Bürgergeld vor dem Aus CDU und AfD: Innenminister Herbert Reul droht bei Zusammenarbeit mit Parteiaustritt

In Politik
Dezember 23, 2025

Düsseldorf, 23. Dezember 2025. Ein Satz, gesprochen ohne rhetorische Umwege, hallt in der Union nach. Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, zieht eine unmissverständliche Linie – und macht sie zur persönlichen Gewissensfrage. Für den Fall, dass die CDU ihre Abgrenzung zur AfD aufweicht, kündigt er Konsequenzen an. Es ist ein Moment politischer Zuspitzung, der weit über Nordrhein-Westfalen hinausweist.

In einem Interview mit dem Nachrichtenportal t-online formulierte Reul, seit Jahrzehnten prägende Figur der CDU, seine Haltung mit ungewöhnlicher Klarheit. Sollte es innerhalb der Partei zu einer strukturellen Zusammenarbeit mit der AfD kommen, werde er „weg“ sein. Gemeint ist nicht ein innerparteilicher Protest, sondern der Bruch mit der eigenen Partei. Die Aussage fällt in eine Phase wachsender Nervosität innerhalb der Union – ausgelöst durch steigende Umfragewerte der AfD und offene Debatten über Mehrheitsoptionen in Ostdeutschland.

Eine rote Linie ohne Grauzone

Herbert Reul spricht nicht im Konjunktiv. Für ihn ist die Zusammenarbeit mit der AfD kein taktisches Tabu, sondern eine demokratische Grundsatzfrage. Er bezeichnete die AfD als „größte Gefahr für die Demokratie“ und stellte klar, dass es im parlamentarischen Umgang mit dieser Partei nur eine Haltung geben könne: klare Ablehnung. Eine CDU, die ihre Mehrheiten dauerhaft oder systematisch auf Stimmen der AfD stützt, überschreite aus seiner Sicht eine rote Linie.

Reul knüpft damit an den seit Jahren geltenden Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU an. Dieser schließt Koalitionen und koalitionsähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD explizit aus. Der Beschluss gilt parteiintern als Brandmauer – politisch, programmatisch und symbolisch. Reuls Intervention verleiht dieser Brandmauer ein persönliches Gewicht: Er macht deutlich, dass sie für ihn nicht verhandelbar ist.

Der Unvereinbarkeitsbeschluss als Fundament

Der CDU-Beschluss aus dem Jahr 2018 verbietet nicht jede parlamentarische Überschneidung im formalen Sinne. In offenen Abstimmungen kann es vorkommen, dass AfD-Abgeordnete einzelnen Anträgen zustimmen. Entscheidend ist jedoch die strukturelle Ebene. Reul betont, dass es einen qualitativen Unterschied gibt zwischen punktuellen Abstimmungsüberschneidungen und einer politischen Abhängigkeit von der AfD. Letzteres lehnt er kategorisch ab.

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Auch eine Minderheitsregierung, die regelmäßig auf Duldung durch die AfD angewiesen wäre, kommt für ihn nicht infrage. In diesem Punkt richtet sich seine Aussage weniger an formale Koalitionsverträge als an politische Praxis. Die Zusammenarbeit mit der AfD beginne dort, wo sie zur Voraussetzung für Mehrheiten werde.

Wachsende Spannung vor den Landtagswahlen

Die Schärfe von Reuls Worten erklärt sich auch aus dem politischen Kontext. Mit Blick auf die Landtagswahlen im Herbst 2026 in mehreren ostdeutschen Bundesländern steht die CDU vor schwierigen arithmetischen Realitäten. In Umfragen liegt die AfD dort teils deutlich vorn. Szenarien, in denen stabile Mehrheiten ohne sie kaum möglich erscheinen, werden nicht mehr nur theoretisch diskutiert.

Erinnerungen an frühere politische Erschütterungen sind präsent. Die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen 2020, bei der ein FDP-Politiker mit Stimmen der AfD ins Amt kam, gilt bis heute als mahnendes Beispiel. Sie zeigte, wie schnell parlamentarische Manöver eine politische Krise auslösen können – und wie empfindlich die öffentliche Reaktion ausfällt, wenn die Brandmauer zur AfD auch nur indirekt infrage gestellt wird.

Innerparteiliche Debatten und Gegenpositionen

  • In Teilen der CDU wird zunehmend über die praktische Durchsetzbarkeit der Abgrenzung zur AfD diskutiert, insbesondere auf kommunaler Ebene.
  • Einige Stimmen plädieren für einen strikt formalen Umgang mit parlamentarischen Realitäten, ohne dies als politische Annäherung zu verstehen.
  • Demgegenüber steht ein Lager, das vor einer schleichenden Normalisierung warnt und auf klare, nachvollziehbare Grenzen pocht.

Reul positioniert sich eindeutig im zweiten Lager. Seine Aussage ist weniger als taktischer Appell zu verstehen denn als politisches Bekenntnis. Er bindet seine eigene politische Zukunft an die Frage der Zusammenarbeit mit der AfD – und erhöht damit den Druck auf die Parteiführung.

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Signalwirkung über Nordrhein-Westfalen hinaus

Innerhalb der CDU wird Reuls Vorstoß aufmerksam registriert. Unterstützer sehen darin eine notwendige Klarstellung in Zeiten wachsender Unsicherheit. Kritiker warnen vor einer Verengung des politischen Handlungsspielraums. Unbestritten ist jedoch die Signalwirkung: Wenn ein amtierender Innenminister öffentlich mit einem CDU-Austritt droht, verleiht das der Debatte um die AfD eine neue Ernsthaftigkeit.

Auch außerhalb der Partei wird die Aussage als Gradmesser für den Zustand der politischen Mitte gelesen. Die Frage, wie demokratische Parteien mit einer starken, aber umstrittenen AfD umgehen, ist längst zu einem Prüfstein für politische Glaubwürdigkeit geworden. Reuls Position fügt dieser Debatte eine klare, personalisierte Dimension hinzu.

Ein Maßstab für die politische Mitte

Die Diskussion um die Zusammenarbeit mit der AfD berührt zentrale Fragen der parlamentarischen Kultur. Es geht um Mehrheiten, um Macht – und um die Grenzen des politisch Akzeptablen. Herbert Reul macht deutlich, dass diese Grenzen für ihn nicht verhandelbar sind. Seine Drohung mit dem CDU-Austritt ist weniger als Eskalation gedacht denn als Warnsignal.

Ob diese Haltung die innerparteiliche Linie langfristig festigt oder neue Spannungen erzeugt, bleibt offen. Sicher ist jedoch: Mit seiner klaren Absage an jede Zusammenarbeit mit der AfD hat Reul einen Maßstab gesetzt, an dem sich die CDU in den kommenden Monaten messen lassen muss – politisch, strategisch und moralisch.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.