
Bayern – 2. Juni 2025, 13:30 Uhr
In der Nacht zum 2. Juni 2025 bietet sich ein seltenes Naturschauspiel am bayerischen Nachthimmel: Polarlichter könnten sichtbar sein – und das sogar in Gegenden, die sonst nie in den Genuss dieses farbenfrohen Phänomens kommen. Grund dafür ist ein außergewöhnlich starker geomagnetischer Sturm, der auf eine Reihe intensiver Sonnenaktivitäten zurückzuführen ist.
Was sind Polarlichter – und warum jetzt über Bayern?
Polarlichter, auch Nordlichter genannt (Aurora Borealis), entstehen durch das Aufeinandertreffen geladener Teilchen aus dem Sonnenwind mit den Molekülen in der Erdatmosphäre. Dabei werden die Gasmoleküle zum Leuchten angeregt – es entstehen grüne, rote oder violette Lichtschwaden am Himmel. Normalerweise sind diese Erscheinungen nur in polaren Breiten sichtbar. Doch bei besonders starker Sonnenaktivität können sie bis in mittlere Breiten vordringen – wie jetzt nach Bayern.
Grund für das aktuelle Ereignis ist ein sogenannter koronaler Massenauswurf (CME), der am 1. Juni 2025 die Erde erreicht hat. Dieser wurde durch einen M8.2-Sonnenflare ausgelöst – eine der höchsten Kategorien von Sonneneruptionen.
Aktuelle geomagnetische Lage: Sturm der Kategorie G4
Der geomagnetische Sturm, den der Sonnenflare verursacht hat, wurde als G4 klassifiziert – das ist die zweithöchste Stufe auf der NOAA-Skala. Diese Skala reicht von G1 (gering) bis G5 (extrem). Ein G4-Sturm bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit für Polarlichter in mittleren Breitengraden wie Bayern ist ungewöhnlich hoch.
Zwei wichtige Indikatoren sprechen zusätzlich für eine gute Sichtbarkeit:
- KP-Index: Mit einem Wert von 7 wird ein stark erhöhter geomagnetischer Zustand angezeigt, der Polarlichter auch südlich von Hamburg und Berlin ermöglicht.
- Bz-Wert: Der aktuell stark negative Bz-Wert zeigt an, dass das Erdmagnetfeld für den Sonnenwind sehr durchlässig ist – ein Schlüsselfaktor für sichtbare Polarlichter.
Wetterbedingungen als Unsicherheitsfaktor
Ein Haken an der ganzen Sache könnte das Wetter sein: In vielen Teilen Bayerns wird für die Nacht wechselhafte Witterung mit Wolken, Regen und teils sogar Gewittern vorhergesagt. Dennoch gibt es Hoffnung. In Regionen mit vereinzelten Auflockerungen oder Föhnlagen – etwa in höheren Lagen der Alpen oder im Bayerischen Wald – könnten Sichtungen möglich sein.
Wann und wo beobachten?
Die besten Chancen auf eine Sichtung bestehen in den späten Abendstunden bis etwa 2 Uhr morgens. Besonders gute Beobachtungsbedingungen bieten folgende Faktoren:
- Abgelegene Orte mit möglichst geringer Lichtverschmutzung
- Freie Sicht Richtung Norden
- Geringe Wolkenbedeckung
Empfohlene Orte zur Polarlichtbeobachtung in Bayern:
Ort | Region | Besonderheiten |
---|---|---|
Großer Arber | Bayerischer Wald | Hohe Lage, gute Fernsicht, kaum Lichtverschmutzung |
Ammergebirge | Allgäu | Föhnfenster möglich, abgeschiedene Berglagen |
Fränkische Schweiz | Oberfranken | Geringere Bewölkungswahrscheinlichkeit in Tallagen |
Technik-Tipps für Beobachtungen und Fotografen
Wer das Himmelsspektakel nicht nur sehen, sondern auch festhalten möchte, sollte auf folgendes achten:
- Kamera mit manuellem Modus (Spiegelreflex oder Systemkamera)
- Langzeitbelichtung (10–30 Sekunden)
- Stativ für verwacklungsfreie Aufnahmen
- Weitwinkelobjektiv mit niedriger Blendenzahl (z. B. f/2.8)
Auch moderne Smartphones mit Nachtmodus und Langzeitbelichtung können bereits eindrucksvolle Ergebnisse liefern – allerdings nur bei ausreichend starker Polarlichtaktivität.
Hintergrund: Sonnenzyklus 25 zeigt überdurchschnittliche Aktivität
Die Sonne durchläuft in einem etwa elfjährigen Rhythmus Phasen erhöhter und verringerter Aktivität – sogenannte Sonnenzyklen. Der aktuell laufende Sonnenzyklus 25 wurde zunächst als eher schwach prognostiziert. Doch er zeigt sich überraschend aktiv.
Schon 2023 und 2024 kam es vermehrt zu Sonnenstürmen und Nordlichtsichtungen in Mitteleuropa. Experten erwarten, dass die Sonnenaktivität bis ins Jahr 2026 weiter zunehmen wird – mit weiteren Chancen auf sichtbare Polarlichter auch in Deutschland.
Mögliche Auswirkungen starker geomagnetischer Stürme
Neben der optischen Faszination bergen geomagnetische Stürme auch Risiken. Besonders bei Stürmen ab G4 können folgende Effekte auftreten:
- Störungen bei GPS-Navigation und Satellitenkommunikation
- Stromnetze können durch induzierte Ströme beeinträchtigt werden
- Langstreckenflüge, besonders über polare Routen, werden gelegentlich umgeleitet
Im aktuellen Fall wurden bislang keine größeren Störungen gemeldet. Dennoch beobachten Raumfahrt- und Energiebehörden die Lage aufmerksam.
Internationale Perspektiven: Europa und Nordamerika ebenfalls betroffen
Auch in anderen Ländern Europas – etwa in Großbritannien, den Beneluxstaaten, Polen und Tschechien – besteht heute Nacht die Möglichkeit, Polarlichter zu sehen. In Skandinavien und Kanada sind besonders intensive Erscheinungen zu erwarten.
Einige internationale Wetter- und Weltraumbehörden haben bereits Warnungen veröffentlicht und die Bevölkerung zur Beobachtung animiert. In sozialen Medien kursieren bereits erste Bilder aus den USA, wo die Lichter im Bundesstaat Montana eindrucksvoll zu sehen waren.
Meinungen und gesellschaftliche Relevanz
Das zunehmende Auftreten von Polarlichtern in Mitteleuropa wird in der Fachwelt mit gemischten Gefühlen gesehen. Während Astronomen und Naturfreunde das Phänomen feiern, äußern sich einige Experten besorgt über die technischen Risiken.
Ein Weltraumphysiker kommentierte die Lage folgendermaßen:
„Wir stehen vor einer aktiven Phase der Sonne. So faszinierend die Nordlichter auch sind – wir dürfen nicht vergessen, dass die physikalischen Prozesse dahinter dieselben sind, die empfindliche Infrastrukturen gefährden können.“
Auf der anderen Seite nutzen viele das Ereignis als Chance, sich wieder mehr mit der Natur und den Himmelsphänomenen auseinanderzusetzen. Bildungseinrichtungen und Planetarien berichten über ein gesteigertes Interesse an Astronomieprogrammen.
Wie geht es weiter?
Laut Prognosen flacht die geomagnetische Aktivität nach der heutigen Nacht ab. Bereits am Morgen des 3. Juni soll sich der Sonnenwind wieder auf normale Werte einpendeln. Eine erneute Polarlichtchance ist in den kommenden Tagen nicht zu erwarten – zumindest nicht in Bayern.
Für die kommenden Wochen und Monate behalten Experten jedoch die Sonnenaktivität genau im Blick. Da Zyklus 25 seine Hochphase offenbar früher als erwartet erreicht, könnten ähnliche Himmelsereignisse noch häufiger auftreten.
Fazit
Der 2. Juni 2025 könnte für viele Himmelsbeobachter in Bayern zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Ein geomagnetischer Sturm der Kategorie G4 bietet eine einmalige Chance, Polarlichter auch fern der Polarregion zu sehen. Wer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist – und mit etwas Wetterglück –, kann Teil eines Naturereignisses werden, das in dieser Intensität nur selten auftritt.
Ob als Fotograf, Astronomie-Fan oder einfach neugieriger Beobachter: Der Blick in den Nachthimmel lohnt sich heute Nacht mehr denn je.