
**Wie schnell können multiresistente Krankenhauskeime jetzt diagnostiziert werden?**
Dienstag, 6. Mai 2025,15:36 Uhr,jena –
In der modernen Medizin ist die schnelle und präzise Identifikation von Krankheitserregern entscheidend für die effektive Behandlung von Infektionen. Forscherinnen und Forscher weltweit haben in den letzten jahren innovative Methoden entwickelt, um diesen Prozess zu beschleunigen und zu verbessern.
Ein bemerkenswerter Fortschritt wurde am Leibniz-Institut für photonische Technologien (leibniz-IPHT) in Jena erzielt. Unter der Leitung von Professorin Ute Neugebauer und Professor Jürgen Popp entwickelte das Team ein lichtbasiertes Verfahren, das die Zeit von der Probennahme bis zum Ergebnis von bisher 72 auf dreieinhalb Stunden verkürzt. Dieses sogenannte Lab-on-a-Chip-system kombiniert Raman-spektroskopische Diagnostik mit mikrofluidischer Probenprozessierung und einem hohen Automatisierungsgrad. Für den Schnelltest genügen bereits wenige Tropfen einer Patientenprobe, beispielsweise Urin eines Patienten mit Blasenentzündung. Diese Methode ermöglicht eine frühzeitige Diagnose und reduziert das Risiko der Ausbildung von Resistenzen.
Parallel dazu hat eine Forschungsgruppe der Universität Münster unter der Leitung von Professor Frieder Schaumburg und Professor Julian Varghese eine KI-gestützte Methode zur Identifikation von Krankheitserregern entwickelt. Dieses Verfahren nutzt maschinelles Lernen, um mikroskopische Bilder von Blutproben zu analysieren und Erreger schnell zu identifizieren. Der Algorithmus wird mit Präparaten verschiedener erreger trainiert und kann anschließend neue Proben effizient auswerten. Ein Feldversuch in Afrika ist geplant, um die methode unter realen Bedingungen zu testen und insbesondere in Entwicklungsländern von Nutzen zu sein.
Am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (Fraunhofer IPM) wurde ein Verfahren entwickelt, das multiresistente Keime sehr schnell erkennen kann. Bereits ein einzelnes DNA-molekül genügt für den Erregernachweis. Dieses kompakte Gerät führt alle Reaktionsschritte automatisiert aus und liefert ein Ergebnis innerhalb einer Stunde. Es soll künftig in der Point-of-Care-Diagnostik auf Krankenstationen oder in Arztpraxen eingesetzt werden.
Ein weiteres innovatives Verfahren wurde am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (Fraunhofer IGB) entwickelt. Hierbei werden Bruchstücke der DNA von Erregern im Blut nachgewiesen und identifiziert. Bis zu 30 Millionen DNA-Bruchstücke einer Blutprobe werden analysiert, isoliert und im Hochdurchsatz sequenziert. Finden sich Fragmente nicht humanen Ursprungs, werden diese mit einer spezifisch entwickelten Datenbank abgeglichen, die die genome von bakterien, Viren, pilzen und anderen Erregern enthält. Zahlreiche klinische Studien belegen ein hoch zuverlässiges und präzises Verfahren, das dem medizinischen Fachpersonal valide Ergebnisse liefert.
An der Technischen Universität Dresden arbeiten Forschende an Nanoelektronik-Sensoren, die virale Erreger in der Umgebungsluft erkennen können. Diese Sensoren ermöglichen eine schnelle Diagnose direkt im Speichel der Betroffenen und könnten darüber hinaus die Umgebungsluft kontinuierlich überwachen. Sie könnten in Bussen, Zügen, Schulen oder Gesundheitseinrichtungen eingesetzt werden, sodass beim auftreten von Viren sofort reagiert werden kann.
Ein Team des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) hat einen neuen Ansatz für den schnellen und kostengünstigen Nachweis von Krankheitserregern entwickelt. Mit einem handlichen Testsystem,bestehend aus einem Transistor und 32 Testpads,können unterschiedliche Krankheitserreger in kürzester Zeit nachgewiesen werden. Dieses System könnte künftig beispielsweise den Verlauf von Immuntherapien bei Krebspatienten kontrollieren oder schon zu Beginn einer Viruserkrankung wie Grippe oder COVID die Stärke der Krankheit und deren Verlauf vorhersagen.
Diese Entwicklungen markieren einen bedeutenden Fortschritt in der medizinischen Diagnostik. Durch die Kombination von innovativen Technologien wie Photonik, Künstlicher Intelligenz, Nanoelektronik und Hochdurchsatz-Sequenzierung können Krankheitserreger schneller und präziser identifiziert werden. Dies ermöglicht eine frühzeitige und zielgerichtete Therapie, reduziert das Risiko der Ausbildung von Resistenzen und verbessert die Patientenversorgung weltweit.