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Giorgio Armani fehlt erstmals bei der Mailänder Fashion Week – ein symbolischer Wendepunkt

In Lifestyle
Juni 21, 2025

Zum ersten Mal in seiner jahrzehntelangen Karriere wird Giorgio Armani nicht persönlich an der Mailänder Fashion Week teilnehmen. Die Abwesenheit des 90-jährigen Modedesigners markiert nicht nur einen historischen Einschnitt, sondern wirft auch ein Licht auf den Wandel innerhalb der Modebranche. Gesundheitliche Gründe zwingen den Stilpionier dazu, sich zurückzuziehen – ein Ereignis, das von Modekennern, Branchenbeobachtern und der Öffentlichkeit mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt wird.

Armani bleibt der Fashion Week fern – gesundheitliche Gründe im Hintergrund

Giorgio Armani, geboren 1934, wird im Juli dieses Jahres 91 Jahre alt. Aufgrund eines kürzlichen Krankenhausaufenthaltes in Mailand hat er sich dazu entschieden, sich zur Erholung in sein Zuhause zurückzuziehen. Seine Entscheidung, nicht an der Mailänder Modewoche teilzunehmen, wurde offiziell bestätigt. Details zu Art und Schwere seiner Erkrankung wurden nicht veröffentlicht. Dennoch ließ das Modehaus verlauten, dass Armani weiterhin aktiv an der Entstehung der Kollektion mitarbeite und die Präsentationen aus der Ferne mitverfolge.

Diese Entscheidung hat weitreichende symbolische Bedeutung. Noch nie zuvor in seiner Karriere hatte Armani eine seiner eigenen Shows bei der Mailänder Fashion Week ausgelassen. Der Designer, der für seine Disziplin und seine persönliche Präsenz bekannt ist, wird schmerzlich vermisst. Sein traditioneller Auftritt am Ende der Show, bei dem er sich dem Publikum zeigt, entfällt in diesem Jahr zum ersten Mal.

Leo Dell’Orco übernimmt – Kontinuität im Hause Armani

Das Finale der Armani-Show wird in diesem Jahr von Leo Dell’Orco, dem langjährigen Leiter des Herrenkollektion-Designs, übernommen. Dell’Orco gilt als eine der wichtigsten kreativen Kräfte im Armani-Kosmos und ist seit Jahrzehnten enger Vertrauter des Gründers. Für viele in der Branche ist dieser Schritt ein erster öffentlicher Hinweis auf mögliche Nachfolgeregelungen, wenngleich offiziell keine Aussagen über eine zukünftige Führungsstruktur getroffen wurden.

Präsentation der Kollektionen Frühjahr/Sommer 2026

Die Milan Fashion Week Men’s umfasst in diesem Jahr unter anderem die Präsentation der Emporio Armani- und Giorgio Armani-Kollektionen für Frühjahr/Sommer 2026. Während Emporio Armani seine Laufstegshow bereits am Samstag zeigte, folgt die Hauptlinie Giorgio Armani traditionell am Montag. Die Kollektionen zeichnen sich durch klassische Schnitte, mediterrane Leichtigkeit und zurückhaltende Farbpaletten aus – ein Markenzeichen, das Armani über Jahrzehnte geprägt hat.

Ein Verlust mit kultureller Tragweite

Armani ist in Italien weit mehr als ein Modedesigner. Er ist kulturelle Instanz, wirtschaftlicher Akteur und ein international bekanntes Gesicht Mailands. In der französischen Tageszeitung Le Monde wurde er jüngst als „kulturelles Leitbild der Stadt“ bezeichnet. Seine Abwesenheit wird in diesem Jahr nicht nur als privater Rückzug, sondern als kulturelles Vakuum empfunden. Für viele ist dies ein stiller Abschied eines Giganten – auch wenn der offizielle Rücktritt noch nicht ausgesprochen ist.

Markt und Bedeutung: Italiens Herrmodemarkt im Wandel

Die Bedeutung der Mailänder Fashion Week als eines der vier globalen Zentren (neben Paris, London und New York) ist unbestritten. Der italienische Herrmodemarkt verzeichnet stabile Wachstumsprognosen. Für 2025 wird ein Umsatz von rund 2,4 Milliarden Euro erwartet. Die Zahlen zeigen, dass trotz geopolitischer Unsicherheiten, Produktionsverlagerungen und digitaler Umbrüche weiterhin großes Interesse und wirtschaftliche Relevanz bestehen.

JahrUmsatz Herrenmode Italien
20232,1 Mrd. €
20242,3 Mrd. €
2025 (Prognose)2,4 Mrd. €

Insbesondere im Premiumsegment setzen viele Kunden weiterhin auf bekannte Marken wie Armani, Zegna oder Prada. Jüngere Labels hingegen kämpfen zunehmend um Sichtbarkeit, nicht zuletzt durch hybride Präsentationsformate oder Kooperationen mit Digitalkünstlern.

Neue Formate, neue Regeln – die Fashion Week im Wandel

Die Fashion Week in Mailand erlebt seit einigen Jahren einen Strukturwandel. Neben klassischen Laufstegpräsentationen setzen immer mehr Marken auf digitale Formate, filmische Inszenierungen oder hybride Showkonzepte. Gucci beispielsweise verzichtete in der Vergangenheit phasenweise auf Präsenzshows. Auch bei Prada, Ferragamo oder Moschino ist eine zunehmende Öffnung für alternative Präsentationsformen zu beobachten.

Beispielhafte Entwicklungen 2025

  • Verstärkter Einsatz von AR- und VR-Erlebnissen
  • Live-Streams mit interaktiven Social-Media-Komponenten
  • Digitale Showrooms für internationale Einkäufer

Armani selbst gilt trotz seiner traditionellen Ästhetik als offen für neue Wege. Bereits in der Pandemiezeit präsentierte er Kollektionen per Videoübertragung. Auch die diesjährige Präsentation wird in Teilen als digitales Format für die internationale Presse verfügbar gemacht.

Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung als Zukunftsthema

Die Armani Group positioniert sich seit Jahren verstärkt im Bereich der Nachhaltigkeit. Der Verzicht auf Pelz und Angorawolle ist bereits Realität, ebenso wie der vermehrte Einsatz von recycelten Materialien. 2025 wurde bekannt, dass Armani eines der Hauptunternehmen ist, das das städtische Begrünungsprojekt „ForestaMI“ in Mailand unterstützt – eine Initiative, bei der bis 2030 rund drei Millionen Bäume gepflanzt werden sollen.

Die Nachhaltigkeitsstrategie umfasst unter anderem:

  • Transparente Lieferkettenkontrollen
  • Umweltfreundliche Stoffe und Farben
  • Teilnahme an der internationalen „Fashion Pact“-Initiative

Diese Ausrichtung macht Giorgio Armani nicht nur stilistisch, sondern auch unternehmerisch zu einer Leitfigur der italienischen Modewelt.

Branchenkritik: Vielfalt und Wandel bleiben Herausforderungen

Inmitten aller Trends und Innovationen bleibt die Kritik an mangelnder Diversität in der Modewelt bestehen. So zeigte eine Analyse der Mailänder Fashion Week Herbst/Winter 2025, dass weniger als 4 % der Models Konfektionsgrößen jenseits der klassischen Normen trugen. Auch Inklusion hinsichtlich Herkunft und Körperformen bleibt ein Thema, das von vielen Marken, auch von Armani, bislang eher zurückhaltend adressiert wird.

Dennoch eröffnen Armanis Abwesenheit und der dadurch freigewordene Raum Möglichkeiten zur Neujustierung. Jüngere Designer erhalten größere Sichtbarkeit, neue Ansätze in Präsentation und Design werden diskutiert, und die Branche beginnt, ihre eigenen Strukturen zu hinterfragen.

Ein stiller Wandel – aber kein Abschied

Giorgio Armani ist ein Mann der leisen Töne. So war es auch zu erwarten, dass sein Rückzug von der diesjährigen Mailänder Fashion Week ohne großes Aufsehen kommuniziert wurde. Und doch ist es ein Einschnitt. Sein Fehlen lässt sich nicht als bloßer logistischer Vorfall deuten – es ist ein Signal für einen Wandel, der die gesamte Branche betrifft.

„Ich verfolge jede einzelne Präsentation – auch wenn ich nicht persönlich anwesend bin. Die Mode ist mein Leben.“ – Giorgio Armani (2025)

Ob dies ein Vorbote für einen endgültigen Rückzug oder nur ein temporäres Pausieren ist, bleibt offen. Sicher ist: Die Mailänder Fashion Week 2025 wird in Erinnerung bleiben – als die erste ohne Giorgio Armani, aber auch als ein Wendepunkt für eine sich wandelnde Branche.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.