
Karlsruhe – Eine wichtige Entscheidung steht heute beim Karlsruher SC an: Die Mitglieder des Traditionsvereins wählen im Rahmen einer digitalen außerordentlichen Mitgliederversammlung einen neuen Vizepräsidenten. Zwei Kandidaten treten gegeneinander an – beide mit klaren Vorstellungen, aber unterschiedlichen Hintergründen. Es ist eine Wahl, die nicht nur den Verein selbst betrifft, sondern auch Signalwirkung für zukünftige digitale Beteiligungsformate im deutschen Fußball hat.
Einführung: Warum die Wahl notwendig wurde
Die heutige Wahl ist notwendig geworden, weil der bisherige Vizepräsident des KSC, Mario Eggimann, im Frühjahr 2025 in das operative Geschäft des Vereins gewechselt ist. Als neuer Geschäftsführer Sport musste er sein Amt im Präsidium niederlegen. Damit wurde der Platz im fünfköpfigen Präsidium vakant – und eine Neubesetzung durch die Mitgliedschaft erforderlich.
Statt einer Präsenzveranstaltung hat sich der Verein für eine moderne, rein digitale Form der Wahl entschieden. Ab 18:30 Uhr am heutigen Montag, den 7. Juli 2025, beginnt die außerordentliche Online-Mitgliederversammlung. Ein Novum für viele, doch gleichzeitig ein deutliches Zeichen für den digitalen Wandel im Vereinswesen.
Die Kandidaten: Wer will KSC-Vizepräsident werden?
Zur Wahl stellen sich zwei Männer mit völlig unterschiedlichen Profilen: Uwe Maisch und Dominique Mayer.
Uwe Maisch: Der erfahrene Manager
Uwe Maisch ist 59 Jahre alt und kommt aus dem Karlsruher Mittelstand. Er ist Businessmanager und bringt langjährige Erfahrung in der Führung von Unternehmen mit. Schon 2024 hatte er sich für das Amt beworben, unterlag jedoch Mario Eggimann.
Sein Wahlprogramm stellt wirtschaftliche Stabilität und transparente Strukturen in den Mittelpunkt. Maisch betont seine Nähe zur Sponsorenlandschaft und möchte den Verein wirtschaftlich breiter aufstellen. Ein besonderes Anliegen ist ihm die Familienfreundlichkeit im Stadion: “Ich möchte, dass jeder sich ein Spielbesuch leisten kann – vom Rentner bis zur Großfamilie”, sagte er bei einer Informationsveranstaltung der Supporters Karlsruhe 1986 e.V.
Dominique Mayer: Der ehrenamtliche Vereinsmensch
Dominique Mayer, 57, stammt aus Iffezheim und ist beruflich in der Versicherungsbranche tätig. Anders als Maisch bringt er vor allem Erfahrung aus dem Ehrenamt mit. Seit Jahrzehnten engagiert er sich im lokalen Vereinswesen und sieht seine Stärke in der Vermittlung zwischen Basis und Funktionärsebene.
Sein Fokus liegt auf Identifikation mit dem Verein, Bodenständigkeit und dem Erhalt von Werten. In der Fanveranstaltung äußerte er sich bewusst kritisch gegenüber übermäßiger Kommerzialisierung: „Der KSC ist mehr als ein Businessmodell. Er ist Heimat und Verantwortung.“
Das Wahlsystem: Digital und innovativ
Die heutige Wahl ist vollständig digital organisiert. Die stimmberechtigten Mitglieder – mindestens vier Monate im Verein und volljährig – erhalten vorab Zugangsdaten und können sich per Browser oder App zur Mitgliederversammlung einloggen. Fragen an die Kandidaten konnten im Vorfeld eingereicht oder live per Chat gestellt werden.
Nach den Reden der Kandidaten findet die digitale Abstimmung statt. Das Ergebnis wird anschließend noch am selben Abend bekanntgegeben. Damit ist der KSC einer der ersten größeren deutschen Fußballvereine, der eine solche Personalwahl rein digital abwickelt.
Vorteile und Risiken digitaler Wahlen
- Pro: Höhere Beteiligung durch niedrigere Zugangshürden
- Pro: Niedrigere Kosten für Logistik und Personal
- Contra: Technische Probleme oder Serverausfälle könnten den Ablauf gefährden
- Contra: Bedenken bei Datenschutz und Manipulationssicherheit
Dennoch scheint die digitale Abstimmung beim KSC gut vorbereitet zu sein. Der Wahlausschuss unter Leitung von Sathia Lorenz hatte im Vorfeld beide Kandidaten zugelassen und die rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft. Die Beteiligung der Mitglieder gilt als gesichert, auch weil in den letzten Jahren vermehrt junge Mitglieder eingetreten sind, die mit Online-Wahlen vertraut sind.
Die Bedeutung des Amtes
Der Vizepräsident ist nicht nur symbolisches Aushängeschild, sondern nimmt aktiv Einfluss auf die Geschicke des Vereins. Er ist Mitglied im Beirat der KGaA – der Kapitalgesellschaft, in der das operative Geschäft ausgelagert ist. Dort entscheidet er mit über finanzielle und infrastrukturelle Themen, Verträge, Sponsorings sowie über langfristige strategische Entwicklungen.
Die Amtszeit ist zudem strategisch wichtig: Im vierten Quartal 2025 steht die reguläre Mitgliederversammlung mit Neuwahlen an. Der heute Gewählte könnte also entweder ein langfristiger Impulsgeber werden oder eine Übergangslösung bleiben – je nach Wahlergebnis im Herbst.
Erwartungen der Mitglieder
Die KSC-Mitglieder und Fans messen dem Amt hohe Bedeutung bei – und nicht zuletzt hohe Erwartungen. In Fanforen wie Transfermarkt.de oder sozialen Medien wird deutlich, dass das Vertrauen in Funktionäre in der Vergangenheit teils stark gelitten hat.
Ein früherer Vizepräsident hatte interne Informationen an die Presse weitergegeben – ein Skandal, der bis heute nachwirkt. Auch juristische Auseinandersetzungen zwischen Präsidium und ehemaligen Amtsträgern sorgen dafür, dass die Mitglieder nun besonders kritisch hinschauen. Es geht um Integrität, Loyalität und Transparenz.
„Ich gebe dir vollkommen Recht, die Kommunikation oder das Nichteinbinden zu kritisieren“, schreibt ein Nutzer im Fanforum – eine repräsentative Meinung für viele Mitglieder.
Spannungsfeld Pyrotechnik und Fankultur
Ein überraschender Punkt in der Kandidatendiskussion war das Thema Pyrotechnik. Beide Kandidaten äußerten Verständnis für die Fankultur und signalisierten Offenheit gegenüber legalen Pyro-Konzepten. Während manche Fans das begrüßen, äußerten sich andere empört:
„Straftäter unterstützen?!? … das Abbrennen von Pyro ist gesetzlich verboten.“
Diese Spannungsfelder zeigen, wie stark der Vizepräsident künftig auch als Vermittler zwischen aktiver Fanszene, Sicherheitsbehörden und Vereinsleitung gefordert sein wird.
Langfristige Perspektiven für den KSC
Die Wahl ist nicht isoliert zu betrachten. Sie steht im Kontext größerer Veränderungen beim KSC. Das neue Stadion ist fertiggestellt, die sportliche Leitung wurde mit Eggimann neu besetzt, und wirtschaftlich steht der Verein auf einem sensiblen Fundament. Der Vizepräsident kann maßgeblich daran mitwirken, ob sich der KSC als moderner Mitgliederverein weiterentwickelt – oder in alten Mustern verharrt.
Häufig gestellte Fragen zur KSC-Vizewahl
Wie läuft die Online-Wahl des KSC-Vizepräsidenten ab?
Mitglieder loggen sich mit Zugangsdaten ein, verfolgen die digitale Versammlung live und stimmen anschließend online über ihren Wunschkandidaten ab.
Wer darf kandidieren?
Jedes Mitglied, das seit mindestens drei Jahren ununterbrochen Teil des Vereins ist und die satzungsmäßigen Anforderungen erfüllt, kann sich bewerben. Die endgültige Zulassung obliegt dem Wahlausschuss.
Welche Aufgaben übernimmt der Vizepräsident konkret?
Er nimmt im Beirat der KGaA Platz und gestaltet finanzielle, sportliche und strategische Entwicklungen aktiv mit. Zudem repräsentiert er den Verein nach außen.
Was unterscheidet die Kandidaten inhaltlich?
Maisch fokussiert wirtschaftliche Entwicklung und Sponsoring, Mayer hingegen betont Vereinsnähe, Ehrenamt und Werteorientierung.
Wann wird das Ergebnis bekanntgegeben?
Noch am selben Abend der Online-Versammlung – vermutlich gegen 20:00 Uhr – soll der Gewinner feststehen.
Die heutige Wahl zum Vizepräsidenten des KSC ist mehr als ein vereinsinterner Vorgang. Sie steht exemplarisch für die Chancen und Herausforderungen der digitalen Demokratie im Sportverein, für die Erwartungen an moderne Führungskräfte und für die Kraft der Mitgliederbasis. Ob Maisch oder Mayer – der neue Vize wird sich an Taten messen lassen müssen, nicht an Worten.