
Ein langes Wochenende steht bevor und viele fragen sich: Wohin soll die Reise gehen, ohne weit fahren zu müssen? Die Antwort liegt näher, als man denkt: Pforzheim, die sogenannte „Goldstadt“ am Rande des Schwarzwalds, bietet ein ebenso überraschendes wie vielfältiges Freizeitprogramm. Von monumentalen Panoramen über Jugendstilbäder bis hin zu stillen Flusspfaden – das verlängerte Wochenende vom 19. bis 22. Juni 2025 ist ideal, um Pforzheim (neu) zu entdecken.
Ein Überblick: Was Pforzheim an diesem Wochenende bietet
Wer die Stadt an der Enz lediglich mit Industrie, Schmuckproduktion oder nüchterner Nachkriegsarchitektur verbindet, wird überrascht sein: Das Angebot für Kulturinteressierte, Familien, Naturfreunde und urbane Flaneure ist umfangreich und facettenreich. Drei Tage reichen kaum aus, um alles zu entdecken, doch für einen ersten Eindruck ist dieses verlängerte Wochenende perfekt.
Kultur unter Kuppeln: Gasometer und Schmuckmuseum
Zu den bedeutendsten Attraktionen gehört der Gasometer Pforzheim – ein ehemaliger Gasspeicher aus dem Jahr 1912, der heute als Ort für spektakuläre Rundpanoramen dient. Aktuell zeigt das monumentale 360-Grad-Kunstwerk „Amazonien“ von Yadegar Asisi die Faszination tropischer Regenwälder. Das Innere des 42 Meter hohen Industriebaus verwandelt sich in eine immersive Erlebniswelt mit realistisch inszenierten Naturklängen. Mit täglich bis zu 2.000 Besuchern gehört die Ausstellung zu den meistbesuchten Kulturevents der Region.
Das Schmuckmuseum im Reuchlinhaus wiederum erzählt von Pforzheims historischem Erbe. Schmuckstücke aus fünf Jahrtausenden lassen sich dort entdecken – von antiken Fibeln über Art-déco-Stücke bis hin zu zeitgenössischen Objekten. Aktuelle Sonderausstellungen bringen frischen Wind und internationale Perspektiven in das Museum.
Versteckte Schönheiten: Kunst, Architektur und Geschichte
Ein echter Geheimtipp für Architekturfreunde ist das Emma-Jäger-Bad. Der Jugendstilbau von 1909 diente einst als Schwimmhalle und ist heute ein Kulturdenkmal, das kreative Nutzung mit historischer Substanz verbindet. Die neue Schwimmhalle samt Saunalandschaft ist an diesem Wochenende ebenfalls geöffnet – und verbindet Erholung mit einem Hauch Geschichte.
Kunstbegeisterte werden außerhalb des Zentrums im Skulpturenweg Seehaus fündig: Auf rund vier Kilometern sind dort 20 Werke aus verschiedenen Materialien installiert, die im Dialog mit der Natur stehen. Auch in der Innenstadt lassen sich Werke entdecken – zum Beispiel das „Seckel“-Kind am 23.-Februar-Platz oder abstrakte Skulpturen entlang der Bahnhofsstraße.
Naturnahes Erleben: Enzauenpark, Wildpark und mehr
Wer das Wochenende lieber unter freiem Himmel verbringt, hat in Pforzheim gleich mehrere Optionen. Der Enzauenpark – Überbleibsel der Landesgartenschau von 1992 – ist ein weitläufiger Landschaftspark entlang des Flusses. Mit Radwegen, Spielplätzen, Wasseranlagen und dem größten Biergarten der Region ist er ein beliebter Treffpunkt für Familien, Erholungssuchende und Spaziergänger. Regelmäßig finden dort auch Veranstaltungen statt – am Samstag etwa ein kleines Kindermusikfestival mit regionalen Künstlern.
Ein weiteres Highlight ist der Wildpark Pforzheim, der mit rund 400 Tieren in naturnah gestalteten Gehegen begeistert. Besonders für Familien ist der Park attraktiv: Der Eintritt ist frei, regelmäßige Schaufütterungen (z. B. bei Luchsen oder Fischottern) bieten spannende Einblicke in die Tierwelt. Ein Baumlehrpfad und der Junior-Ranger-Pfad runden das Angebot ab.
Botanische Vielfalt am Stadtrand
Im weniger bekannten Alpengarten Pforzheim kommen Pflanzenfreunde auf ihre Kosten. Der botanische Garten, der auf über 100.000 alpine Gewächse spezialisiert ist, entfaltet im Juni seine volle Pracht. Die Blütezeit ist kurz – ein Besuch am Wochenende lohnt sich also besonders.
Nicht weit entfernt liegt das Felsenmeer im Hagenschieß – ein naturgeschütztes Waldgebiet mit markanten Buntsandsteinblöcken. Es eignet sich hervorragend für stille, meditative Spaziergänge oder naturkundliche Entdeckungen.
Stadt, Spaziergänge und Selbstgeführtes
Neben klassischen Sehenswürdigkeiten und Parks bietet Pforzheim eine Vielzahl an thematischen Spaziergängen. Besonders reizvoll ist die Dillweißenstein-Tour entlang der Enz, bei der Besucher historische Bauten, Uferlandschaften und kleine Brücken entdecken. Die Route lässt sich mit einer App navigieren und dauert rund zwei Stunden – perfekt für einen Vormittag.
Ebenfalls beliebt: die Enz-River-Trails, etwa ab dem Kupferhammer. Hier erlebt man Pforzheim von einer ruhigen, fast ländlichen Seite. Gerade im Sommer bieten die Wege entlang des Flusses kühlen Schatten und immer wieder unerwartete Ausblicke auf die Stadtlandschaft.
Kulinarisches Pforzheim: Interkulturell, regional und überraschend
Pforzheim ist ein Spiegelbild seiner Bewohner – international, vielfältig, weltoffen. Das zeigt sich besonders in der Gastronomie. Beim interkulturellen Stadtspaziergang „Pforzheim integriert“ können Besucher nicht nur multikulturelle Küchen entdecken, sondern auch Hintergrundgeschichten zu Migrantenbetrieben und kulinarischen Traditionen erfahren.
Ob afghanischer Safranreis, anatolisches Streetfood oder badische Klassiker wie „Saure Kutteln“ – Pforzheims kulinarische Szene ist spannender, als viele erwarten würden. Besonders am Samstag findet ein kulinarischer Rundgang statt, der auf vier Stationen verschiedene Küchenkulturen vereint.
Kritik und Gegenstimmen – ein realistisches Bild der Stadt
Trotz aller Highlights gibt es auch kritische Stimmen. Einige Besucher – vor allem in Online-Foren – monieren die „monotone Nachkriegsarchitektur“ oder die vielen Baustellen in der Innenstadt. Tatsächlich ist Pforzheim nach der fast vollständigen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg schnell und funktional wiederaufgebaut worden, was dem Stadtbild bis heute anzusehen ist.
Doch gerade hinter dieser funktionalen Fassade verbergen sich viele Entdeckungen. Wer bereit ist, die zweite Reihe zu erkunden, wird mit Kunst, Kultur und Natur reich belohnt. Oder, wie es ein Einheimischer formulierte: „Pforzheim zeigt dir nichts auf den ersten Blick. Du musst schauen, zuhören – und dann findest du alles, was du brauchst.“
Tabellarischer Überblick: Angebote am Wochenende
Angebot | Öffnungszeiten | Eintritt |
---|---|---|
Gasometer „Amazonien“ | Täglich 10–18 Uhr | 10–13 € (Erw.), Kinder frei |
Wildpark Pforzheim | Täglich, ganztags | Kostenfrei |
Schmuckmuseum | 10–17 Uhr (Mo. geschlossen) | 8 € (erm. 4 €) |
Alpengarten | 10–18 Uhr | 3 € |
Stadtspaziergang „Pforzheim integriert“ | Sa. ab 11 Uhr | 10 € inkl. Verköstigung |
Fazit: Pforzheim lohnt sich – gerade an einem langen Wochenende
Das verlängerte Juni-Wochenende bietet beste Voraussetzungen, um Pforzheim neu oder erstmals zu erleben. Ob Kunst und Geschichte, Natur und Tiere oder Kulinarik und Stadtspaziergänge – die „Goldstadt“ hat mehr zu bieten als ihr Ruf vermuten lässt. Wer sich auf die Mischung aus Urbanität, Unerwartetem und Erholsamem einlässt, wird positiv überrascht sein.
Ein Wochenende reicht kaum aus, um alles zu entdecken. Doch es reicht, um Lust auf mehr zu bekommen.