6305 views 7 mins 0 comments

Aktuell: Großbrand im Gotthard-Strassentunnel legt den Verkehr lahm

In Aktuelles
Juni 06, 2025

Gotthard-Strassentunnel, Schweiz – 06. Juni 2025, 15:00 Uhr

Am frühen Freitagnachmittag kam es im Gotthard-Strassentunnel zu einem folgenschweren Fahrzeugbrand, der nicht nur zu einer kompletten Sperrung des wichtigen Nord-Süd-Verkehrsknotenpunkts führte, sondern auch weitreichende Diskussionen über die Sicherheit in Straßentunneln neu entfacht hat. Der Vorfall ereignete sich zum Auftakt des Pfingstwochenendes – einer der verkehrsreichsten Zeiten des Jahres – und hatte dementsprechend große Auswirkungen auf den Reiseverkehr.

Der Hergang: Fahrzeugbrand mitten im Tunnel

Gegen 13:00 Uhr geriet ein Fahrzeug im Gotthard-Strassentunnel in Brand. Die Kantonspolizei Uri bestätigte kurz darauf, dass das Feuer gelöscht sei. Die Ursache des Brandes ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht öffentlich bekanntgegeben worden. Der betroffene Abschnitt des Tunnels wurde umgehend vollständig gesperrt, was zu erheblichen Verkehrsbehinderungen in beide Richtungen führte. Die Evakuierung und die Räumung gestalteten sich als aufwendig, sodass die Sperrung noch über Stunden andauerte.

Verkehrschaos auf beiden Seiten des Tunnels

Die Sperrung des Gotthard-Strassentunnels führte zu kilometerlangen Staus. Auf der Nordseite staute sich der Verkehr auf etwa vier Kilometern zwischen Amsteg und Göschenen. Auf der Südseite wurden rund drei Kilometer Stau zwischen Quinto und Airolo gemeldet. Die Behörden wiesen Reisende an, die signalisierten Umleitungen über den Gotthardpass zu nutzen – ein Umweg, der mit zusätzlichen Zeitverlusten und steigender Belastung für die Ausweichrouten einherging.

Die Situation war besonders angespannt, da viele Reisende bereits auf dem Weg in den Süden waren, um das lange Pfingstwochenende zu nutzen. Schon in den frühen Morgenstunden war die A2, die direkt zum Tunnel führt, stark belastet. Bereits 2024 hatte sich der Pfingstverkehr auf bis zu 22 Kilometer gestaut – in diesem Jahr wurde zwar mit einer etwas geringeren Staulänge gerechnet, doch durch den Brand wurde das Verkehrsaufkommen zusätzlich verschärft.

Moderne Sicherheitssysteme im Einsatz

Nach dem verheerenden Brand im Gotthard-Strassentunnel im Jahr 2001, bei dem elf Menschen ums Leben kamen, wurden umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Diese beinhalten:

  • Thermografische Scanner zur Temperaturmessung vorbeifahrender Fahrzeuge
  • Automatisierte Brandmeldesysteme
  • Hochleistungs-Lüftungssysteme zur Rauchableitung
  • Fluchtwege und Notausgänge in regelmäßigen Abständen

Dank dieser Systeme konnte der aktuelle Brand schnell erkannt und lokalisiert werden. Die spezialisierte Schadenwehr Gotthard, eine Feuerwehrtruppe, die eigens für Tunnelvorfälle ausgebildet wurde, war innerhalb kürzester Zeit vor Ort. Zwischen 2007 und 2017 verzeichnete diese Einheit über 1000 Einsätze, darunter fast 300 Brände.

Elektrofahrzeuge als besondere Herausforderung

Ein zunehmend diskutiertes Thema im Zusammenhang mit Tunnelbränden ist das Risiko durch Elektrofahrzeuge, insbesondere schwere E-Lkw. Zwar wurde im aktuellen Fall noch nicht bestätigt, ob es sich beim brennenden Fahrzeug um ein E-Fahrzeug handelte, dennoch werfen Experten die Frage auf, ob Europas Tunnelinfrastruktur ausreichend auf solche Szenarien vorbereitet ist.

Brände in Elektrofahrzeugen – speziell mit Lithium-Ionen-Akkus – verlaufen deutlich anders als bei herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Sie sind schwieriger zu löschen, entwickeln höhere Temperaturen und gefährlichere Gase. Diese Brände können deutlich länger andauern und erschweren die Arbeit der Rettungskräfte erheblich. Einige Fachleute warnen bereits: Sollte ein brennender E-Lkw in einem Tunnel wie dem Gotthard Feuer fangen, könnte dieser für mehrere Tage oder gar Wochen unbenutzbar werden.

“Die bisherigen Brandschutzsysteme müssen dringend an neue Technologien wie Elektromobilität angepasst werden – sowohl technisch als auch taktisch.” – Kommentar eines Schweizer Sicherheitsexperten

Tunnelbrände sind keine Seltenheit

Laut der International Fire Academy wurden zwischen 2012 und 2023 in der DACH-Region insgesamt 439 Tunnelbrände registriert. Etwa 75 % davon ereigneten sich in Straßentunneln. Diese Zahlen unterstreichen, dass trotz aller Sicherheitsmaßnahmen Tunnelbrände nach wie vor ein relevantes Risiko darstellen.

Statistische Übersicht: Tunnelbrände DACH (2012–2023)

LandAnzahl TunnelbrändeTyp
Deutschland215v. a. Straßentunnel
Österreich121gemischt
Schweiz103v. a. Straßentunnel

Gotthard: Symbolischer Ort mit bewegter Geschichte

Der Gotthard-Strassentunnel ist mehr als nur ein Verkehrsbauwerk. Er gilt als eines der wichtigsten Infrastrukturelemente für den alpenquerenden Transitverkehr in Europa. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1980 passieren jährlich rund sechs Millionen Fahrzeuge die Röhre. Der Tunnel ist 16,9 Kilometer lang und verbindet die Kantone Uri und Tessin. Die Bedeutung des Tunnels wurde insbesondere nach der Tragödie von 2001 öffentlich bewusst – seither gilt der Gotthard als Vorreiter in Sachen Tunnelsicherheit.

Ein Blick in die Zukunft: Zweite Tunnelröhre in Planung

Zur weiteren Entlastung und Sicherheit des Verkehrs wird derzeit eine zweite Röhre des Gotthard-Strassentunnels gebaut. Der Durchstich ist für 2027 geplant, mit einer Inbetriebnahme im Jahr 2030. Ziel ist jedoch nicht eine Kapazitätserweiterung: Gemäß Artikel 84 der Schweizer Bundesverfassung ist eine Erhöhung der Transitkapazität im Alpengebiet verboten. Die zweite Röhre dient ausschließlich der Sicherheit – im Regelbetrieb wird künftig immer nur eine Röhre befahren, während die andere gewartet wird.

Fazit: Ein Zwischenfall mit Nachwirkungen

Der Fahrzeugbrand im Gotthard-Strassentunnel war nicht nur ein logistischer Stresstest für Behörden und Autofahrer, sondern auch ein technischer Weckruf. Die schnellen Reaktionen der Rettungskräfte, die hohe Qualität der Sicherheitsmaßnahmen und die eingespielten Notfallpläne haben Schlimmeres verhindert. Dennoch zeigt sich, dass mit dem Wandel der Fahrzeugtechnologien neue Herausforderungen entstehen, die auf infrastruktureller, organisatorischer und gesetzlicher Ebene bewältigt werden müssen.

In den kommenden Tagen bleibt abzuwarten, welche Lehren aus diesem Vorfall gezogen werden – sei es im Hinblick auf Brandursachenermittlung, Elektromobilität oder Verkehrsführung. Der Gotthard bleibt im Fokus – als Nadelöhr, als Symbol, als Testfall für die Sicherheit moderner Infrastruktur.

Avatar
Redaktion / Published posts: 1765

Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.