1023 views 8 mins 0 Kommentare

Wimbledon 2025: Laura Siegemund schreibt Geschichte – mit leiser Klasse ins Viertelfinale

In Aktuelles
Juli 08, 2025

Während auf den anderen Plätzen des All England Clubs der Jubel lautstark über die Wiesen hallt, bleibt es auf Court 2 bemerkenswert ruhig. Laura Siegemund hat soeben das Viertelfinale von Wimbledon erreicht – und feiert auf ihre ganz eigene Weise: mit innerer Zufriedenheit statt großem Spektakel.

Ein historischer Moment für den deutschen Tennissport

Mit 37 Jahren und 131 Tagen gehört Laura Siegemund zu den ältesten Spielerinnen in der Geschichte des Rasenturniers von Wimbledon, die jemals das Viertelfinale erreicht haben. Es ist nicht nur ihr bislang größter Erfolg im Einzel auf Grand-Slam-Ebene, sondern auch ein Beleg dafür, dass Erfahrung und Spielintelligenz mit jugendlicher Kraft und Tempo mithalten können – ja, sie sogar übertrumpfen.

Die deutsche Spielerin, die sich in den letzten Jahren vor allem im Doppel einen Namen gemacht hat, überraschte Fans und Expert:innen gleichermaßen mit ihrem außergewöhnlich kontrollierten, variablen und taktisch cleveren Spiel. Ihr Weg ins Viertelfinale verlief nahezu makellos – ohne Satzverlust, mit einem beeindruckenden Sieg gegen die US-Amerikanerin Madison Keys (6:3, 6:3) und einer souveränen Partie gegen Lucky Loser Solana Sierra (6:3, 6:2).

Wimbledon: Schauplatz des späten Durchbruchs

Die älteste Debütantin im Viertelfinale seit Beginn der Open Era

Laura Siegemund reiht sich mit ihrem späten Viertelfinal-Einzug in einen exklusiven Kreis ein: Neben Tennisgrößen wie Martina Navratilova, Serena Williams oder Virginia Wade zählt sie zu den wenigen Spielerinnen, die jenseits der 35 erstmals in Wimbledon unter die letzten Acht kamen. Dabei ist sie nicht nur die älteste verbliebene Einzelspielerin im gesamten Turnier, sondern auch die älteste Debütantin in dieser Runde seit Einführung der Open Era 1968.

Statistik: Älteste Grand-Slam-Viertelfinal-Debütantinnen

SpielerinAlter beim ViertelfinaleinzugTurnier
Martina Navratilova37 Jahre, 258 TageWimbledon 1994
Serena Williams37 Jahre, 19 TageUS Open 2018
Laura Siegemund37 Jahre, 131 TageWimbledon 2025

Dass ihr dies im wohl traditionsreichsten Tennisturnier der Welt gelingt, unterstreicht nicht nur ihren sportlichen Wert, sondern verleiht ihrem Werdegang eine emotionale Tiefe, die in sozialen Medien und Fachforen mit Respekt und Bewunderung kommentiert wird.

Unorthodox, aber wirkungsvoll: Ihre Spielweise verwirrt und dominiert

„Pretty consistent with my weirdness“

Laura Siegemund ist keine Power-Spielerin im klassischen Sinn. Statt auf durchschlagende Grundlinienschläge setzt sie auf Variabilität, ein feines Gespür für Spielverläufe und eine kluge Kombination aus Slice, Stoppbällen, Netzangriffen und taktischer Unvorhersehbarkeit. „Ich bin ziemlich konstant mit meiner Verrücktheit“, sagte sie mit einem Schmunzeln – ein Satz, der ihren Spielstil treffend beschreibt.

Die Gegnerinnen tun sich schwer, sich auf ihre Mischung aus Präzision und Variation einzustellen. Solana Sierra äußerte nach dem Match offen: „Sie spielt so viele Slice-Bälle und wechselt ständig die Richtung. Ich kam überhaupt nicht rein.“ Auch Madison Keys wirkte phasenweise ratlos und ließ sich zu ungewöhnlich vielen unerzwungenen Fehlern zwingen.

Effektive Spielstatistiken auf dem Rasen

  • Kein einziger Satzverlust bis ins Viertelfinale
  • Meiste Breakbälle abgewehrt im gesamten Damenfeld
  • Durchschnittliche Matchdauer unter 90 Minuten

Die Mischung aus Effizienz, Spielwitz und rhythmischer Kontrolle hat sich als perfektes Rezept gegen die oftmals einseitig kraftfokussierten Spielweisen anderer Topspielerinnen erwiesen – insbesondere auf dem schnellen Rasen von Wimbledon.

Mentale Stärke als Schlüssel zum Erfolg

„Ich habe nichts zu verlieren“

Wer Laura Siegemund während der Turnierwochen beobachtet hat, merkt schnell: Sie ist komplett bei sich. Kein Posing, kein künstliches Drama – stattdessen innere Ruhe, präzise Entscheidungen und ein realistischer Umgang mit sich selbst. In Interviews betonte sie wiederholt: „Ich habe nichts zu verlieren.“ Diese Haltung nimmt ihr den Druck und verleiht ihr zugleich den Mut, Risiken bewusst einzugehen.

Ihr langjähriger Trainer und Lebenspartner Antonio Zucca spielt dabei eine wichtige Rolle. Die beiden arbeiten seit Jahren eng zusammen, stimmen ihre Vorbereitung fein aufeinander ab und treffen taktische Entscheidungen gemeinsam. „Ich spiele für mich, nicht für irgendwen. Ich muss niemandem mehr etwas beweisen“, erklärte sie in einem Interview – ein Zeichen reifer sportlicher Selbstbestimmung.

Eine Spielerin mit Tiefgang

Abseits des Platzes ist Siegemund alles andere als laut. Nach dem Achtelfinal-Erfolg gegen Sierra verzichtete sie auf große Feiern, zog sich stattdessen mit einem Buch zurück – eine Geste, die in den sozialen Netzwerken vielfach gelobt wurde. Ihre Fans schätzen diese Bescheidenheit und Authentizität.

Zudem hat Siegemund neben ihrer sportlichen Karriere ein Studium in Psychologie abgeschlossen – ein weiterer Hinweis auf ihre analytische und reflektierte Persönlichkeit. Es scheint, als würde sie nicht nur das Spiel ihrer Gegnerinnen lesen können, sondern auch ihre eigenen mentalen Muster genau kennen und kontrollieren.

Reaktionen: Lob, Respekt und Begeisterung

In den sozialen Medien feiern Fans die deutsche Spielerin als „unsichtbare Favoritin“ des Turniers. Auf Reddit wird sie für ihr taktisches Spiel und ihre mentale Reife hochgelobt. Zitate wie „Sie hat Madison Keys regelrecht auseinandergenommen“ oder „Noch eine gesetzte Spielerin gefallen – was für eine Überraschung“ unterstreichen ihre wachsende Popularität unter Tennis-Enthusiasten weltweit.

Auch Expert:innen wie Rainer Schüttler würdigten ihre Leistung: „Sie spielt das vielleicht variabelste Rasentennis im Turnier – das ist bemerkenswert und verdient jede Anerkennung.“

Vor dem Viertelfinale: Die Hürde heißt Aryna Sabalenka

Im Viertelfinale trifft Siegemund nun auf Aryna Sabalenka, die Weltranglistenerste und Australian-Open-Siegerin. In bisherigen direkten Duellen konnte Siegemund noch keinen Sieg verbuchen, doch angesichts ihres momentanen Laufes ist alles möglich.

Sabalenka selbst äußerte sich vorsichtig respektvoll: „Laura ist tricky. Sie spielt anders, das macht es schwer, sich vorzubereiten.“ Es bleibt abzuwarten, ob Siegemunds Spielintelligenz auch gegen die physisch dominierende Sabalenka ausreicht – doch unterschätzen wird sie wohl niemand mehr.

Eine Spielerin auf ihrem ganz eigenen Weg

Laura Siegemund verkörpert eine seltene Kombination aus Bescheidenheit, Raffinesse und taktischem Können. In einer Tenniswelt, die oft von Lautstärke, Geschwindigkeit und Show geprägt ist, erinnert sie daran, dass auch leise Töne triumphieren können – auf ihre Art, mit ihrer Haltung und mit ihrem Spiel.

Ob sie es ins Halbfinale schafft oder nicht: Ihr Viertelfinaleinzug bei Wimbledon 2025 ist ein sportliches wie menschliches Statement. Ein Statement für Erfahrung, Ausdauer, mentale Stärke – und dafür, dass es nie zu spät ist, seine eigene Geschichte zu schreiben.

Avatar
Redaktion / Published posts: 2188

Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.