Schock im Abendzug Blutige Zugattacke in England: Zehn Verletzte, mehrere in Lebensgefahr

In Ausland
November 02, 2025

Huntingdon, 2. November 2025 Ein gewöhnlicher Samstagabend endete in einem Albtraum: Im Schnellzug von Doncaster nach London King’s Cross kam es zu einer brutalen Messerattacke. Innerhalb weniger Minuten verwandelte sich der Wagon in ein Chaos aus Panik, Schreien und Fluchtversuchen. Zehn Menschen wurden verletzt, neun davon lebensgefährlich – ein Ereignis, das Großbritannien erschüttert.

Ein Angriff aus dem Nichts

Der Vorfall ereignete sich gegen 19:30 Uhr, als der Zug kurz nach der Abfahrt aus Peterborough unterwegs war. Augenzeugen berichten, ein Mann habe plötzlich ein großes Messer gezogen und wahllos auf Fahrgäste eingestochen. „Er stach einfach auf jeden ein, der in seiner Nähe war. Menschen rannten, schrien – es war wie in einem Horrorfilm“, zitiert eine britische Tageszeitung einen Passagier. Sekunden später sei der Notruf abgesetzt worden.

Als der Zug im Bahnhof Huntingdon gestoppt wurde, stürmten bewaffnete Polizisten und Sanitäter den Zug. Der Bahnhof wurde abgeriegelt, Dutzende Rettungskräfte eilten zum Einsatzort. Die Polizei erklärte den Vorfall zum „Major Incident“. Insgesamt wurden zehn Menschen mit Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht, neun von ihnen mit lebensbedrohlichen Verletzungen. Eine Person erlitt leichtere Wunden.

Polizei reagiert mit „Operation Plato“

Um die Lage schnell unter Kontrolle zu bringen, aktivierte die Polizei kurzzeitig den nationalen Notfallcode „Operation Plato“. Dieses Protokoll kommt bei potenziellen Terroranschlägen zum Einsatz, bei denen mehrere Täter oder ein sogenannter „marauding attack“ – also ein umherziehender Angreifer – befürchtet wird. Nach einer Lageeinschätzung wurde der Code wieder aufgehoben. Die Ermittler betonen, es gebe derzeit keine Hinweise auf ein terroristisches Motiv, doch alle Optionen würden geprüft.

Zwei Verdächtige wurden noch am Tatort festgenommen. Ihre Identität wurde bislang nicht öffentlich gemacht. Laut einem Polizeisprecher werde das Umfeld der Männer überprüft, Zeugen befragt und Videomaterial ausgewertet. Die British Transport Police arbeitet eng mit den Anti-Terror-Einheiten zusammen, um mögliche Hintergründe zu klären.

Wie sicher ist das britische Bahnnetz?

Der Angriff wirft Fragen zur Sicherheit im britischen Schienennetz auf. Laut Daten der British Transport Police gab es im Jahr 2023/24 über 9.500 gemeldete Übergriffe auf Bahnreisende – ein Anstieg um rund 50 Prozent im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie. Auch Gewalt- und Sexualdelikte in Zügen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Besonders Frauen und Pendler in Abendzügen berichten immer häufiger von Unsicherheitsgefühlen.

Eine Sprecherin der britischen Eisenbahngewerkschaft RMT erklärte: „Unsere Mitarbeiter sind oft die ersten, die eingreifen müssen, lange bevor die Polizei vor Ort ist. Es braucht mehr Präsenz in den Zügen, vor allem in den späten Stunden.“ Die Attacke von Huntingdon unterstreicht diese Forderung eindringlich.

Hintergrund: Messerkriminalität in Großbritannien

Die britischen Behörden verzeichnen seit Jahren hohe Zahlen an Messerstraftaten. Laut dem Office for National Statistics (ONS) wurden im Jahr bis März 2025 insgesamt 53.047 Delikte mit Messern oder scharfen Gegenständen registriert. Zwar liegt diese Zahl leicht unter dem Vorjahr, doch Experten sehen keine Entwarnung. Gewalt mit Stichwaffen bleibt eines der größten innergesellschaftlichen Probleme des Landes.

JahrMesserstraftaten (England & Wales)Veränderung zum Vorjahr
202353.685+2 %
202453.047-1 %
202549.489-6 % (Schätzung)

Auch wenn die Statistik leicht rückläufige Zahlen zeigt, bleibt die öffentliche Wahrnehmung von Messerangriffen geprägt von Angst und Ohnmacht. Insbesondere nach spektakulären Fällen wie der Zugattacke von Huntingdon wächst die Sorge vor weiteren Gewalttaten im öffentlichen Raum.

Stimmen und Reaktionen

Premierminister Keir Starmer zeigte sich bestürzt und sprach von einem „entsetzlichen Angriff auf unschuldige Bürger“. Er forderte die Bevölkerung zur Ruhe und Kooperation mit den Ermittlungsbehörden auf. In sozialen Netzwerken wie Reddit und X (vormals Twitter) entfaltete sich schnell eine intensive Diskussion – zwischen Mitgefühl, Spekulationen und Wut über die Zunahme von Gewaltverbrechen.

Ein Nutzer schrieb: „Ich fahre diese Strecke jeden Tag. Es ist unfassbar, wie so etwas mitten in England passieren kann.“ Eine andere Nutzerin bemerkte, dass sie sich nun „nicht mehr sicher fühlt, den Abendzug allein zu nehmen“. Diese spontanen Reaktionen zeigen, wie tief das Ereignis das Sicherheitsgefühl vieler Pendler erschüttert hat.

Zeugenaussagen: „Blut überall, alle rannten“

Mehrere Augenzeugen schilderten erschütternde Szenen: Menschen hätten sich in Zugtoiletten geflüchtet oder sich unter Sitze geworfen, während andere versuchten, Mitreisende zu schützen. Einer sagte: „Ich hörte jemanden schreien: ‚Run, run, there’s a guy literally stabbing everyone!‘ – dann bin ich einfach gerannt.“

Ein weiterer Fahrgast beschrieb die Situation als „pure Panik“ und sprach von „Blut überall“. Laut der Tageszeitung The Times soll der Angreifer schließlich von der Polizei mit einem Taser überwältigt worden sein. Passagiere, die sich während der Flucht gegenseitig niedertrampelten, wurden ebenfalls verletzt, wenn auch weniger schwer.

Ermittlungsstand und offene Fragen

Während die Ermittler noch am Tatort Spuren sichern, bleiben viele Fragen offen. Besonders zentral: Was war das Motiv? Die Polizei hält sich bislang bedeckt, betont aber, es gebe „keine Anzeichen für eine politische oder religiöse Motivation“. Dennoch unterstützen Anti-Terror-Einheiten die Untersuchung, um ein mögliches Netzwerk oder radikalen Hintergrund auszuschließen.

Die Frage nach den Tätern ist ebenfalls noch nicht vollständig geklärt. Zeugenaussagen zufolge soll einer der Männer dunkel gekleidet gewesen sein, ein anderer trug eine Baseballmütze. Bestätigungen der Polizei dazu stehen noch aus. Sicher ist nur: Beide Verdächtigen wurden in Huntingdon festgenommen und befinden sich derzeit in Polizeigewahrsam.

Reaktionen aus der Bevölkerung

In den sozialen Medien wird unter dem Hashtag #HuntingdonAttack über Ursachen und Konsequenzen diskutiert. Viele fordern schärfere Kontrollen, andere sehen das Problem tieferliegend. „Wir brauchen keine härteren Strafen, wir brauchen Prävention“, schreibt ein Kommentator. Experten sehen den Schlüssel vor allem in sozialer Arbeit, Jugendarbeit und psychologischer Betreuung – um potenzielle Täter frühzeitig zu erreichen.

Ein Land im Schock – und eine Bahnstrecke, die schweigt

Während die Ermittlungen andauern, bleibt der Bahnverkehr auf der Strecke zwischen Peterborough und London teilweise eingeschränkt. Fahrgäste wurden gebeten, ihre Reisen zu verschieben. Am Bahnhof Huntingdon legten Menschen Blumen nieder – ein stilles Zeichen des Mitgefühls für die Opfer, deren Zustand weiterhin kritisch ist.

Was dieser Angriff über die Gesellschaft verrät

Die blutige Zugattacke von Huntingdon ist mehr als ein einzelner Gewaltakt. Sie steht sinnbildlich für eine wachsende gesellschaftliche Unsicherheit, für die Angst vor willkürlicher Gewalt in Alltagsräumen. Züge, Bahnhöfe, Busse – Orte, die bisher als sicher galten, werden plötzlich zu Schauplätzen unkontrollierter Brutalität.

In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob dieser Fall ein Einzelfall bleibt oder ein Symptom einer tieferliegenden Entwicklung ist. Großbritannien ringt seit Jahren mit dem Problem der Messerkriminalität. Die Tat von Huntingdon wird deshalb wohl auch politische Folgen haben – von Forderungen nach strengeren Waffengesetzen bis hin zu neuen Sicherheitskonzepten für den Bahnverkehr.

Doch jenseits aller Zahlen und Strategien bleibt eines zurück: das Entsetzen jener, die im Zug saßen, als der Angriff begann. Ihre Geschichten, ihre Angst – sie sind es, die diesen Abend unauslöschlich machen.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.