
Berlin, 6. November 2025. Es ist still an diesem grauen Vormittag in der Parteizentrale des BSW, doch die Veränderung liegt spürbar in der Luft. Nur wenige Wochen vor dem Bundesparteitag ist klar: Die Partei wird ihren Namen ändern – ein symbolischer Schritt, der weit über die Buchstaben hinausweist. Im Dezember soll der Zusatz „Sahra Wagenknecht“ aus dem Parteinamen gestrichen werden, während das Kürzel BSW bleibt. Für viele ein Einschnitt, für andere ein längst überfälliger Neustart.
Eine Partei emanzipiert sich von ihrer Gründerin
Das Bündnis Sahra Wagenknecht wurde im Januar 2024 gegründet – als politisches Projekt einer bekannten Persönlichkeit, die das linke Spektrum mit wirtschaftlicher Vernunft und gesellschaftlicher Kritik neu beleben wollte. Der bisherige Parteiname „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ sollte von Anfang an nur eine Übergangslösung sein. Schon in der Satzung war festgehalten, dass der Name der Gründerin „nach der Bundestagswahl 2025“ geändert werden könne.
Nun wird dieser Punkt vorgezogen. Beim Bundesparteitag im Dezember 2025 in Magdeburg soll die Umbenennung offiziell beschlossen werden. Der neue Name steht offenbar bereits fest: „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“. Damit bleibt das Kürzel BSW erhalten – ein Markenzeichen, das in kurzer Zeit bundesweit Wiedererkennungswert aufgebaut hat. Die Parteiführung begründet den Schritt mit dem Wunsch, „die inhaltliche Identität des BSW zu stärken und die Personalisierung zu verringern“.
Warum die Partei den Namen ändert
„Der ursprüngliche Name war wichtig, um sichtbar zu werden“, heißt es aus Parteikreisen. „Aber jetzt soll die Bewegung größer werden als eine einzelne Person.“ Damit reagiert die Partei auch auf Fragen, die viele Beobachter zuletzt bewegten: Warum will das BSW den Namen von Sahra Wagenknecht im Parteinamen streichen? – Weil die Gründerin zwar weiterhin prägend bleibt, die Partei sich aber langfristig als eigenständige Kraft etablieren will. Es gehe, so formulierte es ein Sprecher, um „eine Marke, die über Persönlichkeiten hinaus Bestand hat“.
Die Umbenennung betrifft dabei nicht das Kürzel selbst. Viele fragten sich: Ändert sich die Abkürzung BSW? Nein. Das Kürzel bleibt, denn es habe sich, so die Partei, „in der Öffentlichkeit durchgesetzt“. Nur die ausgeschriebene Bedeutung wird angepasst. Der neue Name soll soziale Themen und wirtschaftliche Vernunft gleichwertig abbilden – zwei Säulen, auf denen die Partei laut eigenen Angaben ihre Programmatik weiterentwickeln will.
Wie der Prozess abläuft
Bereits im Oktober startete die Partei einen internen Aufruf: Mitglieder konnten Vorschläge einreichen, wie das Kürzel künftig ausgeschrieben werden soll. Diese Beteiligung gilt als symbolisch wichtig – ein Signal innerparteilicher Offenheit. „Wir wollen, dass sich unsere Basis mit dem neuen Namen identifiziert“, erklärte Parteichefin Sahra Wagenknecht in einem Newsletter. Auf dem Parteitag im Dezember wird der endgültige Vorschlag abgestimmt.
Die BSW-Mitgliedschaft zählt laut aktuellen Angaben rund 5.000 Personen. Seit ihrer Gründung ist die Partei vor allem in Ostdeutschland stark verankert, insbesondere in Thüringen und Sachsen. Dort erreichte sie in Umfragen teils zweistellige Werte. Auf Bundesebene jedoch schwankten die Ergebnisse zuletzt. Laut einer Analyse der Frankfurter Rundschau verzeichnete das BSW einen Abwärtstrend bei den Wählerzustimmungen – ein möglicher Grund, die Marke zu schärfen und sich unabhängiger zu positionieren.
Wählerstruktur und strategische Gründe
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung gibt Aufschluss darüber, wer das BSW wählt. Demnach stammt ein großer Teil der Anhänger aus dem sozialdemokratischen und teils auch aus dem AfD-nahen Milieu. Typisch sind Wähler mit niedrigem Einkommen, geringem Vertrauen in Institutionen und einer pragmatisch-linken Weltsicht. Die Partei spricht damit ein Segment an, das sich von traditionellen Parteien nicht mehr vertreten fühlt.
Gerade deshalb sei der Schritt zur Namensänderung entscheidend, so Politikwissenschaftler Philipp Thomeczek von der DVPW: „Das BSW hat eine ideologisch hybride Position – gesellschaftlich konservativ, wirtschaftspolitisch links. Eine klare inhaltliche Marke kann hier helfen, Verlässlichkeit zu kommunizieren.“ Mit der Entfernung des Namens der Gründerin könnte die Partei also versuchen, ihre Botschaften stärker inhaltlich statt personenzentriert zu verankern.
Rückhalt und Skepsis in sozialen Medien
In den sozialen Netzwerken wird der Schritt lebhaft diskutiert. Auf Reddit und X (Twitter) kursieren dutzende Memes über alternative Bedeutungen von „BSW“. Viele Nutzer kommentieren mit Ironie, andere loben den Mut zur Entpersonalisierung. „Endlich wird aus einer Bewegung eine Partei“, schrieb ein Nutzer. Auf der offiziellen Instagram-Seite des BSW hingegen wird die Umbenennung visuell kommuniziert – mit neuem Design, klarer Farbwelt und Betonung der Werte „Gerechtigkeit“ und „Vernunft“.
Auch ein YouTube-Short aus dem Umfeld der Partei greift die Kritik an der Personalisierung auf. Darin heißt es: „Wir bleiben BSW, aber nicht mehr nur wegen einer Person – sondern wegen einer Idee.“ Der Ton ist selbstbewusst, die Botschaft eindeutig: Das BSW will als langfristig tragfähige Kraft wahrgenommen werden, nicht als Projekt einer Einzelnen.
Was die Umbenennung politisch bedeutet
Mit dem neuen Namen „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“ setzt die Partei ein Zeichen. Die Schlagworte spiegeln die programmatische Linie wider: soziale Sicherheit, ökonomische Stabilität, außenpolitische Unabhängigkeit. Der Name soll, so ein internes Papier, „die Balance zwischen Menschlichkeit und ökonomischer Realität“ betonen – ein Konzept, das im Partei-Marketing bereits vorbereitet wird.
Analysten sehen in der Umbenennung auch eine Kommunikationsstrategie: Der Begriff „Wagenknecht“ polarisiert stark. Durch den Namensverzicht könnte das BSW neue Wählerschichten ansprechen, die bisher vor der klaren Personalisierung zurückschreckten. Gleichzeitig dürfte die mediale Aufmerksamkeit für den Prozess der Umbenennung kurzfristig neue Sichtbarkeit bringen – ein Nebeneffekt, den die Parteiführung nicht ungern in Kauf nimmt.
Ein Schritt mit Symbolkraft
Wenn das Bündnis Sahra Wagenknecht im Dezember offiziell seinen Namen ändert, endet damit eine Phase, in der Person und Partei untrennbar schienen. Es ist ein Schritt mit Signalwirkung – nach innen wie nach außen. Für die Anhänger steht er für Reife und Selbstständigkeit, für Kritiker für den Versuch, das sinkende Umfrageinteresse neu zu beleben.
Wie erfolgreich dieser Balanceakt sein wird, entscheidet sich im kommenden Jahr. Doch eines steht fest: Das BSW bleibt seinem Kürzel treu – nur die Bedeutung wandelt sich. Und mit ihr vielleicht auch die Rolle, die diese junge Partei in der deutschen Politik künftig spielen wird.

































