„Schaufenster der Werte“: Wie das Carl-Schöpf-Haus in Karlsruhe ein neues Kapitel beginnt

In Karlsruhe
August 13, 2025

KARLSRUHE – Mitten in der Karlsruher Innenstadt, am Marktplatz, verändert sich ein traditionsreiches Gebäude: Das Carl-Schöpf-Haus, über Jahrzehnte als Modehaus bekannt, trägt heute großflächig Worte wie „Hoffnung“, „Freude“ und „Teilen“ an seinen Fenstern. Hinter dieser symbolträchtigen Aktion steckt ein klarer Plan – und eine Botschaft, die weit über die Stadtgrenzen hinausreichen soll.

Ein traditionsreiches Haus im Wandel

Über ein Jahrhundert lang prägte das Modehaus Carl Schöpf das Stadtbild und war für viele Karlsruherinnen und Karlsruher erste Adresse, wenn es um hochwertige Kleidung und persönliche Beratung ging. Gegründet wurde das Geschäft im Jahr 1899. Das Gebäude selbst hat eine noch längere Geschichte: Es wurde 1808/09 nach Plänen des berühmten Architekten Friedrich Weinbrenner errichtet und gilt heute als denkmalgeschützt. Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde es zwischen 1949 und 1953 wiederaufgebaut. Die markanten Straßenfassaden und das charakteristische Dach sind Teil der städtischen Sachgesamtheit „Via Triumphalis“ und somit streng geschützt.

Als die letzte Inhaberin, Dr. Melitta Büchner-Schöpf, im Jahr 2021 verstarb, hinterließ sie das Haus testamentarisch dem Diakonischen Werk Karlsruhe. Damit begann ein neues Kapitel: Die Gründung der Büchner-Schöpf-Stiftung, die Erträge aus dem Haus dauerhaft für soziale und kirchliche Zwecke in Karlsruhe einsetzen soll.

Von der Mode zum „Schaufenster der Werte“

Seit Sommer 2025 hat sich das Erscheinungsbild des Gebäudes grundlegend gewandelt. Wo früher Schaufensterpuppen und festliche Kleidung zu sehen waren, hängen nun großformatige Plakate mit Begriffen wie „Hoffnung“, „Dankbarkeit“, „Freude“, „Wärme“, „Teilen“, „Zuhören“ und „Harmonie“. Diese Aktion trägt den Namen „Schaufenster der Werte“ und ist weit mehr als reine Dekoration.

Die Initiatoren – Evangelische Kirche Karlsruhe, Diakonisches Werk Karlsruhe, Evangelische Landeskirche in Baden sowie die Büchner-Schöpf-Stiftung – wollen mit dieser öffentlichkeitswirksamen Gestaltung christliche und gesellschaftlich wichtige Werte ins Bewusstsein rücken. „Wir möchten den Menschen zeigen, dass Werte nicht abstrakt sind, sondern im Alltag gelebt werden können – und müssen“, erklärte ein Vertreter der Diakonie im Rahmen der Vorstellung des Projekts.

Was bedeutet „Schaufenster der Werte“ im Carl-Schöpf-Haus?

Das Projekt ist eine kreative Zwischennutzung während der Umbauphase des Gebäudes. Es macht Werte sichtbar, die zugleich für konkrete Sozialprojekte stehen – vom Mittagstisch für Bedürftige über psychologische Beratungsangebote bis hin zu Familienzentren. Die Aktion ist bewusst niederschwellig angelegt, sodass Passantinnen und Passanten spontan in Berührung mit diesen Themen kommen.

Ziele: Sichtbarkeit, Engagement und Finanzierung sozialer Arbeit

Das „Schaufenster der Werte“ verfolgt gleich mehrere Ziele. Zum einen will es mitten in der Innenstadt für Themen wie Solidarität, Zuhören und Teilen sensibilisieren. Zum anderen soll es auch einen konkreten Nutzen bringen: Die spätere, kommerzielle Nutzung des Hauses – geplant ist eine Mischung aus Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen – wird Einnahmen generieren, die dauerhaft in die Arbeit der Büchner-Schöpf-Stiftung fließen. So wird das Gebäude zu einem langfristigen Motor für soziale Projekte in Karlsruhe.

Ein Blick auf aktuelle soziale Kennzahlen der Stadt verdeutlicht den Bedarf: Laut städtischem Bericht zur Kinderarmut 2024 gibt es in Karlsruhe weiterhin Familien, die trotz Erwerbstätigkeit auf Unterstützung angewiesen sind. Auch der Andrang bei Projekten wie der Vesperkirche, bei der 2024 fast 6.000 Vesperbeutel verteilt wurden, zeigt, dass niedrigschwellige Hilfsangebote dringend benötigt werden.

Welche Ziele verfolgt die Aktion „Schaufenster der Werte“?

Das erklärte Ziel ist, Werte erlebbar zu machen und Menschen zu motivieren, sich für eine solidarische Gesellschaft zu engagieren – sei es durch Spenden, ehrenamtliche Arbeit oder einfach durch ein offenes Ohr für andere. Die Aktion soll so zu einem Bindeglied zwischen Stadtgesellschaft und sozialem Engagement werden.

Zwischennutzung: Mehr als nur Überbrückung

Die kirchlich-diakonische Nutzung ist als Zwischennutzung für etwa eineinhalb Jahre geplant. In dieser Zeit bleibt das Gebäude ein Ort der Begegnung, bevor ab voraussichtlich 2027 der reguläre Betrieb als Einkaufs- und Begegnungsstätte startet. Zwischennutzungen dieser Art sind in vielen Städten erfolgreich erprobt – sie verhindern Leerstand, beleben die Innenstadt und schaffen öffentliche Aufmerksamkeit für künftige Hauptnutzungen.

Bereits vor der „Werte“-Aktion gab es im Carl-Schöpf-Haus kleinere temporäre Formate: So organisierte die Diakonie 2023 einen Raritäten-Flohmarkt im Gebäude, um Menschen ins Haus zu holen und gleichzeitig Spenden zu generieren. Auch eine „Öffentliche Kleiderstange“ in Kooperation mit dem Stadtjugendausschuss und der Evangelischen Stadtkirche zeigte, wie partizipativ und gemeinschaftlich die Räume genutzt werden können.

Reaktionen aus der Stadt und im Netz

In sozialen Medien wie Facebook, Instagram und lokalen Foren finden sich zahlreiche Beiträge zum Projekt. Viele Nutzerinnen und Nutzer äußern Nostalgie über das Ende des Modehauses, das für seine Beratung und besondere Anlässe bekannt war. „Es war immer etwas Besonderes, dort einzukaufen – jetzt ist es schön zu sehen, dass das Haus weiterhin etwas Gutes für die Stadt tut“, schreibt eine Karlsruherin auf Instagram.

Auch in Diskussionsforen wird die Initiative überwiegend positiv aufgenommen. Nutzer auf Reddit loben die sinnvolle Nutzung während der Bauphase, verweisen aber auch auf die emotionale Lücke, die das Ende des Modehauses hinterlassen hat. Diese Mischung aus Wehmut und Zustimmung prägt den öffentlichen Diskurs rund um das „Schaufenster der Werte“.

Wer steckt hinter dem „Schaufenster der Werte“-Projekt in Karlsruhe?

Hinter der Aktion stehen vier starke Partner: Die Evangelische Kirche Karlsruhe, das Diakonische Werk Karlsruhe, die Evangelische Landeskirche in Baden und die Büchner-Schöpf-Stiftung. Letztere nutzt den Nachlass von Dr. Melitta Büchner-Schöpf gezielt für mildtätige und kirchliche Projekte in der Stadt.

Das denkmalgeschützte Erbe als Herausforderung

Die Sanierung und Umgestaltung des Carl-Schöpf-Hauses ist nicht nur eine Frage des Bauens, sondern auch des Denkmalschutzes. Die markanten Fassaden und das historische Dach sind geschützt und geben strenge Rahmenbedingungen vor. Das bedeutet, dass gestalterische Maßnahmen, wie etwa die Anbringung der großflächigen Werte-Plakate, mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden müssen. Gleichzeitig bietet diese Lage im Herzen der „Via Triumphalis“ eine einzigartige Bühne für die Botschaft des Projekts.

Was soll nach dem Umbau im Carl-Schöpf-Haus passieren?

Die Pläne sehen vor, dass ab 2027 ein Nutzungsmix aus Handel, Gastronomie und Dienstleistungen einzieht. Damit soll nicht nur ein neuer Anziehungspunkt in der Innenstadt geschaffen, sondern auch eine dauerhafte Finanzierungsquelle für soziale Arbeit in Karlsruhe etabliert werden.

Gesellschaftliche Relevanz und Wirkung

Projekte wie das „Schaufenster der Werte“ entfalten ihre Wirkung auf mehreren Ebenen: Sie schaffen Bewusstsein, sie bieten konkrete Unterstützung und sie regen zur Beteiligung an. In Karlsruhe passt die Initiative in eine größere Entwicklung, bei der soziale Themen zunehmend auch im Stadtraum sichtbar gemacht werden – sei es durch Kunstaktionen, temporäre Installationen oder öffentliche Veranstaltungen.

Besonders in einer Zeit, in der viele Innenstädte mit Leerstand, Frequenzrückgang und veränderten Konsumgewohnheiten zu kämpfen haben, ist die Verbindung aus Stadtentwicklung und sozialem Engagement ein starkes Signal. Das Carl-Schöpf-Haus wird so zum Vorreiter für eine neue Art von Innenstadtbelebung.

Wie lange bleibt das Haus als „Schaufenster der Werte“ sichtbar?

Geplant ist eine Dauer von rund eineinhalb Jahren. In dieser Zeit werden die Fenster nicht nur statisch gestaltet, sondern durch begleitende Aktionen, Veranstaltungen und möglicherweise interaktive Elemente ergänzt. Ziel ist, dass die Werte nicht nur gelesen, sondern erlebt werden.

Ausblick: Vom Symbol zum gelebten Ort

Das „Schaufenster der Werte“ ist erst der Anfang. Schon jetzt arbeiten die Projektbeteiligten daran, das Haus in den kommenden Jahren zu einem lebendigen Treffpunkt zu machen. Dabei sollen kommerzielle und gemeinnützige Nutzung in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, um sowohl wirtschaftliche Tragfähigkeit als auch sozialen Mehrwert zu sichern.

Wofür wird die Büchner-Schöpf-Stiftung eingesetzt?

Die Stiftung finanziert vielfältige Projekte in Bereichen wie Alten- und Jugendhilfe, Gesundheitswesen, Bildung und kirchliche Arbeit. Mit den Mieteinnahmen aus der künftigen Nutzung des Hauses soll dieses Engagement langfristig abgesichert werden.

Ein Gebäude, das Geschichte und Zukunft verbindet

Vom traditionsreichen Modehaus zum Symbol für Werte und Engagement – das Carl-Schöpf-Haus hat eine bemerkenswerte Transformation begonnen. Die Kombination aus historischem Erbe, zentraler Lage und klarer sozialer Mission macht das Projekt zu einem der spannendsten Stadtentwicklungs- und Sozialprojekte in Karlsruhe. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie erfolgreich die Verbindung aus baulicher Sanierung, wirtschaftlicher Nutzung und gesellschaftlicher Verantwortung sein kann. Doch schon jetzt ist klar: Das „Schaufenster der Werte“ sendet eine Botschaft, die in Karlsruhe und darüber hinaus gehört wird.

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Redaktion / Published posts: 2007

Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.