
Ein Jahr nach dem Tod von Schauspiellegende Alain Delon eskaliert der Streit um sein Vermögen. Sein jüngster Sohn, Alain-Fabien Delon, hat offiziell Einspruch gegen das Testament von 2022 eingelegt. Die juristische Auseinandersetzung wirft ein Schlaglicht auf Familienkonflikte, moralische Fragen und die Zukunft des künstlerischen Erbes des einst „schönsten Mannes der Welt“.
Ein Erbe von Millionen: Ausgangspunkt des Konflikts
Alain Delon, gestorben im August 2024 im Alter von 88 Jahren, hinterließ ein beachtliches Vermögen. Schätzungen schwanken stark: Während einige Quellen von rund 50 Millionen Euro ausgehen, sprechen andere von bis zu 300 Millionen Euro. Diese Diskrepanz zeigt bereits die Unklarheit, die bis heute über den Nachlass herrscht. Der Wert ergibt sich nicht nur aus Immobilien, Kunst und Kapitalanlagen, sondern auch aus Rechten am umfangreichen filmischen Werk, das Delon zu einem internationalen Star machte.
Im Zentrum des Streits steht das Testament von 2022, das Delon in Genf aufgesetzt haben soll. Dieses Dokument begünstigt seine Tochter Anouchka in besonderem Maße. Sie soll nicht nur einen Großteil des Vermögens erhalten, sondern auch über 51 Prozent der Bildrechte verfügen. Zudem ist sie laut einem geheim gehaltenen Zusatztestament Alleinerbin der sogenannten droit moral, also der moralischen Rechte, die den künstlerischen Nachlass betreffen.
Die Klage von Alain-Fabien Delon
Alain-Fabien, der jüngste Sohn des Schauspielers, möchte das Testament von 2022 für ungültig erklären lassen. Sein Hauptargument: Sein Vater sei nach einem Schlaganfall im Jahr 2019 nicht mehr voll urteilsfähig gewesen. Ärztliche Atteste und medizinische Befunde sollen dies belegen. Besonders die Ergänzung von 2022, die seine Schwester bevorteilt, sei unter diesen Umständen nicht rechtmäßig entstanden. Zusätzlich greift er die Schenkung vom Februar 2023 an, in der Anouchka mehrheitlich die Bildrechte übertragen bekam.
Die juristische Auseinandersetzung ist bereits auf dem Weg: Die erste Zivilverhandlung ist für den 9. März 2026 am Pariser Zivilgericht angesetzt. Damit rückt ein langwieriger Prozess in greifbare Nähe, der nicht nur die Familie, sondern auch die Öffentlichkeit in Atem halten dürfte.
Frühere Testamente und Unterschiede in der Verteilung
Der Konflikt erhält zusätzliche Brisanz, weil es ein Testament aus dem Jahr 2015 gibt, das eine deutlich gerechtere Verteilung vorsah. Damals sollten Anouchka 50 Prozent erhalten, während die beiden Brüder Anthony und Alain-Fabien jeweils mit 25 Prozent bedacht wurden. Dieses Modell hätte den Familienfrieden vermutlich eher gewahrt. Mit dem Testament von 2022 jedoch verschob sich das Gleichgewicht massiv zugunsten der Tochter.
Frage: Gibt es ein früheres Testament, das anders verteilt?
Ja, das Testament von 2015 sah eine gerechtere Aufteilung vor. Anouchka hätte 50 Prozent bekommen, während Anthony und Alain-Fabien jeweils ein Viertel zugesprochen wurde. Diese Regelung ist ein zentraler Punkt in der aktuellen juristischen Debatte.
Die Rolle von Anouchka Delon
Anouchka Delon stand ihrem Vater seit Jahren besonders nahe. Sie begleitete ihn bei gesundheitlichen Problemen, war oft an seiner Seite und übernahm zahlreiche organisatorische Aufgaben. Kritiker sehen in dieser Nähe jedoch auch den Ursprung der jetzigen Auseinandersetzungen. Alain-Fabien und Anthony werfen ihr vor, zu stark in die Entscheidungen ihres Vaters eingegriffen zu haben. Ein Mitschnitt, in dem Anouchka ihren Brüdern Manipulation und Verschwörung unterstellt, verdeutlicht, wie emotional die Fronten verhärtet sind.
Die Entscheidung, Anouchka als alleinige Erbin der moralischen Rechte einzusetzen, unterstreicht das besondere Vertrauen, das Alain Delon offenbar in seine Tochter setzte. Diese Rechte betreffen nicht nur die Veröffentlichung und Aufführung seiner Werke, sondern auch den Schutz seines künstlerischen Erbes vor Missbrauch.
Anthony Delon und der Vorwurf der Verleugnung
Auch Anthony Delon, der älteste Sohn, meldete sich zu Wort. In einem Interview sprach er davon, dass er das Testament als „déni de paternité“ empfunden habe – eine Verleugnung der Vaterschaft. Damit wird klar, dass es nicht nur um Geld oder Rechte geht, sondern um tiefe persönliche Verletzungen und Fragen der Anerkennung innerhalb der Familie.
Juristische Dimensionen und nächste Schritte
Die Klage von Alain-Fabien bringt gleich mehrere Ebenen ins Spiel: Einerseits die Frage der Testierfähigkeit seines Vaters im Jahr 2022, andererseits die Rechtmäßigkeit der Schenkung aus dem Jahr 2023. Juristisch wird geprüft werden müssen, ob Alain Delon zu diesem Zeitpunkt in der Lage war, die Tragweite seiner Entscheidungen zu überblicken. Da ihm bereits zu Lebzeiten ein Vormund für finanzielle Angelegenheiten gestellt worden war, sprechen manche Beobachter von erheblichen Zweifeln an seiner Geschäftsfähigkeit.
Frage: Wann ist der nächste Gerichtstermin angesetzt?
Die erste Zivilverhandlung ist für den 9. März 2026 am Pariser Zivilgericht geplant. Bis dahin werden die Anwälte beider Seiten umfangreich Beweise zusammentragen und Gutachten einholen.
Die Haushälterin Hiromi Rollin
Eine weitere Figur, die in der öffentlichen Debatte um das Erbe auftauchte, ist Hiromi Rollin, die langjährige Haushälterin von Alain Delon. Gerüchte besagten zeitweise, sie könnte im Testament bedacht worden sein. Doch offiziellen Angaben zufolge erhielt sie nichts aus dem Nachlass. Damit bleibt der Erbstreit eine rein familiäre Angelegenheit, die zwischen den drei Kindern ausgetragen wird.
Frage: Steht eine Haushälterin oder sonstige Person im Streit ums Erbe?
Nein, die Haushälterin Hiromi Rollin spielt zwar eine Rolle in der medialen Berichterstattung, ist aber laut Testament nicht bedacht worden.
Wie hoch ist das Erbe wirklich?
Eine weitere offene Frage betrifft die genaue Höhe des Nachlasses. Während einige Quellen von 50 Millionen Euro sprechen, kursieren weiterhin Summen bis zu 300 Millionen Euro. Die Bandbreite erklärt sich aus unterschiedlichen Bewertungsansätzen, insbesondere im Hinblick auf künstlerische Rechte, Immobilien und steuerliche Aspekte. Unbestritten ist, dass es sich um ein Millionenvermögen handelt, das für heftige Konflikte sorgt.
Frage: Wie hoch wird das Vermögen des Nachlasses geschätzt?
Die Schätzungen reichen von 50 Millionen bis 300 Millionen Euro. Realistisch erscheint nach aktuellem Stand eine Größenordnung von rund 50 Millionen Euro, wenngleich ältere Berechnungen deutlich höhere Werte annahmen.
Kulturelles Erbe und moralische Rechte
Besonders umstritten ist die Frage, wem die moralischen Rechte an Delons Werk gehören. Diese Rechte beinhalten nicht nur die Möglichkeit, Filme erneut auszustrahlen oder aufzuführen, sondern auch, wie sein Bild und Name künftig genutzt werden dürfen. Für Anouchka bedeutet das eine enorme Verantwortung, die über rein finanzielle Fragen hinausgeht. Sie trägt damit auch die Pflicht, das künstlerische Erbe ihres Vaters in seinem Sinne zu bewahren.
Emotionen, Öffentlichkeit und soziale Medien
Der Erbstreit findet nicht im Verborgenen statt. Interviews, Social-Media-Posts und öffentliche Statements sorgen dafür, dass jede neue Wendung sofort breit diskutiert wird. Besonders in Frankreich, wo Alain Delon als Nationalikone gilt, verfolgen Millionen Menschen die Entwicklung mit großem Interesse. Die Mischung aus familiären Intrigen, medizinischen Fragen und Millionenbeträgen liefert dabei den Stoff für anhaltende Schlagzeilen.
Frage: Warum will Alain-Fabien Delon das Testament anfechten?
Er beruft sich auf die gesundheitliche Lage seines Vaters nach dem Schlaganfall von 2019. Seiner Ansicht nach war Alain Delon im Jahr 2022 nicht mehr in der Lage, den Inhalt eines Testaments vollständig zu verstehen. Medizinische Unterlagen sollen diese Sichtweise stützen.
Rechtliche Lehren aus dem Fall Delon
Der Fall Delon ist nicht nur ein Familiendrama, sondern auch ein Lehrstück über die Bedeutung von klaren Vorsorgeplanungen. Experten für Vermögens- und Nachlassplanung betonen, dass sogenannte „Lasting Powers of Attorney“ oder andere bevollmächtigende Regelungen rechtzeitig hätten geschaffen werden müssen. Solche Instrumente hätten eindeutige Vorgaben im Krankheitsfall ermöglicht und könnten helfen, Konflikte zu verhindern. Der Streit zeigt, dass unklare Strukturen bei großen Vermögen schnell zu jahrelangen Prozessen führen können.
Wie geht es weiter?
Die nächsten Monate werden geprägt sein von Gutachten, juristischen Stellungnahmen und öffentlichem Schlagabtausch. Besonders spannend wird die Frage sein, ob die französische Justiz das Testament von 2022 tatsächlich für nichtig erklärt. Sollte das geschehen, käme vermutlich das ältere Testament von 2015 wieder zur Geltung – mit erheblichen Konsequenzen für die Erbverteilung.
Bis zum Gerichtstermin 2026 bleibt der Fall Delon ein Spiegelbild der Spannungen zwischen familiären Bindungen, persönlichem Vertrauen und rechtlichen Formalitäten. Alain Delons Nachlass wird damit nicht nur zur juristischen Angelegenheit, sondern auch zu einem Kapitel, das tiefe Einblicke in die menschliche Seite einer großen Filmlegende gibt. Der Streit zeigt, dass selbst hinter den glänzenden Fassaden der Stars die gleichen Konflikte herrschen können wie in jeder anderen Familie – nur unter dem grellen Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit.