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Abschied von Anita Kupsch: Berliner TV-Legende im Alter von 85 Jahre alt gestorben

In Aktuelles
Juli 04, 2025
Kerze Abschied

Berlin – Am Morgen des 3. Juli 2025 ist mit Anita Kupsch eine der prägendsten Gesichter der deutschen Fernsehlandschaft verstorben. Die vielseitige Schauspielerin, die Millionen Zuschauern als Gabi Köhler aus „Praxis Bülowbogen“ im Gedächtnis blieb, wurde 85 Jahre alt. Ihr bewegtes Leben war geprägt von künstlerischem Ehrgeiz, privaten Herausforderungen und einem Humor, der sie selbst durch die schwersten Zeiten trug.

Ein Berliner Original – Frühe Jahre und der Weg zur Schauspielerei

Anita Kupsch wurde am 18. Mai 1940 in Berlin geboren und wuchs als Tochter eines Kaufmanns in der noch vom Zweiten Weltkrieg gezeichneten Stadt auf. Ihre ersten beruflichen Schritte führten sie in eine ganz andere Richtung: Sie absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Visagistin. Doch schon bald sollte sich zeigen, dass ihr eigentliches Talent nicht hinter, sondern vor der Kamera lag.

Mit einer Schauspielausbildung an der renommierten UFA-Schule in Berlin legte sie den Grundstein für eine außergewöhnliche Karriere. Kupschs Weg auf die Bühne war keine Selbstverständlichkeit, sondern das Ergebnis von Zielstrebigkeit und Leidenschaft – und vielleicht auch der berühmten Berliner Schnauze, die sie so authentisch verkörperte.

Durchbruch mit „Praxis Bülowbogen“ – Die Rolle, die sie unsterblich machte

Für viele Zuschauer ist Anita Kupsch bis heute untrennbar mit der Figur der Gabi Köhler verbunden. Als resolute Arzthelferin in der ARD-Vorabendserie „Praxis Bülowbogen“ wurde sie zwischen 1987 und 1996 zur TV-Ikone. Ihre Schlagfertigkeit, ihr Humor und ihr Herz machten sie zur Sympathieträgerin für ein Millionenpublikum. Über 100 Rollen in Film und Fernsehen zeugen von ihrer Vielseitigkeit, doch die Berliner „Praxis“ wurde zu ihrem Markenzeichen.

Einprägsam, direkt und herzlich: Zitate, die bleiben

Zu Anita Kupschs Persönlichkeit gehörte immer auch eine gewisse Unerschrockenheit. Legendär ist ihr Ausspruch bei einem Vorsprechen: „Am Arsch habe ich kein Talent.“ Dieses Zitat steht sinnbildlich für ihren Mut, ihre Authentizität und ihre Fähigkeit, sich auch in einer männlich dominierten Medienwelt zu behaupten.

Theater, Synchronisation und ein Leben auf der Bühne

Ob Hebbel-Theater oder Renaissance-Theater in Berlin, ob Engagements in Hamburg oder Frankfurt: Die Bühne war für Kupsch ein zweites Zuhause. Ihr Erfolg mit Stücken wie „Männer und andere Irrtümer“ (über 1700 Aufführungen) oder „Golden Girls“ unterstreicht ihren Ruf als herausragende Bühnenkünstlerin.

Weniger bekannt, aber nicht minder beeindruckend ist Kupschs Karriere als Synchronsprecherin. Sie lieh Hollywood-Stars wie Goldie Hawn, Liza Minnelli und Kim Cattrall ihre Stimme und begeisterte eine ganz neue Generation als Stimme von Joan Landor im Kult-Anime „Captain Future“. Ihre Arbeit reichte bis in britische Komödien – so sprach sie auch Figuren in den populären Carry-On-Filmen.

Filmografie im Überblick: Vielseitigkeit und Beständigkeit

Anita Kupsch prägte die deutsche Fernsehlandschaft über Jahrzehnte hinweg. Ihre Filmografie ist so umfangreich wie abwechslungsreich. Bereits 1962 feierte sie ihr Kinodebüt im DDR-Fluchtdrama „Tunnel 28“ unter der Regie von Robert Siodmak – ein früher, kaum bekannter Meilenstein. Bis 2017 blieb sie dem Publikum in Fernsehrollen treu, etwa in der Serie „Die Spezialisten – Im Namen der Opfer“.

Auswahl wichtiger Stationen

  • Praxis Bülowbogen (1987–1996): Gabi Köhler, Arzthelferin und Publikumsliebling
  • Okay S.I.R.: Fernsehserie, Rolle im Ermittlerteam
  • Tatort: Gastauftritte in verschiedenen Episoden
  • Ein Heim für Tiere und Ein Mann will nach oben: Weitere Serienklassiker
  • Theater: Hebbel-Theater, Renaissance-Theater, Tourneen durch Deutschland
  • Synchronisation: Goldie Hawn, Liza Minnelli, Kim Cattrall, Joan Landor (Captain Future)

Familie, Beziehungen und das Leben abseits des Rampenlichts

Kupschs Privatleben war von Höhen und Tiefen geprägt, die sie mit derselben Offenheit begegnete, wie sie auf der Bühne zeigte. Ihre erste Ehe mit dem Journalisten Henno Lohmeyer dauerte von 1963 bis 1973, aus der die Tochter Daniela hervorging – eine Schauspielerin und Synchronsprecherin, die das künstlerische Talent der Familie weitertrug.

Nach einer Beziehung mit dem französischen Produktionsleiter François Chevreuil fand sie 1987 in Klaus‑Detlef Krahn ihren Lebensmenschen. Die Ehe hielt bis zu ihrem Tod, und Krahn war es auch, der sie bis zuletzt liebevoll begleitete und pflegte.

Familiäre Kontinuität: Tochter im Rampenlicht

Daniela Lohmeyer, Kupschs Tochter, trat selbst als Schauspielerin und Synchronsprecherin in die Fußstapfen der Mutter – ein Beweis für die Weitergabe von Talent, aber auch von Wertebewusstsein und Durchsetzungskraft innerhalb der Familie.

Auszeichnungen, Preise und die Anerkennung der Branche

Die Leistungen Anita Kupschs blieben nicht unbemerkt: 1978 erhielt sie den „Goldenen Vorhang“, einen der renommiertesten Preise im deutschen Theaterbetrieb. Hinzu kamen Ehrungen wie der Berliner Bär (B.Z.-Kulturpreis), die ihren Beitrag zur Film- und Fernsehkultur würdigten.

Gesundheitliche Herausforderungen und das letzte Kapitel

2011 wurde bei Anita Kupsch Brustkrebs diagnostiziert, doch sie überstand die Krankheit mit großer Entschlossenheit. Ihre letzten Jahre waren von einer schweren Demenz geprägt. Ihr Ehemann schilderte in den Medien bewegend, wie sie mehr und mehr Kraft verlor, schließlich nicht mehr auf Ansprache reagierte und „nur noch im Bett lag“. Diese Offenheit half vielen, den Umgang mit Demenz zu enttabuisieren – einer Erkrankung, die allein in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen betrifft und deren Zahl weiter steigt.

Pflege und Abschied in Würde

Trotz aller Herausforderungen stand ihre Familie fest zu ihr. Krahn beschrieb in Interviews berührende Alltagsmomente: „Ich habe neben ihr gebügelt und wir haben zusammen ferngesehen.“ Diese Nähe spendete Trost und zeigte, wie wichtig emotionale Unterstützung für Betroffene ist. Der Tod am Morgen des 3. Juli 2025 in einer Berliner Pflegeeinrichtung war für ihre Angehörigen und Freunde eine Erlösung nach langem Leiden.

„Ich bin zufrieden, sie ist endlich erlöst.“
– Klaus-Detlef Krahn, Ehemann

Stimmen aus der Branche und Öffentlichkeit

Nicht nur die Familie, auch zahlreiche Weggefährten und Fans reagierten betroffen auf die Nachricht ihres Todes. Kollegen bezeichneten sie als „direkt, schlagfertig und resolut“. Ihre spontane, ehrliche Art prägte das Miteinander in Theater und Fernsehen – und war Vorbild für viele nachfolgende Schauspielerinnen. In den sozialen Medien fanden sich zahlreiche Würdigungen, die ihre Menschlichkeit und ihren Mut betonten. Besonders ihr berühmter Spruch „Am Arsch habe ich kein Talent“ wurde vielfach zitiert und als Symbol für Emanzipation gefeiert.

Ihre Bedeutung als Synchronsprecherin

Anita Kupschs Arbeit im Synchronstudio brachte ihr eine treue Fangemeinde, besonders unter jüngeren Zuschauern. Mit ihrer markanten Stimme prägte sie nicht nur Generationen von Kinobesuchern, sondern brachte auch internationalen Produktionen einen unverwechselbaren deutschen Klang.

Tabellarische Übersicht: Stationen und Rollen

JahrRolle/EngagementBemerkung
1962„Tunnel 28“ (Kino)Kurz nach Berliner Mauerbau, DDR-Fluchtdrama
1980–81Synchron: Joan Landor (Captain Future)Kultstatus bei Anime-Fans
1987–1996Gabi Köhler, „Praxis Bülowbogen“TV-Durchbruch, Kultstatus
2017„Die Spezialisten – Im Namen der Opfer“Letzte TV-Rolle
1960–2020Theaterengagements bundesweitu.a. „Männer und andere Irrtümer“, „Golden Girls“

Künstlerische Haltung und Emanzipation

Kupsch galt als Pionierin im Kampf gegen Benachteiligung und Sexismus im Kulturbetrieb. Mit Humor, Schlagfertigkeit und Spontanität stellte sie sich Vorurteilen entgegen. Nicht selten brachte sie ihre Zuschauer mit improvisierten Sprüchen zum Lachen – selbst, wenn sie dabei Grenzen überschritt. Eine bekannte Szene: Als ein Zuschauer im Theater schlecht hörte, rief sie ihm zu: „Na, es gibt ja jetzt schon ganz billige Hörgeräte.“ Dieser Humor machte sie zur Berliner Göre par excellence und zur Identifikationsfigur weit über die Hauptstadt hinaus.

Nachwirkung und Bedeutung für die deutsche Medienlandschaft

Der Tod von Anita Kupsch löste nicht nur Trauer, sondern auch eine Welle der Anerkennung aus. Von dpa bis zum ORF, von Berliner Bühnen bis in Fan-Foren und die sozialen Medien: Überall wird ihre Lebensleistung gewürdigt. Sie war eine Frau, die nie nachließ, ihre Meinung zu sagen, die immer neugierig blieb und Generationen von Zuschauerinnen und Zuschauern inspirierte.

Das Vermächtnis einer starken Frau

Das Vermächtnis von Anita Kupsch ist vielseitig: Ihre Tochter führt ihr künstlerisches Erbe fort, ihr unverwechselbarer Humor und ihre Stimmenvielfalt werden in den Erinnerungen vieler weiterleben. Ihre offene Thematisierung von Krankheit und Abschied setzte ein Zeichen für mehr Menschlichkeit – auf und hinter der Bühne.

Fazit: Eine Berliner Legende sagt leise Adieu

Mit Anita Kupsch verliert Deutschland eine Schauspielerin, die nicht nur Rollen verkörperte, sondern Generationen von Menschen Mut, Freude und Nachdenklichkeit schenkte. Ihre Karriere war ein Spiegelbild der deutschen Fernseh- und Theaterkultur seit den 1960er Jahren – mit all ihren Höhen, Brüchen und Neuanfängen. Sie bleibt ein Vorbild an Durchhaltevermögen, Lebensklugheit und echtem Herz.

„Ihr fehlt einfach die Energie … sie lag nur noch im Bett, hat mich nicht mehr verstanden.“
– Klaus-Detlef Krahn, Ehemann

Abschied zu nehmen fällt schwer – doch das Werk und Wesen von Anita Kupsch werden lebendig bleiben. Ihre Schlagfertigkeit, ihr Talent und ihre Berliner Seele machen sie unsterblich in den Herzen vieler.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.