
Pforzheim – Die Autobahn A8 zählt seit Jahren zu den meistbefahrenen Strecken Deutschlands – und zu den größten Staufallen. Nun steht den Autofahrern im August eine mehrtägige Vollsperrung bevor. Der Grund: dringende Sanierungsarbeiten inmitten der riesigen Megabaustelle „Enztalquerung“ zwischen Pforzheim-Süd und Pforzheim-West.
Eine Sperrung mit Signalwirkung
Wer Ende August 2025 auf der A8 in Richtung Karlsruhe unterwegs ist, muss Geduld und Zeit mitbringen. Vom Freitag, 22. August, 20:00 Uhr, bis Montag, 25. August, 5:00 Uhr, wird die Fahrtrichtung Karlsruhe komplett gesperrt. Der Zeitraum von rund 57 Stunden ist notwendig, um gravierende Schäden an der Fahrbahndecke zu beseitigen. Diese Arbeiten sind Teil des über Jahre laufenden Ausbaus der sogenannten Enztalquerung, einem Abschnitt von 4,8 Kilometern Länge, der zwischen Pforzheim-Süd und Pforzheim-Nord verläuft.
Die Megabaustelle steht stellvertretend für den Anspruch, eine der zentralen Ost-West-Verbindungen Baden-Württembergs zukunftsfähig zu machen – und gleichzeitig für die Herausforderungen, die damit einhergehen: Staulagen, Umleitungen und Belastungen für Anwohner.
Weiträumige und lokale Umleitungen
Die offizielle Umleitungsplanung ist klar strukturiert. Überregional wird der Verkehr am Dreieck Leonberg über die A81 und die A6 bis zum Kreuz Walldorf umgeleitet. Wer regional unterwegs ist, folgt ab Pforzheim-Süd einer Route über Wurmberg, Wiernsheim, Niefern-Öschelbronn und die B10 weiter über Mühlacker, Ötisheim und Ölbronn-Dürn, bevor er bei Pforzheim-Nord wieder auf die A8 trifft.
Die Autobahn GmbH und der ADAC appellieren eindringlich an alle Fahrer, den offiziellen Umleitungsbeschilderungen zu folgen und Navigationssysteme möglichst auszuschalten. Hintergrund ist die Erfahrung aus früheren Sperrungen: Viele Navigationsgeräte schlagen vermeintlich kürzere Alternativen durch kleine Ortschaften vor, was zu erheblichen Belastungen in Wohngebieten führt. Ein Anwohner aus Wurmberg kommentierte in einem lokalen Forum: „Wir hatten beim letzten Mal Lkw-Kolonnen vor der Haustür – trotz Durchfahrtsverbot.“
Warum wurde die A8 bei Pforzheim gesperrt?
Die Fahrbahndecke im Baustellenbereich ist stark beschädigt. Durch die enge Verkehrsführung und die hohen Belastungen, vor allem durch den überdurchschnittlich hohen Schwerverkehrsanteil von rund 19 Prozent, mussten diese Abschnitte vorzeitig erneuert werden.
Ein Jahrhundertprojekt: Die Enztalquerung
Der sechsspurige Ausbau der Enztalquerung gehört zu den größten Infrastrukturprojekten in Baden-Württemberg. Auf den 4,8 Kilometern entstehen acht neue Brücken, eine vollständige Erneuerung der Anschlussstelle Pforzheim-Ost, ein vierspuriger Ausbau der B10, eine neue Rast- und WC-Anlage „Enztal-Süd“ mit zusätzlichen Lkw-Stellplätzen sowie eine 64 Meter lange Grünbrücke „Hagenschieß“ für den Wildtierwechsel. Geplant ist zudem eine 380 Meter lange Lärmschutzeinhausung an der Kieselbronner Kurve, die den Geräuschpegel um bis zu 20 Dezibel senken soll.
Der Beginn der Hauptarbeiten datiert auf Oktober 2021, ursprünglich sollte der Ausbau Ende 2026 abgeschlossen sein. Verzögerungen bei der Bauabfolge, witterungsbedingte Unterbrechungen und zusätzliche technische Anforderungen haben den Termin jedoch auf Ende 2027 verschoben. Die veranschlagten Kosten liegen aktuell bei rund 340 Millionen Euro.
Verkehrslage und Staustatistik
Die A8 bei Pforzheim ist seit Jahren ein Hotspot in der Stau-Statistik. 2024 verzeichnete Baden-Württemberg insgesamt 49.059 Staustunden, ein erheblicher Teil entfiel auf diesen Abschnitt. Gerade im Ferien- und Wochenendverkehr sind Rückstaus von über zehn Kilometern keine Seltenheit.
Eine Verkehrszählung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) weist am Standort Pforzheim-Ost eine tägliche Verkehrsbelastung (DTV) von rund 77.600 Fahrzeugen aus – mit einem Schwerverkehrsanteil, der über dem Bundesdurchschnitt liegt. Diese Zahlen erklären, warum selbst kleine Bau- oder Sperrmaßnahmen massive Auswirkungen auf den Verkehrsfluss haben.
Sicherheits- und Umweltaspekte
Neben dem Ausbau selbst setzt das Projekt auf umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen. Stauwarnanlagen mit CB-Funk-Übertragung in acht Sprachen, elektronische Reisezeitanzeigen und eine optimierte Spurführung sollen Unfälle reduzieren. Laut Polizeistatistik sind die Unfallzahlen im Baustellenbereich in den letzten drei Jahren bereits leicht gesunken.
Ökologisch wird der Abschnitt ebenfalls aufgewertet: Die Grünbrücke verbindet Lebensräume beiderseits der Autobahn und soll Tierunfälle verhindern. Ergänzt wird das durch moderne Entwässerungssysteme und Regenrückhaltebecken zum Schutz der Trinkwasservorkommen im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord.
Die Perspektive der Anwohner
In sozialen Netzwerken machen Anwohner immer wieder auf die Schattenseiten des Projekts aufmerksam. Schleichverkehr, Lärm und zeitweise eingeschränkte Erreichbarkeit sind Dauerthemen. Besonders kritisch sehen viele die Umleitung durch Wohngebiete, wenn Fahrer den offiziellen Routen nicht folgen.
„Es ist nicht nur der Lärm, es ist auch die Sicherheit unserer Kinder, wenn hier plötzlich Schwerlaster durch die Straße fahren“, so eine Anwohnerin aus Niefern-Öschelbronn in einer Facebook-Diskussion.
Die Stadt Pforzheim weist in eigenen Social-Media-Posts regelmäßig darauf hin, dass sie nicht für die Autobahn zuständig ist, und verweist auf die von ihr festgelegten U-Routen.
Zusätzliche Baustellen als Belastungsfaktor
Parallel zum A8-Ausbau finden weitere Infrastrukturmaßnahmen statt. So führt der Stromnetzbetreiber TransnetBW Leitungsbauarbeiten durch, die zeitweise ebenfalls zu Vollsperrungen führen, etwa beim Spannen von Sicherheitsnetzen über die Fahrbahn. Auch Tiefbauarbeiten für eine Druckleitung im Enzkreis überschneiden sich teilweise mit den Hauptbauphasen. Diese gleichzeitigen Maßnahmen erhöhen den Planungs- und Koordinationsaufwand erheblich.
Häufig gestellte Fragen aus dem Netz
Wie lange ist die A8-Sperrung bei der Enztalquerung im August 2025?
Die Sperrung dauert von Freitagabend, 22. August, 20:00 Uhr, bis Montagmorgen, 25. August, 5:00 Uhr – insgesamt rund 57 Stunden.
Welche Umleitungen gelten während der Sperrung?
Überregional: A81 → A6 → Walldorf. Regional: Pforzheim-Süd → Wurmberg → Wiernsheim → Niefern-Öschelbronn → B10 → Mühlacker → Ötisheim → Ölbronn-Dürn → Pforzheim-Nord.
Wann wird der Ausbau der A8-Enztalquerung abgeschlossen sein?
Die Fertigstellung ist für Ende 2027 geplant – rund ein Jahr später als ursprünglich vorgesehen.
Gibt es Naturschutzmaßnahmen?
Ja. Neben der Grünbrücke „Hagenschieß“ gibt es Regenrückhaltebecken, neue Entwässerungssysteme und Lärmschutzanlagen, um Natur, Tiere und Anwohner zu schützen.
Die Bedeutung für die Region
Die A8 ist ein zentrales Bindeglied zwischen dem Großraum Stuttgart und Karlsruhe, darüber hinaus ein wichtiger Transitkorridor Richtung Frankreich, Schweiz und Süddeutschland. Für die Wirtschaft in der Region – vom Einzelhandel in Pforzheim bis zur Industrie im Enzkreis – bedeutet die Großbaustelle eine Herausforderung, aber auch eine Investition in langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
Die Verkehrsbelastung auf alternativen Routen wie der B10 zeigt, wie stark die Region von der A8 abhängig ist. Pendler und Spediteure müssen sich während der Sperrungen auf längere Fahrzeiten und höhere Kraftstoffkosten einstellen.
Ein Blick nach vorn
Der Abschluss der Enztalquerung Ende 2027 wird nicht alle Probleme lösen, aber die Verkehrssituation spürbar verbessern. Mit sechs Fahrspuren, optimierten Anschlussstellen und modernen Sicherheitseinrichtungen wird die Leistungsfähigkeit deutlich steigen. Auch der Lärmschutz und die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen werden dazu beitragen, die Akzeptanz der Autobahn bei Anwohnern zu erhöhen.
Bis dahin bleibt der Abschnitt bei Pforzheim eine Dauerbaustelle – und ein Geduldsspiel für alle, die hier unterwegs sind. Wer in den kommenden Jahren plant, die Strecke zu nutzen, sollte Sperrtermine frühzeitig prüfen, Umleitungsstrecken kennen und für Verzögerungen gewappnet sein. Nur so lässt sich der Weg „auf Umwegen nach Karlsruhe“ stressfreier gestalten.