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Falsche Telekom-Mitarbeiter in Bretten: Wie Betrüger mit dem Glasfaserausbau Kasse machen

In Bretten
Juni 28, 2025
Betrüger in Bretten

Bretten – In der beschaulichen Kraichgaustadt sorgt ein besonders dreister Betrugsversuch für Aufsehen: Ein vermeintlicher Telekom-Mitarbeiter klingelt an Haustüren, bietet Glasfaserverträge an – und verschwindet wieder, ohne Visitenkarte, aber mit sensiblen Daten. Die Masche ist nicht neu, doch sie greift gezielt in das Vertrauen der Bürger ein, während der Glasfaserausbau offiziell in vollem Gange ist.

Ein vermeintlicher Telekom-Vertreter sorgt für Verunsicherung

Die Stadt Bretten erlebt derzeit einen intensiven Netzausbau: Glasfaser soll in vielen Stadtteilen Einzug halten. Während seriöse Anbieter wie die Telekom und BBV offiziell werben und informieren, nutzen Kriminelle die Situation gezielt aus. Mehrere Bürger berichten von einem angeblichen Mitarbeiter der Telekom, der unangekündigt an der Tür klingelt, einen DSL-Vertrag (vermeintlich für Glasfaser) verkaufen will und dabei weder Ausweis noch Visitenkarte vorzeigen kann.

Besonders auffällig: Der Mann soll aus Düsseldorf stammen, gibt dies auch selbst an – die Rufnummern, mit denen später Kontakt aufgenommen wird, führen teilweise in den Raum Düsseldorf. Dies soll die Seriosität unterstreichen. Doch schnell zeigt sich: Der Mann steht in keinem Verhältnis zur Telekom oder deren Partnerunternehmen.

Glasfaser als Deckmantel für Betrug

Die Methode: Hausbesuch, Druck, Vertragsabschluss

Die Vorgehensweise ist bundesweit bekannt, doch in Bretten scheint sie eine neue Qualität erreicht zu haben. Der angebliche Mitarbeiter spricht von einem „wichtigen technischen Termin“, erklärt, man müsse sich jetzt entscheiden, da sonst der Ausbau für die Straße nicht weitergehe. Wer skeptisch bleibt, bekommt wenige Stunden später einen Anruf – angeblich von der Zentrale –, der den Termin bestätigen und absichern soll.

Was viele Betroffene nicht wissen: Diese Masche ist so aufgebaut, dass sie bewusst auf Überrumpelung setzt. Die Täter treten freundlich, aber bestimmt auf. Sie verwenden teilweise originale Telekom-Materialien oder täuschend echt aussehende Kleidung. Die Hoffnung: In der Hektik unterschreibt der Kunde einen Vertrag – häufig mit Übergangsprodukten, die weder Glasfaser enthalten noch sinnvoll sind.

Was Betroffene berichten: Aussagen aus der Region

In einem lokalen Facebook-Forum berichtet eine Nutzerin: „Ein junger Mann wollte mir unbedingt einen Glasfaseranschluss verkaufen. Er hatte keine Visitenkarte, sagte aber, er sei von der Telekom und müsse nur noch meine Unterschrift holen. Als ich sagte, ich rufe lieber selbst bei der Telekom an, wurde er nervös und ist gegangen.“

Auch auf Reddit, in überregionalen Technik- und Regionalforen, ist die Masche bekannt. In einem Beitrag heißt es: „Glasfaser ist aktuell das große Verkaufsargument. Die Betrüger geben sich als Dienstleister aus, tragen Ausweise mit QR-Codes – aber oft sind die Nummern nicht echt oder führen auf gefälschte Seiten.“

Woran erkennt man betrügerische Vertreter?

Typische Warnsignale an der Haustür

  • Keine Visitenkarte oder Ausweis mit QR-Code
  • Verweise auf Düsseldorf als angeblicher Unternehmensstandort
  • Drucksituation: „Nur heute verfügbar“, „Letzte Chance für Anschluss“
  • Kein schriftliches Angebot, sofortige Unterschrift verlangt
  • Kein Hinweis auf das gesetzliche Widerrufsrecht

Was seriöse Anbieter anders machen

Die Telekom selbst weist darauf hin, dass ihre Mitarbeiter stets einen Ausweis bei sich führen müssen. Zudem erfolgt die erste Kontaktaufnahme meist schriftlich oder über öffentliche Informationsveranstaltungen. Wer Zweifel hat, kann unter offiziellen Hotlines prüfen, ob ein Vertreter tatsächlich im Auftrag der Telekom handelt.

Warum Bretten ein attraktives Ziel für Betrüger ist

Die Stadt investiert derzeit massiv in den Glasfaserausbau. Offizielle Informationsveranstaltungen, Rabattaktionen und Ausbaupläne sind regelmäßig Thema in der Presse und auf der Stadt-Website. In Stadtteilen wie Rinklingen oder Diedelsheim läuft der Ausbau bereits oder ist angekündigt – ideale Bedingungen für Kriminelle, sich unter falschem Vorwand Zutritt zu verschaffen.

Der Unterschied für Laien ist oft schwer zu erkennen: Wenn bereits Plakate der Telekom hängen, ein Vertreter in passender Kleidung auftaucht und mit Fakten aus der Presse argumentiert, wirkt das Angebot authentisch.

Psychologie hinter der Masche: Warum sie funktioniert

Der entscheidende Hebel ist Vertrauen. Wer in seinem Zuhause steht, denkt nicht sofort an Betrug. Hinzu kommt der Eindruck von Dringlichkeit: „Wenn Sie heute nicht unterschreiben, wird Ihre Straße nicht erschlossen.“ Für viele – gerade ältere Menschen – ist das ein schwer zu durchschauender Mechanismus.

Hinzu kommt ein technisches Informationsgefälle. Begriffe wie „Koax-Glasfaser“, „FTTH“ oder „Hybridanschluss“ wirken komplex. Die Täter nutzen dies gezielt, um Kunden zu verwirren oder zu überreden. Besonders problematisch: In vielen Fällen geht es nicht um Glasfaser, sondern um Übergangsverträge mit zweifelhaftem Nutzen und langen Laufzeiten.

Rechtliche Aspekte und Verbraucherrechte

Widerrufsrecht schützt – aber nicht immer effektiv

Haustürgeschäfte unterliegen dem 14-tägigen Widerrufsrecht. Wer sich überrumpelt fühlt, kann den Vertrag innerhalb dieser Frist ohne Begründung widerrufen. Doch nicht immer ist das einfach: Verträge werden online aktiviert, Rückrufe schwer nachvollziehbar, oder der Anbieter reagiert nicht zeitnah. In solchen Fällen helfen nur klare Dokumentation und die Unterstützung durch Verbraucherzentralen.

Vertrag unterschrieben – was nun?

Wurde bereits ein Vertrag unterschrieben, gilt:

  • Schriftlich (am besten per Einschreiben) widerrufen
  • Kopie des Vertrags sichern und prüfen lassen
  • Verbraucherzentrale oder Anwalt einschalten bei fehlender Reaktion
  • Nie Zahlungen leisten, wenn kein Anschluss bereitgestellt wurde

Glasfaser in Deutschland – Wachstumsmarkt mit Nebenwirkungen

Laut aktuellen Statistiken sind rund 30 % der Haushalte in NRW mit Glasfaser erschlossen. In Städten wie Bretten steigt die Anschlussquote kontinuierlich – doch das Wachstum zieht auch Kriminelle an. Die Verbraucherzentrale berichtet von einem deutlichen Anstieg der Beschwerden im Zusammenhang mit Haustürgeschäften im Glasfaserbereich.

Die Rolle von Übergangsverträgen

Besonders problematisch sind sogenannte Übergangsverträge: Verbraucher erhalten einen klassischen DSL- oder Koaxialanschluss mit dem Versprechen, dass bald Glasfaser folgen werde. Doch in vielen Fällen gibt es weder Planungen noch Garantien. Die Folge: Hohe Kosten, lange Laufzeiten – und keine bessere Verbindung.

MerkmalEchter Glasfaseranschluss (FTTH)Übergangsprodukt / Betrugsmasche
TechnologieGlasfaser bis in die WohnungKupfer- oder Koax-Leitung mit Marketingbezeichnung „Glasfaser“
VertragspartnerOffizieller TelekommunikationsanbieterOft unbekannter Drittanbieter oder Zwischenfirma
Vertragsdauer12 oder 24 Monate, mit AusbaugarantieBis zu 24 Monate ohne echten Ausbau
Service / HotlineOffiziell, schriftlich dokumentiertPrivate oder unbekannte Nummern

Was Bretten jetzt tun kann – und jeder Einzelne

Information als Schutzschild

Die Stadtverwaltung und regionale Presse spielen eine Schlüsselrolle. Durch rechtzeitige Information über echte Vertreter, Ausbaupläne und Ansprechpartner lässt sich das Risiko deutlich verringern. Bürgerinitiativen und Nachbarschaftsforen helfen ebenfalls dabei, Warnungen zu verbreiten und dubiose Vorfälle öffentlich zu machen.

Checkliste für Verbraucher

  • Immer Ausweis und Visitenkarte verlangen
  • Bei Unsicherheit: Kein Gespräch führen, keinen Vertrag unterschreiben
  • Offizielle Hotlines des Anbieters anrufen und Vertreter bestätigen lassen
  • Nachbarn informieren – häufig schlagen Betrüger ganze Straßenzüge ab

Fazit: Aufklärung ist der beste Schutz

Der Fall in Bretten zeigt deutlich, wie wichtig kritisches Nachfragen und umfassende Information sind. Während der Glasfaserausbau vielen Regionen bessere digitale Perspektiven bringt, nutzen Kriminelle diese Infrastruktur für eigene Zwecke. Nur wer vorbereitet ist und seine Rechte kennt, kann sich effektiv schützen. Die Stadt Bretten und ihre Bürger stehen dabei exemplarisch für viele Gemeinden in Deutschland – sie sollten nicht nur auf schnelle Netze, sondern auch auf sichere Entscheidungen achten.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.