
Rüsselsheim – Eine massive Rückrufaktion erschüttert derzeit die Fahrzeugwelt: Zahlreiche Modelle von Opel, Peugeot, Citroën, DS Automobiles und Fiat müssen zurück in die Werkstätten. Grund ist ein gefährlicher Verschleiß an der Steuerkette, der im schlimmsten Fall zum Motorschaden führen kann. Verbraucher sollten schnell handeln – denn es winken kostenfreie Reparaturen und eine verlängerte Garantie.
Der Hintergrund: Steuerkette als Schwachstelle im 1.5 BlueHDi-Diesel
Im Zentrum des Rückrufs steht der weit verbreitete 1,5-Liter-Dieselmotor mit BlueHDi-Technologie, der konzernweit in zahlreichen Modellen von Stellantis verbaut wurde. Zwischen Oktober 2017 und Januar 2023 wurden allein in Deutschland rund 141.700 Fahrzeuge mit genau diesem Motortyp zugelassen. Weltweit sind es deutlich mehr.
Die zentrale Schwachstelle: eine zu schmale Steuerkette mit einer Breite von nur 7 Millimetern. Diese Kette ist für die synchrone Bewegung von Kurbel- und Nockenwelle verantwortlich – ein Verschleiß oder gar Riss kann fatale Folgen haben. Erste Rückmeldungen aus Werkstätten und Nutzerkreisen hatten bereits seit Monaten darauf hingewiesen, dass es bei bestimmten Fahrzeugen zu untypischen Motorgeräuschen, Leistungsverlust oder gar Totalausfällen kam.
Was genau ist das Problem?
Die Steuerkette unterliegt bei jeder Fahrt enormen Belastungen. Besonders problematisch wird es, wenn zusätzliche Faktoren wie mangelhafte Ölqualität, lange Ölwechselintervalle oder thermische Belastungen hinzukommen. In diesem Fall kommt es zum beschleunigten Verschleiß – die Kette leiert aus, kann überspringen oder im schlimmsten Fall reißen. Dann droht ein kapitaler Motorschaden mit hohen Reparaturkosten.
Diese Marken und Modelle sind betroffen
Der Rückruf betrifft gleich mehrere Marken des Stellantis-Konzerns. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die am häufigsten betroffenen Modelle:
Marke | Betroffene Modelle |
---|---|
Opel | Astra, Grandland X, Vivaro |
Peugeot | 208, 2008, 308 (inkl. SW), 3008, 508, Rifter, Partner |
Citroën | C3, C4, C5 Aircross, Berlingo, Jumpy |
DS Automobiles | DS3 Crossback, DS4, DS7 Crossback |
Fiat | Doblo |
Woran erkennen Fahrer ein mögliches Problem?
- Klappernde oder rasselnde Motorgeräusche beim Start oder im Leerlauf
- Plötzlicher Leistungsverlust
- Fehlermeldungen im Cockpit
- Unruhiger Motorlauf
Experten empfehlen, bei Auftreten dieser Symptome sofort eine Werkstatt aufzusuchen – selbst wenn noch keine offizielle Rückrufbenachrichtigung vorliegt.
Die Maßnahmen von Stellantis: Kostenübernahme und verlängerte Garantie
Der Hersteller reagiert umfassend: Die Reparaturen, inklusive Steuerkettenaustausch und begleitender Maßnahmen wie Ölwechsel und Software-Updates, werden vollständig übernommen. Zusätzlich verspricht Stellantis eine verlängerte Motorgarantie von bis zu zehn Jahren oder 240.000 Kilometern – ein ungewöhnlich weitreichendes Entgegenkommen.
Was wird konkret bei der Rückrufmaßnahme gemacht?
- Analyse der Motorgeräusche mit einer Spezial-App
- Aufspielen eines Motorsteuerungs-Updates
- Tausch der Steuerkette inkl. Spannern, Dichtungen, ggf. Nockenwellen
- Verwendung eines speziellen Motoröls (Total Quartz Ineo RCP 5W-30)
Letzteres ist entscheidend: Nur wenn das von Stellantis empfohlene Öl mit spezieller Freigabe verwendet wird, gilt die Garantieverlängerung als gültig. Der Hintergrund: Das Öl ist besonders auf die Anforderungen der neuen Kettenkonstruktion abgestimmt und soll den Verschleiß minimieren.
Technische Hintergründe: Warum versagt die Steuerkette?
Verschiedene Faktoren führen zum beschleunigten Kettenverschleiß:
- Zu lange Ölwechselintervalle
- Verwendung von Öl ohne Herstellerfreigabe
- Kurzstreckenbetrieb mit häufigem Kaltstart
- Ruß- und Schmutzeintrag durch Abgasrückführung
Untersuchungen belegen: Bereits kleine Abweichungen bei Viskosität und Ölreinheit können die Lebensdauer der Kette drastisch verkürzen. Laut einer unabhängigen Studie beträgt der Verschleiß bei schlechten Ölen bis zum Zehnfachen des Normalwerts.
Umbau auf neue 8-mm-Kette: Nicht bei allen möglich
Eine wichtige technische Information kam aus Nutzerforen ans Licht: Ab etwa Mitte 2023 werden neue 1.5 BlueHDi-Motoren mit einer breiteren 8-mm-Kette ausgestattet. Diese Bauweise gilt als robuster und weniger störanfällig. Ein Nutzer fasste zusammen:
„Early 1.5 HDIs have a tendency to break timing chains. These have since been updated to a 8 mm chain instead of 7 mm which seems to have solved this issue.“
Ein Umbau ist jedoch nicht in jedem Fall möglich. Manche Motoren benötigen für die breitere Kette neue Kettenräder, Spanner oder sogar einen geänderten Zylinderkopfdeckel. In solchen Fällen bleibt es beim Austausch mit der verstärkten Version der 7-mm-Kette.
AdBlue-System: Weitere Schwachstelle entdeckt
Im Rahmen der Rückrufe wurden in Nutzerforen auch Probleme mit der AdBlue-Pumpe bekannt, insbesondere bei Fahrzeugen mit 1.5 BlueHDi. Hier kommt es vermehrt zu Ausfällen oder Fehlfunktionen, die mit hohen Werkstattkosten verbunden sein können. Auch in diesen Fällen gibt es vereinzelt Rückrufe, die jedoch nicht konzernweit kommuniziert wurden.
Wie erfahre ich, ob mein Fahrzeug betroffen ist?
Stellantis hat angekündigt, betroffene Halter ab Mitte Juli postalisch oder per E-Mail zu informieren. Zudem können Besitzer anhand der Fahrzeug-Identifikationsnummer (FIN) prüfen lassen, ob ihr Fahrzeug Teil der Rückrufaktion ist. Diese Prüfung kann in jeder autorisierten Werkstatt erfolgen oder über die jeweiligen Markenportale.
Welche Fristen gelten?
Rückwirkend werden auch Reparaturen anerkannt, die seit dem 1. Januar 2023 in Vertragswerkstätten durchgeführt wurden. Wichtig ist: Die Kulanzregelung läuft nach aktuellem Stand bis zum 30. Juni 2025. Danach könnte die freiwillige Kostenübernahme entfallen.
Verbrauchermeinungen und Vertrauenskrise
In sozialen Netzwerken äußern sich viele Fahrzeughalter enttäuscht über die Kommunikation des Konzerns. In einem Forum heißt es:
„Meine Kette ist schon drei Mal gewechselt worden – immer wieder Probleme. Ich würde den Motor niemandem empfehlen.“
Ein anderer Nutzer fragt:
„Warum wurde die Rückrufaktion nicht viel früher gestartet? Die Probleme sind doch seit Jahren bekannt.“
Auch Studien bestätigen: Wiederholte Rückrufaktionen senken das Vertrauen der Verbraucher. Laut einer Umfrage von J.D. Power gaben 40 % der Teilnehmer an, Rückrufmeldungen von Herstellern mit Skepsis zu begegnen.
Fazit: Jetzt handeln – und Vorteile sichern
Die aktuelle Rückrufaktion von Stellantis ist eine der umfassendsten der letzten Jahre und betrifft gleich mehrere beliebte Fahrzeugmarken. Wer einen Opel, Peugeot, Citroën, Fiat oder DS mit 1.5 BlueHDi-Diesel besitzt, sollte jetzt aktiv werden. Die Werkstätten bieten nicht nur kostenfreie Reparaturen an – es gibt auch eine verlängerte Garantie auf den Motor. Entscheidend ist jedoch die schnelle und korrekte Umsetzung, inklusive passendem Spezialöl.
Betroffene Halter sollten:
- Die FIN (Fahrzeugnummer) prüfen lassen
- Auf ein offizielles Rückrufschreiben achten
- Motorgeräusche und Leistungsverlust ernst nehmen
- Nur autorisierte Werkstätten aufsuchen
- Serviceheft vollständig führen – Kulanz hängt oft davon ab
Die gute Nachricht: Wer rechtzeitig reagiert, fährt auch künftig sorgenfrei – mit besserer Kette, längerem Garantieschutz und ohne Werkstattkosten.