Söder drängt auf neues Gesetz für schnelleren Drohnen-Abschuss

In Politik
Oktober 03, 2025

München. Nach wiederholten Drohnensichtungen am Münchner Flughafen hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ein Schnellgesetz gefordert, das den Abschuss illegaler Drohnen erleichtern soll. Die Forderung entfacht eine bundesweite Debatte über Sicherheit, rechtliche Zuständigkeiten und die Frage, wie Deutschland mit der wachsenden Bedrohung durch Drohnen umgehen soll. Während Befürworter den Schutz kritischer Infrastruktur betonen, warnen Experten vor rechtlichen Grauzonen und möglichen Kollateralschäden.

Die Ausgangslage: Drohnen-Alarm in München

Der unmittelbare Auslöser für Söders Vorstoß war eine Störung am Münchner Flughafen: Mehrere Drohnen wurden im Bereich der Start- und Landebahnen gesichtet, wodurch der Betrieb eingestellt werden musste. Rund 3000 Passagiere waren betroffen, Flüge wurden umgeleitet oder gestrichen. Für Söder war dies ein „Weckruf“, denn die Sicherheitsbehörden konnten die Drohnen nicht sofort ausschalten. „Wir brauchen ein Gesetz, das es der Polizei erlaubt, sofort und ohne Umwege handeln zu können“, betonte er. Er sprach sogar vom „Iron Dome für Deutschland“ – in Anlehnung an das israelische Abwehrsystem gegen Raketenangriffe.

Ein Schnellgesetz für Bayern

Nach Söders Vorstellungen soll Bayern als erstes Bundesland ein Schnellgesetz auf den Weg bringen, das es der Polizei ermöglicht, illegale Drohnen unmittelbar abzuschießen. Darüber hinaus plant die Staatsregierung den Aufbau eines bayerischen Drohnenzentrums, in dem neue Abwehrtechnologien entwickelt und getestet werden. Ziel sei es, bei künftigen Zwischenfällen schneller reagieren zu können und den Luftraum über kritischen Infrastrukturen besser zu sichern.

Rechtliche Lage in Deutschland

Die aktuelle Rechtslage ist komplex. Zwar sieht das bestehende Luftsicherheitsgesetz vor, dass die Bundeswehr im Falle eines „besonders schweren Unglücksfalls“ eingreifen darf. Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für den Abschuss unbemannter Flugobjekte gibt es jedoch bisher nicht. Zuständig sind in erster Linie die Polizeien der Länder, die auf zivile Mittel wie Störsender oder die Übernahme der Steuerung zurückgreifen sollen. Doch wie der Vorfall in München gezeigt hat, reichen diese Mittel nicht immer aus.

Bundespläne zur Gesetzesänderung

Das Bundesministerium des Innern hat Anfang 2025 eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes auf den Weg gebracht. Danach soll die Bundeswehr Drohnen nur dann abschießen dürfen, wenn die Polizei technisch nicht in der Lage ist und ausdrücklich Amtshilfe anfordert. Auch das Bundeskabinett hat bereits einem Gesetzesvorschlag zugestimmt, der eine klare Regelung schaffen soll. Allerdings warnen Juristen, dass eine solche Befugnis eine Grundgesetzänderung erforderlich machen könnte, da militärische Einsätze im Innern strengen verfassungsrechtlichen Grenzen unterliegen.

Nutzerfrage: Reicht eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes aus – oder ist eine Grundgesetzänderung nötig?

Juristische Experten sind sich uneins. Einige sehen die geplante Änderung als ausreichend, andere verweisen auf die Verfassung, die den Einsatz der Bundeswehr im Innern nur in engen Grenzen erlaubt. Sollte die Bundeswehr dauerhaft und in großem Umfang für Drohnenabwehr zuständig werden, könnte eine Grundgesetzänderung notwendig sein.

Politische Diskussionen und Forderungen

Neben Söders Vorstoß gibt es auch in Berlin Bewegung. Politiker von Union und SPD haben sich für erleichterte Regeln ausgesprochen, um Drohnen schneller unschädlich zu machen. Die Befürworter argumentieren, dass Deutschland ohne klare gesetzliche Befugnisse verwundbar bleibt, insbesondere bei Angriffen auf Flughäfen, Kraftwerke oder andere kritische Anlagen. Kritiker warnen jedoch davor, übereilt militärische Befugnisse auszudehnen und die Balance zwischen Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit aus dem Auge zu verlieren.

Die Rolle der Industrie

Auch die Industrie meldet sich zu Wort. Experten von Airbus und anderen Unternehmen betonen, dass Deutschland dringend in moderne Abwehrsysteme investieren müsse. „Wir haben kaum Schutz gegen Drohnen und stehen einer sehr schnell wachsenden Bedrohungslage gegenüber“, warnte ein Airbus-Manager. Eine Umfrage zeigte zudem, dass eine Mehrheit der Bevölkerung präventive Sicherheitsmaßnahmen unterstützt.

Technische Möglichkeiten der Drohnenabwehr

Die Debatte dreht sich nicht nur um rechtliche Fragen, sondern auch um technische Lösungen. Moderne Drohnen sind klein, wendig und schwer zu entdecken. Radar, akustische Systeme oder visuelle Sensoren können helfen, sie aufzuspüren. Ist eine Drohne identifiziert, gibt es mehrere Möglichkeiten der Abwehr:

  • Jamming: Störung der Funkverbindung zwischen Drohne und Pilot.
  • Spoofing: Täuschung der Drohne durch falsche Signale, um sie zur Landung zu zwingen.
  • Übernahme: Technische Kontrolle über die Steuerung der Drohne.
  • Physische Abwehr: Einsatz von Abwehrdrohnen, Netzen oder gezielten Schüssen.

Nutzerfrage: Welche technischen Alternativen zum Abschuss gibt es gegen Drohnen?

Experten empfehlen, zunächst auf elektronische Maßnahmen wie Jamming oder Spoofing zu setzen. Auch Netze oder Abwehrdrohnen sind denkbar. Ein Abschuss mit Schusswaffen gilt als letzte Option – vor allem in besiedelten Gebieten, wo herabfallende Trümmer große Risiken bergen.

Risiken bei einem Abschuss

Ein großes Problem sind die Risiken beim Abschuss über bewohntem Gebiet. Trümmerteile können Menschen verletzen oder Gebäude beschädigen. Auch Projektile, die ihr Ziel verfehlen, bergen Gefahren. Deshalb warnen viele Experten davor, den Abschuss als Standardmaßnahme festzuschreiben.

Nutzerfrage: Welche Risiken birgt der Abschuss einer Drohne über bewohntem Gebiet?

Die größte Gefahr sind unkontrollierte Trümmer und Fehlfunktionen. Auch ein falsch identifiziertes Ziel kann fatale Folgen haben. Deshalb wird der Abschuss in dicht besiedelten Gebieten nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen.

Soziale Medien und öffentliche Diskussion

In den sozialen Medien wird das Thema kontrovers diskutiert. Auf X fordert Söder entschlossen mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden. In Foren wie Reddit stellen Nutzer praktische Fragen: Ist es nicht effizienter, Drohnen zu stören, statt sie abzuschießen? Manche schlagen Laser- oder Skyranger-Systeme vor, andere warnen vor hohen Kosten und logistischen Hürden. Klar wird: Das Thema bewegt nicht nur die Politik, sondern auch die Gesellschaft.

Nutzerfrage: Wie schnell kann die Bundeswehr entscheiden, eine Drohne abzuschießen?

Nach aktuellem Entwurf darf die Bundeswehr nur auf Anforderung der Polizei und bei akuter Gefahr handeln. Das bedeutet, dass die Entscheidung nicht unmittelbar vor Ort, sondern nach einer abgestuften Prüfung fällt. Schnelles Handeln ist also nur begrenzt möglich.

Internationale Perspektiven

Ein Blick ins Ausland zeigt, dass andere Länder teilweise deutlich klarere Regelungen haben. In Polen etwa existieren niedrigere Schwellenwerte für den Abschuss ausländischer Drohnen. Israel setzt mit seinem „Iron Dome“ bereits erfolgreich auf ein komplexes Abwehrsystem. Deutschland steht hingegen noch am Anfang einer strukturierten Strategie.

Wissenschaftliche Erkenntnisse

Eine Analyse auf der Forschungsplattform ArXiv beschreibt die Herausforderungen bei der Drohnenabwehr: Kleine Drohnen mit geringem Radarquerschnitt sind besonders schwer zu erkennen. Die Autoren betonen, dass Abwehrsysteme mehrere Schritte kombinieren müssen – Erkennung, Verfolgung, Identifikation und schließlich Neutralisierung. Ein reines „Abschussgesetz“ greift aus technischer Sicht daher zu kurz.

Operative Zuständigkeiten

In Forendiskussionen wird immer wieder die Frage gestellt, wer überhaupt zuständig ist. Viele Nutzer betonen, dass die Polizei grundlegende Abwehrmaßnahmen selbst leisten können müsse. Die Bundeswehr solle nur bei komplexeren Bedrohungen – etwa durch große Drohnenschwärme oder militärisch genutzte Drohnen – eingreifen. Dies entspricht auch den bisherigen Entwürfen des Luftsicherheitsgesetzes.

Nutzerfrage: Darf die Bundeswehr bereits heute Drohnen über Kasernen abschießen?

Über eigenen Liegenschaften hat die Bundeswehr bereits gewisse Befugnisse, um akute Gefahren abzuwehren. Dazu können auch kinetische oder elektronische Mittel gehören. Allerdings sind diese Einsätze streng begrenzt und müssen im Einklang mit dem Recht auf Gefahrenabwehr stehen.

Gesellschaftliche Bedeutung und Ausblick

Die Diskussion um den „Drohnen-Abschuss“ hat eine zentrale Bedeutung: Sie betrifft nicht nur die Sicherheit im Flugverkehr, sondern auch Fragen des Grundgesetzes, der staatlichen Zuständigkeiten und des technischen Fortschritts. Die Forderungen nach schnellen gesetzlichen Änderungen spiegeln die Sorge wider, dass Deutschland in einer akuten Bedrohungslage nicht ausreichend geschützt wäre. Zugleich mahnen Experten, nicht vorschnell einseitige Lösungen zu bevorzugen, sondern ein abgestimmtes Sicherheitskonzept zu entwickeln, das rechtlich, technisch und gesellschaftlich tragfähig ist.

Schlussbetrachtung: Zwischen Sicherheit und Rechtsstaat

Der Vorstoß von Markus Söder hat die Diskussion über den Drohnen-Abschuss in Deutschland neu entfacht. Klar ist, dass die Bedrohung durch Drohnen zunimmt – sei es durch kriminelle Nutzung, Terrorismus oder Sabotage. Ebenso klar ist, dass Deutschland bisher keine einheitliche und praktikable Regelung besitzt. Ob ein Schnellgesetz auf Landesebene die Lösung ist, bleibt fraglich. Bundesweit zeichnet sich ab, dass eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes bevorsteht. Ob darüber hinaus eine Grundgesetzänderung notwendig wird, hängt von der weiteren politischen Entwicklung ab. Fest steht: Deutschland steht an einem Scheideweg. Zwischen der berechtigten Forderung nach Sicherheit und dem Schutz der Grundrechte muss ein Weg gefunden werden, der langfristig tragfähig bleibt – für Polizei, Bundeswehr und vor allem für die Bürgerinnen und Bürger.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.