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Schwerbehindert und bald in Rente? Warum ab 2026 massive Einbußen drohen

In Aktuelles
Juli 06, 2025
Rente Behindert

Eine Gesetzesänderung trifft ab dem Jahr 2026 hunderttausende Menschen mit Schwerbehinderung, die in den kommenden Jahren in Rente gehen wollen. Der bisherige Vertrauensschutz fällt weg – und mit ihm die Möglichkeit, frühzeitig ohne Abschläge in den Ruhestand zu wechseln.

Ein historischer Einschnitt für schwerbehinderte Arbeitnehmer

Für viele schwerbehinderte Menschen war sie eine wichtige Säule der Altersvorsorge: Die Möglichkeit, bereits mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente zu gehen – sofern bestimmte Bedingungen erfüllt waren. Doch genau dieses Privileg wird zum Jahreswechsel 2025/2026 abgeschafft. Der Gesetzgeber beendet mit Ablauf des Jahres 2025 den sogenannten Vertrauensschutz nach §236a SGB VI. Damit beginnt für alle Betroffenen eine neue Ära der Rentenregelung mit teils drastischen Konsequenzen.

Wen betrifft die neue Regelung konkret?

Betroffen sind alle schwerbehinderten Personen, die ab dem 1. Januar 1964 geboren wurden und einen anerkannten Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 haben. Eine weitere Voraussetzung: Sie müssen mindestens 35 Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen können.

Bis Ende 2025 galt für diese Personengruppe eine Sonderregelung: Der Renteneintritt war bereits mit 63 Jahren möglich – ohne jeglichen Abschlag. Doch ab dem Jahr 2026 ist dies Geschichte. Künftig gilt auch für schwerbehinderte Menschen die abschlagsfreie Rente erst ab dem vollendeten 65. Lebensjahr. Wer früher gehen möchte, muss empfindliche finanzielle Einbußen hinnehmen.

Die finanziellen Folgen im Überblick

Der finanzielle Verlust durch den vorzeitigen Rentenbeginn ist erheblich. Denn der Gesetzgeber sieht einen Abschlag von 0,3 Prozent pro Monat vor. Bei einer Inanspruchnahme der Rente drei Jahre vor der neuen Altersgrenze (also mit 62 Jahren) summiert sich das auf 10,8 Prozent – ein dauerhafter Verlust.

Beispielrechnung:

Ursprüngliche BruttorenteAbschlag bei 10,8 %Neue BruttorenteMonatlicher Verlust
1.750 €189 €1.561 €189 €

Dieser Abschlag gilt lebenslang – unabhängig davon, wie lange der Rentenbezug dauert. Für viele schwerbehinderte Menschen, die ohnehin gesundheitlich eingeschränkt sind, stellt dies eine enorme finanzielle Herausforderung dar.

Warum wird der Vertrauensschutz abgeschafft?

Hintergrund dieser Reform ist die schrittweise Anhebung des allgemeinen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Der Gesetzgeber möchte eine Gleichbehandlung aller Versicherten erreichen und gleichzeitig das Rentensystem langfristig stabilisieren. Der Vertrauensschutz, der jahrzehntelang für Menschen mit Behinderung galt, wird als „Sonderregelung mit Ablaufdatum“ gesehen.

Diese Argumentation stößt jedoch auf Kritik. Experten wie Rentenberater Peter Knöppel sprechen von einem „massiven Einschnitt“, der besonders vulnerable Gruppen hart trifft. Auch auf sozialen Medien machen viele Betroffene ihrer Sorge Luft.

Was sagen Betroffene und Experten?

In Foren wie forum.oeffentlicher-dienst.info diskutieren Versicherte angeregt über die Folgen der Reform. Viele sind verunsichert, einige berichten sogar davon, freiwillige Beiträge zu leisten, um möglichst noch vor 2026 abschlagsfrei in Rente gehen zu können.

„Ich zahle seit letztem Jahr monatlich 100 Euro freiwillig ein, um die Wartezeit zu erfüllen – sonst wird’s teuer ab 2026“, schreibt ein Nutzer in einem Forum für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes.

Ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird: Wer bereits eine anerkannte Schwerbehinderung besitzt, muss darauf achten, den Status bis zur Antragstellung der Rente nicht zu verlieren. Zwar gilt: Einmal bewilligt, bleibt die Rente erhalten – auch wenn der GdB später nicht mehr besteht. Doch ein vorzeitiger Verlust des Ausweises vor Rentenantragstellung kann den Anspruch gefährden.

Gibt es Auswege oder Kompensationsmöglichkeiten?

Ja, es gibt mehrere Optionen, mit denen Betroffene die Renteneinbußen abfedern können. Einige davon erfordern jedoch frühzeitige Planung:

Mögliche Strategien zur Schadensbegrenzung

  • Freiwillige Beiträge: Ab dem 50. Lebensjahr können freiwillige Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt werden, um fehlende Versicherungszeiten zu kompensieren.
  • Flexirente: Kombination aus Teilzeitarbeit und Rentenbezug, um den Abschlag zu minimieren.
  • Teilrente: Stufenweiser Übergang in den Ruhestand mit anteiliger Rente bei gleichzeitiger Erwerbstätigkeit.
  • Ausgleichszahlungen: Wer hohe Rentenverluste befürchtet, kann freiwillige Ausgleichszahlungen leisten, die steuerlich absetzbar sind.

Diese Möglichkeiten setzen allerdings voraus, dass sich Betroffene rechtzeitig mit ihrer individuellen Rentensituation auseinandersetzen. Beratung durch Rentenexperten oder Sozialverbände ist hier unerlässlich.

Unterschiede für Beamte und öffentlicher Dienst

Beamte mit Schwerbehinderung sind von dieser Neuregelung in Teilen ausgenommen. Zwar wird auch hier eine Anhebung des Ruhestandsalters diskutiert, doch derzeit gelten gesonderte Regelungen. Abschläge beim vorzeitigen Ruhestand betragen oft nur 3,6 Prozent pro Jahr. Für viele ältere Beamte bleibt so eine gewisse Planungssicherheit erhalten.

Wie groß ist die betroffene Gruppe?

Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland rund 7,9 Millionen Menschen mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 50 oder mehr. Ein Großteil davon – etwa 78 Prozent – ist älter als 55 Jahre. Der Anteil der potenziell betroffenen Renteneinsteiger dürfte also sehr hoch sein. Allein 2023 bezogen über 62.000 schwerbehinderte Personen erstmals eine Altersrente.

Mit dem demografischen Wandel dürfte diese Zahl in den kommenden Jahren weiter steigen – und damit auch die Zahl derjenigen, die von den neuen Regelungen betroffen sein werden.

Langfristige Folgen und Kritik

Die Bertelsmann-Stiftung warnte in einer Studie bereits 2021 vor zunehmender Altersarmut in Deutschland. Besonders gefährdet seien Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien, chronischen Erkrankungen oder Behinderungen. Die Reform ab 2026 dürfte dieses Risiko weiter verschärfen.

Zudem fehlt vielen Betroffenen die Möglichkeit, durch Zusatzrenten oder Betriebsrenten gegenzusteuern. Die Abhängigkeit von der gesetzlichen Rente ist in dieser Gruppe besonders hoch.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet der Wegfall des Vertrauensschutzes für die Rentenplanung ab 2026?

Er bedeutet, dass Menschen mit Schwerbehinderung ab Jahrgang 1964 nicht mehr mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Sie müssen entweder bis 65 warten oder Kürzungen in Kauf nehmen.

Wie hoch sind die Abschläge, wenn ich mit 62 Jahren in Rente gehe?

Die gesetzliche Rentenkürzung beträgt 0,3 % pro Monat. Wer drei Jahre früher geht, verliert dauerhaft 10,8 % der monatlichen Rentenzahlung.

Kann ich die Abschläge irgendwie ausgleichen?

Ja. Über freiwillige Beiträge oder Ausgleichszahlungen kann die Rente aufgebessert werden. Auch Teil- oder Flexirente sind sinnvolle Modelle zur Minderung der Abschläge.

Was passiert, wenn mein Schwerbehindertenausweis später aberkannt wird?

Wurde die Rente bereits bewilligt, bleibt sie bestehen – auch wenn der GdB später sinkt oder der Ausweis nicht verlängert wird.

Fazit: Jetzt handeln, um Verluste zu vermeiden

Die Reform der Altersrente für Schwerbehinderte ab 2026 ist ein bedeutender Einschnitt mit weitreichenden Konsequenzen. Wer betroffen ist, sollte sich frühzeitig mit seiner individuellen Situation auseinandersetzen und fachkundige Beratung in Anspruch nehmen. Nur so lassen sich finanzielle Nachteile rechtzeitig erkennen und durch geeignete Maßnahmen abfedern.

Denn eines ist sicher: Wer unvorbereitet in die neue Rentenwelt ab 2026 eintritt, riskiert empfindliche Einbußen, die sich über Jahrzehnte hinweg summieren.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.