Deutlich mehr Rückführungen Abschiebungen erreichen 2025 neuen Höchststand in Deutschland

In Politik
November 23, 2025

Berlin, 23. November 2025 – Noch dämmrig hängt der Morgen über dem Rollfeld, während ein Linienflug Richtung Belgrad abhebt. Am Zaun stehen Fahrzeuge der Bundespolizei. Solche Szenen sind 2025 keine Seltenheit mehr – denn Abschiebungen aus Deutschland erreichen in diesem Jahr ein neues Rekordniveau.

Mehr als 25.000 Abschiebungen erwartet – politischer Druck wächst

Im Jahr 2025 zeichnet sich ein deutlicher Anstieg bei den Abschiebungen aus Deutschland ab. Zwischen Januar und Oktober wurden laut Bundesministerium des Innern (BMI) 19.538 Personen abgeschoben – ein Plus von etwa 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hochgerechnet könnte die Gesamtzahl bis Jahresende bei rund 25.000 liegen.

Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2024 lag die Zahl der vollzogenen Abschiebungen laut Bundeszentrale für politische Bildung bei 20.084. Bereits damals war ein Trend erkennbar – doch das Tempo hat sich 2025 weiter verschärft. Vor allem Herkunftsländer wie die Türkei, Georgien und Serbien stehen ganz oben auf der Liste der Rückführungen.

Bundesregierung verfolgt härteren Kurs

Der politische Kurswechsel ist deutlich spürbar. BMI-Chef Alexander Dobrindt erklärte: „Wir wollen klare Kante zeigen und das geltende Ausländerrecht konsequent durchsetzen.“ Tatsächlich wird inzwischen täglich durchschnittlich 65 Mal abgeschoben – eine Taktzahl, wie sie zuletzt 2015 erreicht wurde.

Verschärfungen auch bei Dublin-Überstellungen

Ein beachtlicher Teil der Abschiebungen entfällt auf Überstellungen im Rahmen der Dublin-III-Verordnung. So wurden 2025 bisher über 5.800 Personen in andere EU-Staaten überstellt, die nach den Regeln der EU für deren Asylverfahren zuständig sind. Besonders betroffen sind hier Italien, Frankreich und Rumänien.

Abschiebung oder freiwillige Ausreise – was ist der Unterschied?

Viele Menschen stellen sich die Frage: Was unterscheidet eine Abschiebung von einer freiwilligen Ausreise? Während eine Abschiebung zwangsweise durchgesetzt wird – teils auch ohne Vorwarnung – verlässt die betroffene Person bei einer freiwilligen Ausreise das Land eigenständig, oft innerhalb einer gesetzten Frist. Letzteres kann durch Rückkehrprogramme unterstützt werden.

Was passiert, wenn jemand nicht abgeschoben werden kann?

Auch 2025 bleibt ein Großteil der vollziehbar Ausreisepflichtigen zunächst in Deutschland. Rund 220.000 Menschen gelten als ausreisepflichtig – doch in etwa 81 % der Fälle ist die Abschiebung ausgesetzt. Gründe dafür sind:

  • fehlende oder ungültige Reisedokumente,
  • ungeklärte Identitäten,
  • gesundheitliche Gründe,
  • fehlende Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer.

In diesen Fällen kann eine sogenannte Duldung ausgesprochen werden. Diese ersetzt jedoch kein Aufenthaltsrecht – sie ist eine rein temporäre Aussetzung der Abschiebung.

Statistische Entwicklungen: Zuwachs bei Minderjährigen und Familien

Im ersten Halbjahr 2025 wurden laut Bundestagsangaben 11.807 Personen abgeschoben. Bemerkenswert ist dabei, dass auch über 1.100 Minderjährige betroffen waren – etwa 11,3 Prozent der Gesamtzahl. Darunter auch viele Kinder, die in Deutschland geboren wurden oder zur Schule gingen.

Laut BAMF sind etwa 23 % der Geduldeten minderjährig – fast 40 % dieser Kinder wurden in Deutschland geboren. Das wirft ethische und integrationspolitische Fragen auf, denn viele Familien verfügen über enge soziale Bindungen, Schulbesuche oder Arbeitsverhältnisse.

Warum scheitern so viele Abschiebungen?

Eine häufig gestellte Frage lautet: Warum werden nicht alle ausreisepflichtigen Personen abgeschoben? Die Antwort liegt in komplexen Verwaltungsprozessen und rechtlichen Hürden. So wurden allein im ersten Halbjahr 2025 über 17.500 Abschiebungen nicht vollzogen – etwa doppelt so viele wie tatsächlich durchgeführt wurden.

Oft fehlt die rechtliche Grundlage, etwa weil Herkunftsstaaten nicht kooperieren oder Papiere nicht beschafft werden können. Auch die Gesundheitslage einzelner Betroffener oder juristische Einsprüche sorgen für Verzögerungen.

Protest, Kritik – und zivilgesellschaftliche Gegenbewegung

Der starke Anstieg der Abschiebungen ruft auch massive Kritik hervor. In sozialen Netzwerken wie X (ehemals Twitter) trendeten 2025 die Hashtags #GegenAbschiebungen und #BleiberechtJetzt. Lokale Gruppen und Kirchen bieten in Einzelfällen sogar Kirchenasyl an, um Abschiebungen zu verhindern.

Einige Fälle sorgen für bundesweite Debatten: Etwa wenn Personen abgeschoben werden, obwohl sie sich in Ausbildung befinden, Deutschkurse absolvieren oder Familien mit schulpflichtigen Kindern sind. In Reddit-Foren wird über plötzliche, unangekündigte Rückführungen berichtet – teils nachts oder während laufender Integrationsmaßnahmen.

Gesellschaftliche Polarisierung nimmt zu

Gleichzeitig fordern andere Stimmen eine noch konsequentere Abschiebungspolitik. In Kommentaren heißt es etwa: „Wer sich nicht an Regeln hält, hat sein Gastrecht verwirkt.“ Der Diskurs ist emotional aufgeladen – zwischen Abschreckung, Ordnungspolitik und humanitären Einwänden.

Wie sieht die Perspektive für Geduldete aus?

Die Frage, ob man trotz Ausreisepflicht in Deutschland bleiben kann, bewegt viele Betroffene. Neben der Duldung gibt es inzwischen rechtliche Optionen für einen langfristigen Aufenthalt. Personen, die mehrere Jahre geduldet waren und sich gut integriert haben, können unter bestimmten Bedingungen eine Aufenthaltserlaubnis nach §25a oder §25b AufenthG beantragen.

Allerdings gelten hohe Hürden: Nachweis von Sprachkenntnissen, Beschäftigung, Integrationsbereitschaft und kein Vorliegen von Straftaten sind Grundvoraussetzungen. Diese Chancen werden oft nur von einem Bruchteil der Geduldeten tatsächlich erreicht.

Bleiberechtsdebatte: Ein neuer Fokus?

Parallel zur Debatte um Abschiebungen mehren sich Forderungen nach einem geregelten Umgang mit gut integrierten Geduldeten. Die Bundesregierung hat angekündigt, Bleiberechtsregelungen weiter zu konkretisieren, um Bürokratie abzubauen und Chancen besser nutzbar zu machen.

Ein Blick auf die Zahlen

JahrAbschiebungen gesamtDavon Dublin-Überstellungen
202212.9454.930
202316.4305.300
202420.0845.827
2025 (bis Okt.)19.5385.800+

Prognose: Dynamik hält an

Mit dem erwarteten Jahreswert von bis zu 25.000 Rückführungen dürfte 2025 als Rekordjahr in die Statistik eingehen. Gleichwohl zeigt sich: Der Vollzug bleibt lückenhaft – bei teils doppelter Zahl nicht umsetzbarer Verfahren.

Ein Jahr der Konsequenz – und der Kontroverse

Die Abschiebepolitik 2025 steht exemplarisch für ein Land im Spannungsfeld zwischen Ordnung und Humanität. Der Anstieg der Rückführungen ist Ausdruck eines politischen Willens zur Durchsetzung des Rechts. Gleichzeitig offenbaren Proteste, Duldungsfälle und gescheiterte Rückführungen die Grenzen dieses Anspruchs. Wie dieser Widerspruch künftig gelöst wird, bleibt eine der zentralen Herausforderungen für die deutsche Migrationspolitik.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.