents wie der Gamescom mit ihrem enormen Bedarf an Sicherheitspersonal Lücken im System entstehen. Engpässe bei qualifizierten Kräften, kurzfristige Aufträge und die Verlockung, Kosten zu senken, erhöhen das Risiko für Schwarzarbeit und Lohndumping.

Makroperspektive: Schwarzarbeit in Deutschland

Der Einsatz auf der Gamescom ist kein Einzelfall, sondern reiht sich in eine bundesweite Strategie ein. Die Jahresbilanz des Zolls für 2024 weist eine Schadenssumme von mehr als 766 Millionen Euro aus, die auf Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung zurückzuführen ist. Im Jahr 2023 waren es noch 615 Millionen Euro. Nach Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft arbeiten mindestens 3,3 Millionen Menschen in Deutschland schwarz. Organisierte Formen wie Scheinfirmen oder Netzwerke verschärfen die Problematik zusätzlich.

Fragen, die sich Besucher stellen

War der Zoll-Einsatz auf der Gamescom angekündigt?

Nein. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit setzt gezielt auf unangekündigte Einsätze, um authentische Einblicke in die tatsächlichen Arbeitsbedingungen zu erhalten. Auch in Köln erfolgte der Einsatz überraschend am ersten Messetag.

Gab es Minderjährige unter den gefundenen Verstößen?

Ja. Ein 17-Jähriger wurde als Ordner eingesetzt, was gegen jugendschutzrechtliche Vorgaben verstößt und als besonders heikler Befund gilt.

Gab es ähnliche Kontrollen auch außerhalb der Gamescom?

Tatsächlich führte der Zoll gleichzeitig in Bonn Kontrollen durch, die ebenfalls Verstöße offenbarten. Damit wurde deutlich, dass es sich um eine koordinierte Maßnahme gegen Missstände in der Sicherheitsbranche handelte.

Besuchererfahrungen und Community-Sicht

In Foren und sozialen Netzwerken diskutierten Besucher über die verschärften Ausweis- und Ticketkontrollen. Besonders die Verbindung von Gamescom-Tickets mit ÖPNV-KombiTickets führte zu Diskussionen, da am Einlass zunehmend strengere Identitätsprüfungen vorgenommen wurden. Gleichzeitig berichteten Fans von Engpässen an den Kontrollpunkten und unterschiedlicher Strenge beim Einlass. Für viele war der Zoll-Einsatz zwar sichtbar, doch das eigentliche Messeerlebnis wurde davon nicht überschattet.

Der Zoll als doppelter Akteur

Interessanterweise war der Zoll nicht nur als Kontrollinstanz präsent. Auf der Messe präsentierte er sich gleichzeitig mit einem Karriere-Stand, um Nachwuchs zu gewinnen. Während draußen Beamte Arbeitgeber überprüften, warben drinnen Vertreter um Bewerber – eine symbolträchtige Doppelrolle, die in der Community durchaus thematisiert wurde.

Ein zweigeteiltes Bild

Während die einen den Einsatz als notwendige Maßnahme zur Sicherung fairer Arbeitsbedingungen sahen, diskutierten andere über mögliche Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Messe. Dass der Zoll gerade am ersten Tag präsent war, verlieh dem Einsatz zusätzliches Gewicht. Für die Veranstalter bleibt es ein Spagat: Einerseits möchten sie eine unbeschwerte Atmosphäre schaffen, andererseits die Qualität und Seriosität der Dienstleister sicherstellen.

Herausforderungen für die Zukunft

Der Einsatz zeigt deutlich, wie verwundbar große Veranstaltungen gegenüber Missständen in der Sicherheitsbranche sind. Mit wachsender Besucherzahl – 2024 kamen rund 335.000 Gäste nach Köln – steigt auch der Druck auf die Veranstalter. Die Bundesregierung plant zudem, die Befugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit weiter auszubauen, was für die Zukunft noch strengere Kontrollen erwarten lässt.

Für Sicherheitsfirmen bedeutet dies, dass Transparenz und Einhaltung von Tarifvorgaben entscheidend werden, um am Markt bestehen zu können. Für Besucher und Aussteller ist es ein Signal, dass hinter den Kulissen nicht nur Spiele präsentiert, sondern auch klare Regeln durchgesetzt werden.

Einordnung in den größeren Kontext

Die Zollaktion auf der Gamescom war mehr als ein punktueller Eingriff: Sie verdeutlicht die Bedeutung staatlicher Kontrolle in einem Wirtschaftszweig, der von Subunternehmern, Personalengpässen und Kostendruck geprägt ist. Für die Gaming-Community bleibt die Messe trotz dieser Schlagzeilen ein Highlight des Jahres. Doch das Bild, das im August 2025 entstand, war facettenreicher: Während auf den Bühnen neue Spiele vorgestellt wurden, führte der Zoll einen Kampf gegen Schattenwirtschaft – und beides gehört inzwischen zur Realität einer Großveranstaltung in Deutschland.

Die Gamescom 2025 wird als Jahr in Erinnerung bleiben, in dem der Zoll mit Fahndern für Aufsehen sorgte. Der Einsatz offenbarte nicht nur konkrete Verstöße, sondern auch strukturelle Probleme einer Branche, die unter großem Druck steht. Er zeigte, dass es im Schatten der bunten Messewelt Missstände gibt, die konsequent verfolgt werden müssen. Gleichzeitig machte er deutlich, wie eng verknüpft Sicherheit, Arbeitsrecht und gesellschaftliche Verantwortung bei Großereignissen sind. Für Besucher blieb die Gamescom ein Erlebnis, für die Veranstalter eine Mahnung – und für den Zoll ein Erfolg, der über den Tag hinaus Wirkung zeigt.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.