
Ein Ort der Begegnung in einer Stadt der Vielfalt
Pforzheim zählt zu den buntesten Städten Deutschlands: Über 60 % der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund, bei den unter 25-Jährigen liegt der Anteil noch deutlich höher. In dieser gesellschaftlichen Realität fungiert das Kommunale Kino Pforzheim nicht nur als kulturelle Institution, sondern als Treffpunkt, Bühne und Brücke zwischen den Kulturen.
Mit der Filmreihe „Die Mischung macht’s 2025“ knüpft das Kino an frühere Erfolge an. Im Juli werden an vier Sonntagen Dokumentarfilme mit lokalem Bezug gezeigt – eingebettet in Diskussionen mit Protagonist:innen, Filmschaffenden und Initiativen. Themen wie Bildung, Ehrenamt, Jugend und Selbstständigkeit stehen im Mittelpunkt. Doch die Reihe ist mehr als Kino: Sie ist ein Beitrag zur Integration und Verständigung in einer Stadt, in der kulturelle Vielfalt gelebter Alltag ist.
Vier Themen – vier Abende – viele Perspektiven
Die diesjährige Ausgabe der Filmreihe widmet sich vier thematischen Säulen, die zentrale Aspekte des Zusammenlebens in Pforzheim widerspiegeln:
Termin | Thema | Protagonist:innen |
---|---|---|
6. Juli | Selbstständigkeit | Maryam Souri & Andrea De Marco |
13. Juli | Bildung | Helin Aslan & Phi Ha Nguyen |
20. Juli | Jugend | Warvan Abboosh & Fatima Hasso |
27. Juli | Ehrenamt | Beate Wolf & Abu Özban |
Die Auswahl der Themen ist kein Zufall. Sie reflektiert gesellschaftliche Herausforderungen – aber auch Chancen. Die filmischen Porträts geben Einblick in Biografien von Menschen mit Migrationshintergrund, die in Pforzheim leben, arbeiten und sich engagieren. Ihre Geschichten zeigen, was Integration leisten kann – und wie vielschichtig der Begriff „Heimat“ sein kann.
Ein Kino mit Haltung
Das Kommunale Kino Pforzheim ist kein gewöhnliches Lichtspielhaus. Mit rund 300 Filmen pro Jahr, vielen in Originalsprache oder mit Untertiteln, hat es sich einen Namen als engagiertes Programmkino gemacht. Es zeigt nicht nur Filme – es kuratiert Debatten, lädt zum Mitdenken ein und bringt Menschen zusammen.
Träger ist die Stadtwerke Pforzheim gGmbH, die das Haus seit über 25 Jahren im Sinne kultureller Bildung betreibt. Kooperationen mit über 50 lokalen Partnern – von Migrantenvereinen über Kirchengemeinden bis zur Volkshochschule – zeugen von tiefem gesellschaftlichem Engagement. Die Filmreihe „Die Mischung macht’s“ ist dabei nur eines von vielen Projekten.
Langfristige Konzepte statt Eventpolitik
Das Kino verfolgt eine klare Linie: Es möchte Räume schaffen für Begegnung und Auseinandersetzung. Programme wie „Mit Film begegnen“ oder „KinderKinoMacher“ richten sich gezielt an Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Durch Filmproduktionen, Diskussionen und Workshops werden Medienkompetenz, Sprachförderung und Selbstbewusstsein gestärkt – und nicht zuletzt auch das Selbstbild einer vielfältigen Stadtgesellschaft gefördert.
„Der deutsche Film ist steril ausgeleuchtet, keine Atmosphäre, Schulbuchdeutsch – da bieten kleinere Kinos oft mutigere Konzepte.“
Das Publikum als Teil des Konzepts
Ein weiteres Merkmal des Pforzheimer Modells ist die aktive Einbindung der Zuschauenden. Die Filmabende der Reihe „Die Mischung macht’s“ sind bewusst dialogisch gestaltet: Nach dem Abspann ist vor der Diskussion. In moderierten Runden teilen die Protagonist:innen ihre Gedanken und beantworten Fragen. So entsteht Nähe – zwischen Leinwand und Publikum, zwischen Einheimischen und Zugezogenen, zwischen Erfahrung und Perspektive.
Social Media als Chance – mit Potenzial nach oben
Auf Instagram zeigt sich das Kommunale Kino modern und engagiert. Regelmäßige Posts, Storys und Reels informieren über neue Filme, Events und Workshops. Besonders junge Zielgruppen sollen so erreicht werden. Doch die Interaktion hält sich in Grenzen: Kommentare bleiben rar, der Dialog ist ausbaufähig. Hier liegt ungenutztes Potenzial, um die Filmreihe digital weiterzudenken – etwa durch Video-Statements, Q&As oder Community-Takeovers.
Mehr als Unterhaltung: Bildung und Teilhabe
Die kulturelle Arbeit des Kinos wirkt weit über den Kinosaal hinaus. Besonders Projekte wie „KinderKinoMacher“ zeigen das eindrucksvoll: Kinder mit Fluchterfahrung produzieren gemeinsam kurze Filme – vom Drehbuch bis zum Schnitt. Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern um Empowerment: Die Kinder erzählen ihre eigenen Geschichten, in ihrer Sprache, mit ihrer Sicht auf die Welt. Der Effekt: Selbstvertrauen, Sprachkompetenz – und Anerkennung.
Stimmen aus der Forschung
Studien zur Wirkung kultureller Teilhabe unterstreichen, wie wertvoll solche Projekte sind. Sie fördern soziales Lernen, stärken Resilienz und bauen Vorurteile ab. Gerade in Städten mit hohem Migrationsanteil sind solche Angebote zentral für ein funktionierendes Miteinander. Das Kino in Pforzheim beweist, dass dies nicht nur Theorie ist – sondern gelebte Praxis.
Pforzheim im Vergleich: Vorreiter mit Vorbildcharakter
In Baden-Württemberg gibt es zahlreiche interkulturelle Kulturinitiativen – doch Pforzheim sticht hervor. Hier ist Interkulturalität nicht Add-on, sondern Prinzip. Die Filmreihe ist eingebettet in eine langfristige Strategie, die auf Teilhabe, Bildung und Dialog setzt. Die Stadt fördert dies gezielt: Über Städtepartnerschaften, ein engagiertes Kulturamt und die Unterstützung freier Träger.
Auch der Jugendgemeinderat Pforzheim setzt Akzente – mit Fokus auf Nachhaltigkeit, digitale Teilhabe und Eigenverantwortung. Es wäre denkbar, künftige Filmreihen noch stärker mit jugendlichen Stimmen zu gestalten: durch eigene Beiträge, Votings, Themenvorschläge oder Workshops.
Ausblick: Wie geht es weiter?
Die Reihe „Die Mischung macht’s 2025“ ist auf vier Abende begrenzt – doch ihre Wirkung wird darüber hinausreichen. Sie steht exemplarisch für eine Kulturarbeit, die zuhört, einbezieht und stärkt. Die Herausforderungen einer pluralen Gesellschaft lassen sich nicht mit Patentrezepten lösen. Aber mit Dialog, Offenheit und kreativen Formaten – wie sie das Kommunale Kino Pforzheim seit Jahren praktiziert.
Wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken will, findet hier ein Modell, das Nachahmung verdient. Es zeigt: Integration ist keine Einbahnstraße – sie ist eine Einladung zur Begegnung. Und manchmal beginnt sie einfach mit einem Kinoticket.