Tesla weiterhin im Sinkflug: Absatzkrise, Imageverlust und strategischer Umbruch

In Wirtschaft
Juli 04, 2025
Tesla

Die Verkaufszahlen von Tesla sinken dramatisch, wichtige Märkte brechen ein und der Konzern gerät zunehmend unter Druck. Während der Wettbewerb stärker wird und politische Spannungen zunehmen, sucht Elon Musk den Ausweg in einer ambitionierten Zukunftsvision. Doch reicht das aus, um die Krise zu überwinden?

Ein Rückblick: Zweites Quartal 2025 unter Erwartungen

Die neuesten Zahlen von Tesla zeichnen ein deutliches Bild der aktuellen Herausforderungen: Im zweiten Quartal 2025 wurden weltweit lediglich 384.122 Fahrzeuge ausgeliefert – ein Rückgang von etwa 13,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bereits im ersten Quartal musste Tesla einen ähnlich hohen Rückgang hinnehmen. Die Erwartungen der Analysten wurden erneut leicht verfehlt. Die Produktion liegt mit rund 410.244 Fahrzeugen ebenfalls unter dem Vorjahr. Damit erlebt Tesla zum zweiten Mal in Folge einen signifikanten Rückgang der Auslieferungen.

Regionale Einbrüche: Europa besonders betroffen

Europa: Absatz im freien Fall

Besonders deutlich zeigt sich die Krise auf dem europäischen Markt. In Ländern wie Schweden und Dänemark sind die Verkäufe von Tesla-Modellen um über 60 Prozent eingebrochen. Auch in Frankreich, Italien und Deutschland wird von massiven Rückgängen berichtet. Insgesamt liegt der Rückgang in der EU zwischen Januar und Mai bei über 40 Prozent.

China: Verlorene Dominanz

Auch auf dem chinesischen Markt verliert Tesla rapide an Boden. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 fiel der Absatz um 18 Prozent. Im Mai allein betrug der Rückgang fast 30 Prozent. Das Unternehmen steht dort unter massivem Druck durch Wettbewerber wie BYD, Xpeng und den Technologieriesen Xiaomi, dessen neues Elektrofahrzeug YU7 bereits am ersten Verkaufstag über 300.000 Vorbestellungen verzeichnete.

Einzelne Lichtblicke

Norwegen, Spanien und Portugal bilden die Ausnahme: Hier stiegen die Verkäufe teilweise deutlich – in Norwegen beispielsweise um 54 Prozent. Dort wurde insbesondere das überarbeitete Model Y gut angenommen, was zeigt, dass Innovationsimpulse lokal positive Effekte haben können.

Die Gründe für den Abwärtstrend

Veraltete Modelle und technische Stagnation

Ein oft genannter Kritikpunkt betrifft die mangelnde Weiterentwicklung der bestehenden Modellpalette. Auf Plattformen wie Reddit kritisieren Nutzer, dass sich an den Batterien und Antriebssystemen seit dem Marktstart von Model 3 und Y kaum etwas verändert habe. Ein Kommentar bringt es auf den Punkt:

„The batteries and motors remain almost entirely the same from their 2017 launch… zero improvements on the core functionality.“

Während andere Hersteller neue Plattformen, effizientere Batterietechnologien und Designinnovationen präsentieren, setzt Tesla nach wie vor auf bewährte Technik – was nun offenbar seinen Preis hat.

Wachsende Konkurrenz und Preiskampf

Weltweit drängen neue und etablierte Anbieter mit attraktiven Modellen auf den Markt. In den USA holt General Motors deutlich auf, während in Europa Volkswagen und BMW Marktanteile zurückerobern. In China sind lokale Hersteller durch staatliche Förderungen besonders wettbewerbsfähig.

Wichtige Wettbewerber im Überblick:

HerstellerStark inNeues Modell (2025)
BYDChina, EuropaSeal U, Tang EV
XiaomiChinaYU7
GMUSAChevrolet Equinox EV
VolkswagenEuropaID.7, ID. Buzz

Politischer Imageverlust durch Elon Musk

Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist Elon Musks öffentliche Positionierung. Seine Nähe zu Donald Trump und die wiederholte Unterstützung rechter Positionen in den USA und Europa haben eine Gegenbewegung ausgelöst. Insbesondere in Europa und Kanada formieren sich Boykottkampagnen wie „Tesla Takedown“. In Umfragen geben bis zu 94 Prozent der Befragten an, Tesla aktuell nicht in Erwägung zu ziehen.

Wegfall staatlicher Förderung

In den USA droht der Verlust der 7.500-Dollar-Steuergutschrift für Elektrofahrzeuge. Das könnte die Nachfrage nach Teslas Modellen dort erheblich schmälern. Analysten schätzen, dass dies allein einen Rückgang von 10 bis 12 Prozent bei den US-Verkäufen bewirken könnte. Auch international wird diskutiert, Subventionen stärker an Nachhaltigkeits- und Produktionskriterien zu knüpfen, was Tesla unter Druck setzt.

Die Reaktion: Strategischer Wandel bei Tesla

Fokus auf Zukunftstechnologien

Statt auf neue Mittelklassemodelle zu setzen, fokussiert sich Elon Musk zunehmend auf autonome Mobilitätslösungen und humanoide Roboter. Der sogenannte „Cybercab“, ein Robotaxi ohne Lenkrad und Pedale, soll bereits in Austin pilotiert werden. Auch an einem Haushaltsroboter wird intensiv gearbeitet. Musk betont, dass diese Entwicklungen das langfristige Rückgrat von Tesla bilden sollen.

Interner Umbau mit personellen Folgen

Parallel dazu kommt es zu einer internen Neuausrichtung. Mehrere Führungskräfte, insbesondere im Bereich Fahrzeugproduktion, haben das Unternehmen verlassen. Es wird vermehrt in Software- und KI-Teams investiert, klassische Engineering-Bereiche verlieren an Einfluss.

Cybertruck: Hoffnungsträger oder Rohrkrepierer?

Auch der Cybertruck liefert nicht wie erhofft. Die Verkaufszahlen liegen mit unter 5.000 Einheiten weit hinter den Erwartungen zurück. Probleme bei der Fertigung, eine zu kleine Zielgruppe und ein hoher Einstiegspreis lassen den futuristischen Pick-up zur Belastung werden.

Stimmen aus der Community

In Foren und sozialen Medien ist der Ton eindeutig: Viele langjährige Fans und Investoren zweifeln zunehmend an der strategischen Ausrichtung. Ein Nutzer schreibt auf Reddit:

„Musk is focused on robots and politics. The actual cars feel like an afterthought.“

Auch Investoren zeigen sich skeptisch. ARK Invest hat seine Beteiligung reduziert. Die Tesla-Aktie ist nach wie vor volatil und liegt bis zu 41 Prozent unter ihrem Jahreshoch.

Zwischen Hoffnung und Zweifel

Trotz der negativen Schlagzeilen verzeichnete die Tesla-Aktie nach Veröffentlichung der Quartalszahlen einen Anstieg um 3 bis 5 Prozent – wohl, weil das Minus geringer als befürchtet ausfiel. Das zeigt: Der Markt traut dem Unternehmen nach wie vor zu, sich zu wandeln. Doch ob die strategische Neuausrichtung auf Robotaxis tatsächlich eine nachhaltige Lösung ist, bleibt offen.

Tesla im Wendepunkt

Tesla steht an einem kritischen Punkt seiner Unternehmensgeschichte. Der einstige Vorreiter der Elektromobilität verliert Marktanteile, kämpft mit politischem Gegenwind und sieht sich einer technisch und kommunikativ erstarkten Konkurrenz gegenüber. Die radikale Neuorientierung hin zu autonomen Fahrzeugen und Robotern mag zukunftsweisend sein – doch sie birgt hohe Risiken.

Die kommenden Quartale werden zeigen, ob Elon Musk das Ruder noch einmal herumreißen kann – oder ob Tesla zum Opfer seiner eigenen Erfolgsgeschichte wird.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.