Brisantes Testament Dresden: Neue Hinweise im Verfahren gegen mutmaßliche Killer-Witwe

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Dezember 08, 2025

Dresden, 08. Dezember 2025 Morgensonne fällt durch die hohen Fenster des Sitzungssaals, doch die Stimmung bleibt gedrückt. Seit Monaten ringt das Landgericht Dresden um Klarheit in einem Fall, der weit über den juristischen Rahmen hinaus Aufmerksamkeit erzeugt. Nun gewinnt ein Detail im Testament des getöteten Anwalts unerwartete Bedeutung – und stellt das bisherige Bild des Tathergangs in ein neues Licht.

Im Mittelpunkt steht die 53-jährige Ramona B., die gemeinsam mit dem 76-jährigen Hausmeister Claus T. angeklagt ist. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden vor, am 27. September 2024 den Dresdner Anwalt Peter B. absichtlich mit einem SUV überfahren und erneut überrollt zu haben. Der Verdacht: Mord aus Habgier. Doch das Testament, das jüngst im Prozessverlauf zur Sprache kam, stellt die Kernthese der Ermittler infrage. Statt eines umfassenden Vermögenszugriffs sollte der Witwe lediglich der gesetzliche Pflichtteil zufallen. Dies verändert das Bild, das bislang von einem klaren finanziellen Motiv geprägt war.

Testament wirft neue Fragen auf – Motivlage weniger eindeutig

Der Nebenkläger, vertreten durch Prof. Dr. Endrik Wilhelm, legte dar, dass der Verstorbene seine Ehefrau eben nicht als alleinige Erbin eingesetzt hatte. Dies widerspreche der Annahme, sie habe die Tat begangen, um ein Millionenvermögen zu erlangen. Für die Verteidigung eröffnet das einen argumentativen Spielraum. Ihr Anwalt Andrej Klein betont, die finanziellen Verhältnisse der Angeklagten seien stabil gewesen. Die Spur verlagert sich damit zunehmend in Richtung des Mitangeklagten.

Der Hausmeister Claus T. gerät durch mehrere Faktoren in den Blick: Eine drohende Klage wegen fehlerhafter Reparaturarbeiten, der Verlust seiner beruflichen Stellung sowie ein angespanntes Verhältnis zum späteren Opfer. Für die Verteidigung ergibt sich daraus ein mögliches alternierendes Tatmotiv, das unabhängig vom Pflichtteil der Witwe besteht.

Der Tathergang: Rekonstruktion eines tödlichen Morgens

Die Staatsanwaltschaft zeichnet ein klares Bild: Ramona B. soll ihren Mann beim Joggen gezielt mit einem silbernen Mercedes GLK erfasst haben. Die Ermittler gehen davon aus, dass der erste Zusammenstoß den Anwalt auf die Motorhaube schleuderte, bevor er erneut überrollt wurde. Er starb noch am Fundort am Kobitzscher Weg in Klipphausen.

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Indizien wie Spuren am Fahrzeug, das nach Auffassung der Ermittler von Claus T. bereitgestellt wurde, stützen die Anklage. Doch die Verteidigung bestreitet eine Beteiligung der Frau am Tatort. Sie verweist auf fehlende direkte Beweise und auf die Pflichtteilsregelung, die einen Mord aus finanziellen Motiven ihrer Ansicht nach unwahrscheinlicher macht.

Weitere Indizien belasten Angeklagte – digitale Spuren und Finanzströme

Die Debatte um das Testament ist nicht das einzige Momentum im Prozess. Weitere Details erhärten den Verdacht gegen die Witwe, ohne jedoch die zentrale Frage vollständig zu klären:

  • Vor der Tat recherchierte die Angeklagte im Internet nach Begriffen wie „tödliche Unfälle“ oder „welche Kopfverletzungen sind tödlich“. Ermittler werten dies als Indiz einer möglichen Planung.
  • Aus der Untersuchungshaft heraus soll über ihren Anwalt ein Geldbetrag von mehr als 117.000 Euro vom gepfändeten Konto der Angeklagten auf dessen Konto überwiesen worden sein. Die Nebenklage spricht von einem „ungeheuerlichen Vorgang“, der staatsanwaltschaftlich geprüft wird.
  • Auch Schriftstücke zu einem Immobiliengeschäft, die Ramona B. trotz Haft verfasst haben soll, beschäftigen die Ermittler.

Diese Faktoren zeichnen ein komplexes Bild aus finanziellen Interessen, persönlichen Spannungen und möglichen Vorbereitungen. Zugleich offenbaren sie die Fragilität der bisherigen Motivlage: Nichts ist eindeutig, alles scheint miteinander verwoben.

Ein Prozess voller Wendungen – Befangenheitsanträge und Verzögerungen

Der Prozessverlauf selbst ist turbulent. Bereits im Herbst stellte die Verteidigung des Mitangeklagten einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Vorgeworfen wird ihm eine fehlerhafte Leitung einer Zeugenvernehmung. Eine Entscheidung steht noch aus. Sollte das Gericht dem Antrag stattgeben, droht ein Neubeginn des gesamten Verfahrens – ein gravierender Schritt in einem ohnehin komplexen Mordprozess.

Angesichts dieser Konstellationen wird ein Urteil in diesem Jahr als unwahrscheinlich eingeschätzt. Zu viele Fragen sind ungeklärt, zu viele Beweise widersprüchlich.

Einblicke in Beziehungen, Motive und mögliche Hintergründe

Rückblicke auf das Privatleben des Ehepaars zeichnen ein Bild zunehmender Distanz. Berichten zufolge war die Ehe belastet, gemeinsame Urlaube scheiterten, und eine Trennung stand im Raum. Zeugenaussagen beschreiben Ramona B. als ehrgeizig und statusorientiert. Ein früherer Partner gab an, sie habe einst betont, „Prinzessin von Sachsen“ werden zu wollen. Solche Aussagen mögen wie Randnotizen erscheinen, doch im Gerichtssaal beeinflussen sie das Bild, das sich Richter und Schöffen von der Angeklagten machen.

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Die Nebenklage betont, die Tat sei von „kaltblütiger Gefühllosigkeit“ geprägt gewesen. Zudem steht der Antrag im Raum, die Angeklagte als erbunwürdig einzustufen. Sollte das Gericht dem folgen, verlöre sie selbst den Anspruch auf den Pflichtteil.

Erbfolge, Vermögenswerte und die Bedeutung des Testaments

Dass das Testament nur den Pflichtteil vorsieht, ist ein wesentlicher Aspekt der Verteidigung. Es relativiert den Vorwurf der Habgier und erschwert die Herleitung eines klaren wirtschaftlichen Tatmotivs. Zugleich stützt es die Argumentation, dass der Mitangeklagte in den Fokus rücken müsse – insbesondere im Hinblick auf bestehende Konflikte und beruflichen Druck.

Für das Gericht bedeutet dies, den Komplex aus Erbrecht, familiären Spannungen und möglichen wirtschaftlichen Interessen sorgfältig zu entwirren. Denn auch wenn der Pflichtteil nicht üppig ist, bleibt offen, ob andere finanzielle oder persönliche Motive eine Rolle spielten.

Ein Verfahren, das mehr offenlegt als Schuld und Unschuld

Der Mordprozess gegen die mutmaßliche Killer-Witwe zeigt exemplarisch, wie vielschichtig strafrechtliche Ermittlungen sein können. Hinter juristischen Begriffen stehen menschliche Geschichten – von Loyalität und Entfremdung, von Erwartungen und Druck, von Versagen und Verantwortung. Jedes Dokument, jedes digitale Fragment und jede Zeugenaussage fügt ein neues Mosaiksteinchen hinzu. Doch das Gesamtbild bleibt vorerst unscharf.

Wie das Gericht am Ende die Rolle des Testaments bewertet, ob es die Anklage entkräftet oder lediglich nuanciert, wird entscheidend für das Urteil sein. Sicher ist: Dieser Prozess wird weiter beschäftigen – nicht nur die Justiz, sondern auch eine Öffentlichkeit, die wissen möchte, wie aus einem Familienkonflikt ein tödliches Drama werden konnte.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.