
05. Juni 2025, 10:00 Uhr
Was als innovatives Fruchtsaftgetränk in einem Standbodenbeutel begann, hat sich über Jahrzehnte hinweg zu einer internationalen Kultmarke entwickelt. Capri-Sun – früher in Deutschland als „Capri-Sonne“ bekannt – gehört heute zu den bekanntesten Kindergetränken der Welt. Mit über sechs Milliarden verkauften Einheiten pro Jahr und einem Umsatz im Milliardenbereich steht Capri-Sun exemplarisch für erfolgreichen Markenaufbau, clevere Produktanpassungen und globales Wachstum. Doch der Weg an die Spitze war nicht frei von Kritik, Herausforderungen und Wandel.
Die Anfänge: Ein Beutel, der Geschichte schrieb
Die Geschichte von Capri-Sun beginnt 1969 im baden-württembergischen Eppelheim. Der Unternehmer Rudolf Wild bringt ein Getränk auf den Markt, das sich von der Konkurrenz klar abhebt – verpackt in einem silbernen Trinkbeutel mit orangefarbenem Strohhalm. Es ist eine technische Innovation, die im wahrsten Sinne des Wortes einschlägt. Die Idee: ein fruchtiges Erfrischungsgetränk für Kinder, das auch unterwegs einfach zu konsumieren ist.
Die besondere Verpackung, ein Standbodenbeutel aus Aluminium-Kunststoff-Verbundmaterial, sorgt für Frische, Haltbarkeit und Differenzierung im Regal. Der kultige Beutel ist bis heute das Herzstück der Marke – trotz zahlreicher Weiterentwicklungen und Rebrandings.
Der internationale Durchbruch
Ab den 1980er Jahren expandiert Capri-Sun weltweit. Die USA werden durch eine Lizenzvergabe an Kraft Heinz erschlossen, in weiteren Ländern übernehmen Coca-Cola-Partner den Vertrieb. Schon früh setzt das Unternehmen auf strategisches Sponsoring, unter anderem im Sport. Muhammad Ali wird 1979 das Gesicht der Marke – eine für Kindergetränke ungewöhnlich prominente Wahl, die allerdings weltweit für Aufmerksamkeit sorgt.
Heute wird Capri-Sun in über 100 Ländern verkauft, unterliegt einem global einheitlichen Markenauftritt und operiert aus der Schweiz heraus. Die Capri Sun Group Holding mit Sitz in Baar gehört seit 2014 Hans-Peter Wild, dem Sohn des Gründers, vollständig. Jährlich werden über sechs Milliarden Beutel produziert und verkauft – Tendenz steigend.
Ein Produkt mit vielen Gesichtern
Die Marke hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder angepasst, weiterentwickelt und diversifiziert. Neben der klassischen Variante in den bekannten Geschmacksrichtungen wie Orange, Kirsche oder Multivitamin gibt es mittlerweile zuckerreduzierte Sorten, Bio-Varianten und sogar limitierte Sondereditionen. Besonders erwähnenswert sind dabei:
- „Capri-Sun Zero Sugar“: komplett ohne Zuckerzusatz, süß mit Stevia oder Mönchsfrucht.
- „Pure Fruit & Water“: ein Mix aus Fruchtsaft und stillem Wasser für gesundheitsbewusste Eltern.
- „Moon Punch“: leuchtet im Dunkeln und spricht gezielt die Social-Media-affine Zielgruppe an.
Mit der Einführung wiederverschließbarer 12-Unzen-Flaschen will man nun auch unterwegs lebende Familien ansprechen, die eine praktische Alternative zum klassischen Trinkpäckchen suchen.
Kritik am Kultgetränk: Zucker, Werbung und Umwelt
So beliebt das Getränk bei Kindern ist, so kritisch sehen Verbraucherschützer und Umweltverbände das Unternehmen. Vor allem drei Themen sorgen immer wieder für öffentliche Debatten:
1. Zuckeranteil und Gesundheit
Ein 200-ml-Päckchen der klassischen Capri-Sun enthält rund 19 g Zucker – umgerechnet mehr als sechs Stück Würfelzucker. 2013 wurde das Unternehmen von der Verbraucherorganisation Foodwatch mit dem „Goldenen Windbeutel“ für „dreisteste Werbelüge“ ausgezeichnet. Der Vorwurf: Gesundheitsversprechen, obwohl das Produkt einen hohen Zuckeranteil aufweist.
„Capri-Sun ist kein gesundes Getränk für Kinder. Es ist Zuckerwasser mit Fruchtgeschmack.“ – Foodwatch
Capri-Sun hat darauf reagiert und sein Portfolio um zuckerfreie und -reduzierte Produkte ergänzt. Dennoch bleibt der Ruf als Süßgetränk bestehen, insbesondere bei Eltern und Pädagogen.
2. Umweltaspekte
Die Verpackung, einst technologische Innovation, wird heute aufgrund ihrer schlechten Recyclingfähigkeit kritisiert. Der Aluminium-Kunststoff-Verbund ist schwierig zu recyceln. Capri-Sun hat mittlerweile neue Monomaterial-Verpackungen aus Polypropylen angekündigt und arbeitet an nachhaltigen Alternativen.
Ein weiteres Streitthema ist der Strohhalm. Die EU-Vorgabe zum Verzicht auf Plastik hat Capri-Sun zur Einführung von Papierstrohhalmen gezwungen. Diese stießen jedoch auf breite Kritik: zu weich, leicht zerdrückbar, schlecht in die Folie einzustechen. In der Schweiz wurde daher die Rückkehr zum Plastikhalm angekündigt – unter großem Medienecho.
3. Marketing an Kinder
Capri-Sun positioniert sich klar als Kindergetränk. Kritiker sehen in der bunten Verpackung, den lustigen Figuren und der Fernsehwerbung eine gezielte Ansprache junger Konsumenten, ohne deren Bedürfnisse an gesunder Ernährung zu berücksichtigen.
Marketing 2.0 – Capri-Sun in der digitalen Welt
Gleichzeitig beweist die Marke ihre Wandlungsfähigkeit. Digitale Out-of-Home-Kampagnen, TikTok-Influencer und Instagram-Challenges gehören längst zum Marketingrepertoire. Eine in Großbritannien durchgeführte digitale Werbekampagne für die Zero-Sugar-Variante führte zu einem regionalen Verkaufsplus von 24 %.
Besonders erfolgreich ist Capri-Sun auch als Kultobjekt in der Popkultur. In Frankreich taucht das Getränk regelmäßig in Rap-Texten auf und wird dort zum Symbol des urbanen Lifestyles. Auf Reddit tauschen sich Fans über neue Sorten, nostalgische Erinnerungen und Verpackungsthemen aus.
Verpackungsinnovation trifft Nostalgie
Die Einführung von wiederverschließbaren Flaschen ist nicht unumstritten. Während viele Eltern sich über die praktischen Eigenschaften freuen, vermissen langjährige Fans das klassische Erlebnis des „Einstechens“. Die Marke steht vor dem Spagat, zwischen Innovation und Nostalgie zu vermitteln.
Rebranding und globale Vereinheitlichung
Ein wichtiges Kapitel in der Markengeschichte war die Umbenennung von „Capri-Sonne“ zu „Capri-Sun“ im Jahr 2017. Damit sollte die Marke weltweit einheitlich auftreten – in Deutschland löste die Entscheidung Proteste aus. Viele Verbraucher empfanden die neue Schreibweise als Verlust eines Kindheitssymbols.
„Das ist nicht mehr meine Capri-Sonne“ – Twitter-Kommentar zur Umbenennung
Trotz anfänglicher Irritationen etablierte sich die neue Marke rasch auch in Deutschland. Heute ist „Capri-Sun“ als globaler Brand nicht mehr wegzudenken.
Statistik im Überblick
Kennzahl | Wert | Jahr |
---|---|---|
Jährlicher Umsatz | ca. 1,3 Mrd. € | 2024 |
Weltweit verkaufte Beutel | über 6 Mrd. | 2024 |
Marktanteil in den USA | 43,9 % | 2023 |
Gründungsjahr | 1969 | – |
Ein Blick in die Zukunft
Hans-Peter Wild, Inhaber der Capri Sun Group, schließt einen Verkauf des Unternehmens nicht aus. Noch ist kein konkreter Nachfolger benannt, was Fragen zur Zukunft des Traditionskonzerns aufwirft. Gleichzeitig investiert das Unternehmen weiter in Produktentwicklung, Marketing und Verpackungstechnologien.
Die Herausforderung der nächsten Jahre wird sein, den Spagat zwischen moderner, nachhaltiger Produktion und dem Erhalt des Kultstatus zu meistern. Dabei dürfte Capri-Sun auch künftig ein fester Bestandteil der Pausenboxen und Supermarktregale weltweit bleiben – als Symbol für Kindheit, Erfrischung und erfolgreiche Markenführung.
Fazit
Capri-Sun ist mehr als nur ein Getränk. Es ist eine Marke, die Kindheitserinnerungen weckt, sich global durchgesetzt hat und dabei stets in Bewegung geblieben ist. Trotz kritischer Stimmen zu Zucker und Umwelt hat sie es geschafft, sich an veränderte Konsumentenwünsche anzupassen. Mit innovativen Produkten, starker Präsenz in sozialen Medien und nachhaltigen Verpackungsinitiativen zeigt Capri-Sun, wie auch traditionelle Marken modern bleiben können – und dabei Milliardenumsätze erzielen.