TRON im Check: Wie sicher ist die Blockchain wirklich?

In Wirtschaft
Juli 05, 2025
TRON Krypto
Berlin – Die Kryptowährung TRON (TRX) erlebt derzeit eine ambivalente Entwicklung: Technologischer Fortschritt und wachsender Netzwerknutzen treffen auf kritische Stimmen aus der Community, regulatorische Unsicherheiten und Vorwürfe illegaler Nutzung. Ist TRON also eine vertrauenswürdige Plattform mit Zukunft – oder doch ein unterschätztes Risiko?

Ein kurzer Überblick: Was ist TRON überhaupt?

TRON wurde 2017 mit dem Ziel gegründet, ein dezentrales Internet für Content Creator zu schaffen. Im Zentrum steht eine auf dem Delegated Proof-of-Stake (DPoS) basierende Blockchain, die für ihre hohe Transaktionsgeschwindigkeit (bis zu 2.000 TPS) und gebührenfreie Nutzung bekannt ist. Sie wird durch 27 sogenannte „Super Representatives“ (SRs) betrieben, die das Netzwerk kontrollieren und validieren. TRONs native Währung ist der TRX-Token. Daneben spielt die Blockchain eine wichtige Rolle im Bereich der Stablecoins – insbesondere durch die Integration von USDT (Tether).

Technologische Stärken und wachsende Nutzung

TRONs Netzwerk ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Laut aktuellen Daten stiegen Transaktionsvolumen, Nutzerkonten und aktive Wallets jeweils zweistellig an. Besonders in den Bereichen DeFi und Stablecoin-Transfers wird TRON zunehmend als Infrastrukturplattform genutzt. Rund 61 % aller Stablecoin-On-Chain-Transaktionen laufen mittlerweile über TRON.

Staking & Rendite: Was bietet TRON den Anlegern?

Ein häufig genannter Vorteil sind die attraktiven Renditemöglichkeiten. Nutzer berichten von 18 bis 20 % Annual Percentage Yield (APY) beim sogenannten „Energy Lending“ sowie zusätzlichen 4 bis 5 % durch klassisches TRX-Staking. Hinzu kommt eine hohe Netzwerkgeschwindigkeit bei gleichzeitig sehr niedrigen oder gar keinen Gebühren.

„18–20 % APY mit Energy Lending. Zusätzlich 4,65 % fürs Staking… Schnelles Netzwerk, geringe Gebühren. Für mich ein No-Brainer.“ – Nutzer auf Reddit

Der Schatten: Illegale Nutzung und regulatorische Kritik

So beeindruckend die Zahlen auch sind – TRON steht unter ständiger Beobachtung. Laut mehreren Untersuchungen war die Plattform 2024 für über 50 % aller weltweit illegalen Krypto-Transaktionen verantwortlich. Besonders auffällig: Der Großteil dieser Aktivitäten war auf Stablecoins (v. a. USDT) konzentriert, die über die TRON-Blockchain transferiert wurden.

TRON und die Kriminalitätsbekämpfung

Die schlechte Nachricht: TRON wird vermehrt für Geldwäsche und Terrorfinanzierung verwendet. Die gute Nachricht: Das Volumen dieser illegalen Transaktionen ist rückläufig. Eine eigens gegründete Finanzkriminalitäts-Einheit konnte über 130 Millionen US-Dollar einfrieren. Insgesamt sank das Transaktionsvolumen mit illegalen Geldern um über 50 % – ein Erfolg für die Regulierung, aber auch ein Warnsignal für Investoren.

JahrIllegales Transaktionsvolumen über TRONEntwicklung zum Vorjahr
2023ca. 11,3 Mrd. USD
2024ca. 5,5 Mrd. USD–51 %

Governance: Dezentral oder nur auf dem Papier?

Ein zentrales Element der TRON-Infrastruktur ist das Delegated Proof-of-Stake (DPoS)-Verfahren. Es erlaubt Inhabern von TRX-Token, Vertreter zu wählen, die dann Transaktionen validieren. Doch genau hier beginnt die Kritik.

Super Representatives: Macht in wenigen Händen

Obwohl TRON formell dezentralisiert ist, halten die 27 SRs über 90 % der Stimmrechte. Kritiker sprechen daher von einer Pseudo-Dezentralisierung, die im Ernstfall die Kontrolle über das Netzwerk in wenigen Händen lässt. Frühere technische Studien zeigten zudem, dass DPoS-Systeme – wie das von TRON – anfällig für Übernahmen und Machtkonzentration sind.

Bekanntes Beispiel: Die Steem-Übernahme

2022/23 kam es zu einem viel beachteten Vorfall: Justin Sun, Gründer von TRON, übernahm die Blockchain Steem mithilfe von zentralisierten Token-Beständen – ein klarer Beleg für mögliche Schwächen des DPoS-Systems.

Regulatorische Grauzone: TRON und die SEC

Die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC hatte 2023 ein Verfahren gegen Justin Sun und TRON eingeleitet. Es ging um den Vorwurf der Marktmanipulation und illegitimer Tokenverkäufe. 2025 wurde das Verfahren zunächst auf Eis gelegt – mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung.

Politische Verflechtungen werfen Fragen auf

Ein brisantes Detail: TRON strebt einen Börsengang über einen Reverse-Merger mit dem NASDAQ-Unternehmen SRM Entertainment an. Dabei soll ein Investmentvehikel zum Einsatz kommen, das Verbindungen zu Donald Trump und dessen Familie aufweist. Diese Nähe zu politisch aktiven Personen könnte zukünftige regulatorische Entscheidungen beeinflussen – sowohl im positiven wie im negativen Sinne.

„TRON plant seinen Börsengang durch ein Rückwärts-Fusionsmodell – dabei sind Finanzströme über Firmen verbunden, die mit Trump-nahen Personen arbeiten.“ – Analystenkommentar auf Twitter

Plagiate, Pläne und Personal: Die interne Kultur

TRON musste sich bereits mehrfach gegen den Vorwurf verteidigen, Inhalte fremder Projekte ungefragt übernommen zu haben. Teile des Whitepapers enthalten Passagen aus Open-Source-Projekten wie IPFSbot und EthereumJ. Die ursprüngliche Form der Lizenznutzung (GPL) wurde dabei nicht korrekt eingehalten – eine ethisch und rechtlich problematische Praxis.

Justin Sun und die „996-Kultur“

TRON-Gründer Justin Sun ist für sein forderndes Arbeitsethos bekannt. Nach Berichten interner Mitarbeiter erwartet er ein 996-Modell (Arbeiten von 9 bis 21 Uhr, 6 Tage die Woche). Dieser Führungsstil erinnert an Unternehmen wie Alibaba unter Jack Ma – wirft aber auch Fragen nach der Unternehmenskultur auf.

TRON aus Sicht der Community

In einschlägigen Krypto-Foren wie Reddit oder auf X (vormals Twitter) wird TRON kontrovers diskutiert. Während einige Nutzer optimistisch auf einen Kursanstieg auf bis zu 1 $ spekulieren, gehen andere von einer Seitwärtsbewegung zwischen 0,23 und 0,26 $ aus.

„Might not be what you want to hear but I’m pretty sure the price will oscillate between 23c and 26c… Could even potentially drop back to 19c before steady climb.“ – Reddit-User

Einigkeit besteht jedoch über zwei Punkte: Das Netzwerk ist schnell, kostengünstig und wird aktiv genutzt – gleichzeitig bleibt ein mulmiges Gefühl aufgrund der Governance und der kriminellen Nutzungshistorie.

Fazit: TRON zwischen Innovation und Irritation

TRON ist zweifellos eine der aktivsten Blockchain-Plattformen der Welt. Mit ihrer technischen Effizienz, hohen Nutzerzahlen und wachsender Integration im DeFi- und Stablecoin-Sektor zeigt sie sich zukunftsfähig. Doch der Preis dafür sind ethische und rechtliche Grauzonen, Machtkonzentration in Governance-Strukturen und politische Verflechtungen, die Anleger und Beobachter gleichermaßen alarmieren.

Wer TRON nutzen oder in TRX investieren will, sollte sich der Chancen ebenso bewusst sein wie der Risiken. TRON bietet keine einfache Antwort – aber eine, über die es sich lohnt, informiert zu diskutieren.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.