
Washington – Die US-Verkehrsaufsicht NHTSA untersucht derzeit fast drei Millionen Fahrzeuge des Elektroautobauers Tesla. Der Grund: wiederholte Verkehrsverstöße und Unfälle, die mit dem sogenannten „Full Self-Driving“-System (FSD) und dem Autopiloten in Verbindung gebracht werden. Die Untersuchung könnte weitreichende Folgen für den Hersteller und die Zukunft autonomer Fahrassistenzsysteme haben.
Hintergrund: Worum geht es in der Tesla-Untersuchung?
Die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) hat eine vorläufige Sicherheitsuntersuchung eingeleitet, die rund 2,88 Millionen Tesla-Fahrzeuge betrifft. Dabei geht es um Modelle, die mit Teslas Full Self-Driving-Software (FSD) oder dem Autopiloten ausgestattet sind. Beide Systeme gelten offiziell nicht als autonome Fahrfunktionen, sondern als Fahrassistenzsysteme, bei denen der Mensch weiterhin die volle Verantwortung trägt.
Dennoch mehren sich laut Behördenberichten die Hinweise, dass Teslas Systeme in kritischen Verkehrssituationen Entscheidungen treffen, die gegen Verkehrsregeln verstoßen. Laut NHTSA sollen Fahrzeuge unter anderem bei Rotlicht in Kreuzungen eingefahren, unzulässige Spurwechsel durchgeführt oder Verkehrszeichen fehlerhaft erkannt haben. Insgesamt wurden mehr als 50 solcher Vorfälle gemeldet – in mehreren Fällen kam es zu Unfällen mit Verletzten.
Ein systematisches Problem?
Die NHTSA betont, dass es sich vorerst um eine „preliminary evaluation“ handelt. Das bedeutet: Es werden zunächst Daten gesammelt und bewertet. Sollte sich ein Sicherheitsmangel bestätigen, könnte eine förmliche Untersuchung und letztlich ein Rückruf folgen. Besonders besorgniserregend ist, dass sich manche Unfälle offenbar an denselben Orten wiederholt haben – etwa an bestimmten Kreuzungen in Maryland oder Kalifornien. Das lässt auf strukturelle oder algorithmische Fehler schließen.
Welche Verkehrsverstöße stehen im Raum?
Ein zentraler Punkt der aktuellen Prüfung sind mutmaßliche Rotlichtverstöße und riskante Spurwechsel. In mindestens sechs Fällen sollen Tesla-Fahrzeuge bei aktivem FSD-System rote Ampeln missachtet haben. Weitere Berichte sprechen von unklaren Fahrbahninterpretationen, bei denen das System die Fahrspur auf der Gegenfahrbahn fortsetzte.
Insgesamt liegen laut Reuters und Washington Post 14 dokumentierte Unfälle mit 23 Verletzten vor, die mit dem Autopiloten oder FSD in Zusammenhang gebracht werden. Dabei reicht das Spektrum von leichten Auffahrunfällen bis zu Kreuzungskollisionen.
Wie viele Fahrzeuge sind betroffen?
Auf die Frage vieler Nutzer, „Wie viele Tesla-Modelle sind von der NHTSA-Untersuchung betroffen?“, antwortet die Behörde klar: Es geht um nahezu alle Tesla-Fahrzeuge, die zwischen 2016 und 2024 mit FSD oder Autopilot ausgeliefert wurden – rund 2,9 Millionen Einheiten. Das umfasst die Modelle S, 3, X und Y.
Ein Blick auf die Statistik: Zwischen Realität und Eigenwerbung
Laut Teslas eigenem Sicherheitsbericht aus dem zweiten Quartal 2025 sei das Fahren mit aktiviertem Autopilot deutlich sicherer. Demnach komme es nur zu einem Unfall pro 6,69 Millionen gefahrene Meilen – im Vergleich zu einem Unfall pro 963.000 Meilen bei deaktivierten Assistenzsystemen.
Kritiker werfen Tesla jedoch vor, die Daten unvollständig und kontextlos zu präsentieren. Es ist unklar, ob die Zahlen nur bestimmte Fahrbedingungen berücksichtigen, etwa Autobahnfahrten mit klarer Markierung. Studien von unabhängigen Institutionen wie der Washington Post oder Automotive Dive verweisen dagegen auf mehr als 700 Unfälle und mindestens 19 Todesfälle im Zusammenhang mit Teslas Fahrassistenzsystemen seit 2019.
NHTSA prüft auch Teslas Datenmeldungen
Neben den technischen Aspekten steht auch Teslas Datenmanagement im Fokus. Die Behörde untersucht, ob Tesla Crashdaten rechtzeitig gemeldet hat, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Es gibt Hinweise, dass der Hersteller einige Vorfälle erst Wochen oder gar Monate nach dem Ereignis einreichte. Tesla begründet dies mit technischen Problemen bei der Datenübermittlung, die inzwischen behoben seien.
Die NHTSA plant nun eine sogenannte „Audit Query“, um die Vollständigkeit und Transparenz der eingereichten Daten zu prüfen. Sollte sich herausstellen, dass Tesla Meldepflichten verletzt hat, drohen Bußgelder und ein möglicher Reputationsschaden.
Nutzererfahrungen zeigen Lücken im Alltag
In Foren wie Reddit oder im Tesla Motors Club teilen Nutzer regelmäßig ihre Erfahrungen mit FSD und Autopilot. Viele loben den Komfort auf der Autobahn, berichten aber auch über gefährliche Situationen im Stadtverkehr. „Man darf das System nie völlig sich selbst überlassen“, schreibt ein langjähriger Nutzer. Andere beschreiben wiederkehrende Probleme bei unklaren Straßenmarkierungen oder ungewöhnlichen Kreuzungen.
Typische Nutzerfehler laut Studien
Eine Untersuchung von über 100 Tesla-Fahrern ergab, dass viele das System außerhalb der vorgesehenen Einsatzbereiche nutzen. Dazu zählen Landstraßen ohne klare Markierung, Baustellenbereiche oder nächtliche Fahrten bei schlechter Sicht. Dieses Verhalten führt zu erhöhtem Risiko, da das System auf solche Szenarien nicht optimiert ist.
Zudem tritt bei vielen Nutzern sogenannte „Automation Complacency“ auf: Fahrer verlassen sich zu sehr auf das System, greifen zu spät ein oder widmen sich anderen Tätigkeiten. Genau dieser Punkt gilt als einer der größten Risikofaktoren in der Mensch-Maschine-Interaktion moderner Fahrassistenzsysteme.
Regulatorische Einordnung: Was die NHTSA erreichen will
Die NHTSA verfolgt mit ihren Untersuchungen zwei Hauptziele: zum einen den Nachweis, ob das System sicher funktioniert, zum anderen, ob Tesla seine Kunden hinreichend über die Grenzen der Technologie informiert. Kritiker werfen dem Hersteller vor, durch Bezeichnungen wie „Full Self-Driving“ den Eindruck zu erwecken, das Fahrzeug könne tatsächlich autonom fahren – was nach US-Recht nicht zutrifft.
Ein Sprecher der Behörde erklärte, man wolle sicherstellen, dass die wachsende Zahl teilautonomer Systeme nicht zu einer „Fehleinschätzung menschlicher Verantwortung“ führt. Denn auch wenn FSD technisch beeindruckend sei, bleibe die Haftung im Straßenverkehr vollständig beim Fahrer.
Frage der Verantwortung und der Kommunikation
Eine häufige Suchanfrage lautet: „Wie gerechtfertigt ist die Behauptung, Tesla habe Unfälle zu spät gemeldet?“ – Die Antwort zeigt die Komplexität des Themas. Tesla meldet nur Unfälle, bei denen der Autopilot aktiv war und ein Airbag ausgelöst wurde. Die NHTSA hält das für zu restriktiv und fordert eine umfassendere Meldung aller sicherheitsrelevanten Ereignisse. Dieses Spannungsfeld zwischen Datentransparenz und Unternehmensschutz ist Teil der laufenden Untersuchung.
Was sagen Experten und Analysten?
Fahrzeugsicherheitsforscher und Analysten sind sich einig: Die NHTSA-Untersuchung ist ein Wendepunkt. Sollte sich herausstellen, dass FSD in bestimmten Verkehrssituationen systematisch versagt, könnte das weitreichende Folgen für Teslas Softwareentwicklung haben.
Analysten von Automotive Dive weisen darauf hin, dass die Untersuchung in eine Zeit fällt, in der Tesla ohnehin unter Druck steht: sinkende Verkaufszahlen, zunehmende Konkurrenz aus China und eine stagnierende Robotaxi-Strategie. Einige Beobachter vermuten, dass Tesla den Begriff „Full Self-Driving“ künftig umbenennen oder anpassen muss, um Missverständnisse zu vermeiden.
Soziale Medien als Stimmungsbarometer
In sozialen Netzwerken wie X (ehemals Twitter) und Reddit wird die Debatte mit Leidenschaft geführt. Viele Nutzer verteidigen Tesla und sehen die Untersuchung als politisch motiviert. Andere argumentieren, dass Sicherheitsstandards bei teilautonomen Systemen überlebenswichtig sind, bevor echte Autonomie auf den Markt kommt.
Die Diskussion zeigt: Das Vertrauen der Nutzer in automatisierte Systeme ist fragil. Ein einzelner Fehler oder ein medial aufbereiteter Unfall kann genügen, um die gesamte Technologie infrage zu stellen.
Wie sicher ist der Tesla-Autopilot wirklich?
Auf die Nutzerfrage „In wie vielen Unfällen war Teslas Autopilot beteiligt?“ verweisen offizielle Daten auf über 700 dokumentierte Fälle zwischen 2019 und 2023. Dabei ist unklar, in welchem Umfang Fahrfehler des Menschen oder algorithmische Fehlentscheidungen verantwortlich waren. Tesla betont regelmäßig, dass die Unfallrate pro gefahrene Meile bei aktiviertem Autopilot deutlich unter dem Branchendurchschnitt liege.
Unabhängige Analysten hingegen kritisieren die Vergleichsbasis: Während Tesla-Daten überwiegend Autobahnfahrten erfassen, beziehen sich allgemeine Statistiken auf alle Verkehrsumgebungen – auch urbane Zonen mit höherem Risiko. Diese Differenz relativiert Teslas Sicherheitsvorsprung erheblich.
Reaktionen und mögliche Folgen für die Branche
Sollte die NHTSA nach Abschluss ihrer Untersuchung zu dem Schluss kommen, dass FSD oder Autopilot gravierende Sicherheitsmängel aufweisen, könnte dies den Druck auf andere Hersteller erhöhen. Systeme wie GM „Super Cruise“ oder Ford „BlueCruise“ werden ebenfalls regelmäßig geprüft. Der Fall Tesla könnte somit zu neuen Regulierungsstandards für alle teilautonomen Fahrzeuge führen.
Ausblick: Wohin steuert Teslas Autopilot?
Elon Musk bezeichnete das Full Self-Driving-System mehrfach als „Game Changer“ für die Mobilität. Doch die Realität zeigt: Der Weg zu echter Autonomie ist steinig. Bis heute ist kein Tesla für den fahrerlosen Betrieb zugelassen. Die aktuelle Untersuchung könnte zu einer Zäsur führen – hin zu mehr Transparenz, Sicherheitskultur und realistischen Erwartungen an KI im Straßenverkehr.
Auch wenn Tesla betont, dass seine Fahrzeuge statistisch sicherer seien, steht fest: Solange Systeme wie FSD nicht klar reguliert und verstanden werden, bleibt der Mensch das entscheidende Sicherheitsventil hinter dem Lenkrad.
Ein neues Kapitel für autonome Systeme
Die NHTSA-Untersuchung markiert einen Meilenstein in der Geschichte automatisierter Fahrtechnologien. Sie zeigt, dass Fortschritt und Verantwortung Hand in Hand gehen müssen. Die kommenden Monate werden entscheiden, ob Tesla das Vertrauen der Behörden und der Öffentlichkeit zurückgewinnen kann – oder ob sich die Debatte über Sicherheit und Ethik selbstfahrender Systeme noch verschärft.
Eines steht fest: Die Entwicklung autonomer Fahrzeuge ist kein Wettlauf um Geschwindigkeit, sondern um Sicherheit, Transparenz und Vertrauen. Und genau hier steht Tesla nun im Zentrum einer globalen Bewährungsprobe.