Herzerwärmend: Sechs besondere Kaninchen suchen ein neues ruhiges Zuhause

In Regionales
August 16, 2025

Im städtischen Tierheim wartet derzeit eine außergewöhnliche Kaninchengruppe auf ein liebevolles Zuhause. Sechs Jungtiere mit einer seltenen Mischung aus Haus- und Wildkaninchen stellen die Tierschützer vor besondere Herausforderungen. Die Vermittlung gestaltet sich schwierig – und erzählt zugleich viel über den Zustand deutscher Tierheime.

Ein ungewöhnlicher Wurf mit wilder Geschichte

Was zunächst nach einem niedlichen Einzelfall klingt, wirft bei näherem Hinsehen Fragen über Tierhaltung, Tierheime und Verantwortung auf. Die Geschichte beginnt mit einem Schicksal, das leider kein Einzelfall ist: Ein zahmes Widderkaninchen wurde ausgesetzt – wahrscheinlich von Menschen, die sich seiner überdrüssig waren. In der freien Natur begegnete es einem Wildkaninchen. Das Ergebnis dieser ungewollten Liaison: sechs Jungtiere, geboren im April, die nun im Tierheim Braunschweig auf ein neues Zuhause warten.

Vier der kleinen Kaninchen sind weiblich, zwei männlich. Alle zeigen trotz ihres „wilden Erbes“ bereits gewisse Ansätze von Zutraulichkeit: Sie nehmen Futter aus der Hand und beobachten neugierig ihre Umgebung. Doch wer sich mit Kaninchen auskennt, erkennt schnell: Diese Tiere benötigen besondere Fürsorge, Ruhe und vor allem: Geduld.

Wilde Gene und zahme Erwartungen

Die Mischung aus Haus- und Wildkaninchen ist in mehrfacher Hinsicht herausfordernd. Während Hauskaninchen durch Jahrhunderte der Domestikation an den Menschen gewöhnt sind, tragen Wildkaninchen noch den evolutionären Instinkt zur Flucht in sich. Die Folge: Eine stark ausgeprägte Schreckhaftigkeit, die sich auch bei den sechs Braunschweiger Jungtieren zeigt. Laute Geräusche, schnelle Bewegungen oder Kinderlärm können Panik auslösen.

Dennoch zeigen Erfahrungsberichte aus Fachforen wie dem Kaninchenschutzforum, dass Wildmischlinge mit der richtigen Haltung und ausreichend Zeit durchaus zahm werden können. Ein Halter schreibt über seinen Wildmix: „Nach acht Monaten ist er fast wie ein normales Kaninchen – aber eben immer auf Habacht.“

Ein Zuhause mit Struktur und Raum

Damit sich die Tiere wohlfühlen, braucht es eine artgerechte Umgebung. Einzelhaltung ist dabei ausgeschlossen – Kaninchen sind hochsoziale Tiere. Mindestens zu zweit, besser aber in kleinen Gruppen, sollten sie leben. Dabei ist die Größe des Geheges ein zentraler Faktor: Außenbereiche von mindestens zwei bis drei Quadratmetern pro Tier, ergänzt durch Unterschlupf, Buddelmöglichkeiten und Rückzugsorte, sind Pflicht.

Einige erfahrene Halter empfehlen sogar, das Gehege in Zonen aufzuteilen, um es mehreren Tieren mit unterschiedlichem Temperament zu ermöglichen, sich aus dem Weg zu gehen. Ein Nutzer des Kaninchenforums berichtet: „Ich habe mein 50 qm-Außengehege in vier Bereiche unterteilt – so kann ich je nach Stimmung neu kombinieren.“

Tierheime unter Druck: Vermittlung ist mehr als Abgabe

Die Geschichte dieser sechs Kaninchen steht stellvertretend für ein größeres Problem: Deutschlands Tierheime sind überfüllt, unterfinanziert und stehen häufig vor emotionalen sowie logistischen Herausforderungen. Zwei von drei Einrichtungen arbeiten laut Tierschutzorganisationen an der Belastungsgrenze. Die Aufnahme von Mischlingen, Wildtieren oder Problemfällen stellt für viele Tierheime eine zusätzliche Herausforderung dar – insbesondere, wenn die Tiere länger bleiben.

„Wildmixe – Vermittlungsproblem!“, heißt es in einem Facebook-Post des Tierschutzhofs Hachmühlen. Dort wird erklärt, dass viele dieser Tiere länger im Heim bleiben, weil potenzielle Halter zögern: zu wild, zu scheu, zu kompliziert.

Auch im Braunschweiger Fall ist die Vermittlung ins Stocken geraten. Dabei wünschen sich die Tierpfleger nichts sehnlicher als ein ruhiges, stabiles Zuhause für die Sechs.

Adoption mit Verantwortung: Was Halter wissen müssen

Wer sich für ein Tier aus dem Tierheim entscheidet, trifft eine bewusste Entscheidung für Tierschutz – und übernimmt Verantwortung. Das gilt besonders bei Kaninchen, denn sie gelten oft noch immer fälschlicherweise als „einfaches Kindertier“.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um ein Kaninchen aus dem Tierheim zu adoptieren?

Interessenten sollten eine stabile Haltungssituation bieten können – kein Käfig, sondern ein großräumiges Gehege mit Beschäftigungsmöglichkeiten. Zudem wird auf die Gruppenzusammensetzung geachtet. Einzelhaltung ist nicht erlaubt, und Haushalte mit kleinen Kindern werden meist ausgeschlossen – zu hoch ist das Risiko, dass die Tiere durch Lärm oder hektische Bewegungen in Stress geraten.

Findet eine Vorkontrolle im neuen Zuhause statt?

Viele Tierheime, darunter auch das in Braunschweig, führen Vorkontrollen durch. Dabei wird geprüft, ob die geplante Haltung den Anforderungen entspricht. Auch eine Nachkontrolle kann erfolgen, um sicherzustellen, dass sich Tier und Mensch aneinander gewöhnt haben.

Wie hoch sind die Kosten bzw. die Schutzgebühr für die Kaninchenvermittlung?

Die Schutzgebühr für ein Kaninchen liegt in der Regel zwischen 15 und 30 Euro. Sie deckt Impfungen, Futterkosten und medizinische Versorgung anteilig ab und soll verhindern, dass Tiere unüberlegt „gesammelt“ oder weiterverkauft werden.

Sind Kaninchen aus dem Tierheim meistens zahm oder eher scheu?

Die Tiere im Tierheim haben unterschiedliche Biografien. Viele sind zunächst scheu – gerade Mischlinge mit Wildanteil wie in Braunschweig. Doch mit Geduld, langsamer Annäherung und positiver Verstärkung lernen sie, Menschen zu vertrauen. Die Pfleger berichten bereits jetzt davon, dass die sechs Jungtiere Futter aus der Hand nehmen – ein gutes Zeichen.

Wie läuft eine Vermittlung im Tierheim allgemein ab?

Nach einem ersten Kontakt – meist telefonisch oder per Mail – wird ein Kennenlerntermin vereinbart. Die Interessenten füllen einen Fragebogen aus, stellen ihre Haltungsbedingungen vor und bekommen im Gespräch Empfehlungen. Bei Übereinstimmung erfolgt die Vermittlung samt Schutzvertrag. Einige Tierheime bieten zudem Beratung für die ersten Wochen an.

Gesundheit und Pflege: Herausforderungen für Halter

Gerade bei jungen Tieren mit wildem Anteil ist eine korrekte Ernährung entscheidend. Tierärzte warnen vor Fertigmischungen oder Müslis – sie enthalten oft zu wenig Rohfaser und können zu Zahnfehlstellungen, Verdauungsproblemen oder gar tödlicher Kokzidiose führen.

Stattdessen gehören frisches Heu, Gemüse und Wasser zur Grundversorgung. Zusätzlich müssen die Zähne regelmäßig kontrolliert werden, da besonders bei Wildmischlingen die natürliche Abnutzung nicht immer gleichmäßig verläuft.

Auch die Kastration ist ein wichtiges Thema: Sie verhindert ungewollten Nachwuchs, reduziert Aggressionen und vereinfacht die Gruppenhaltung. Einige Tierfreunde in Foren berichten von Unsicherheiten bei der Adoption: „Bekommt man im Tierheim kastrierte Kaninchen oder macht man das selbst?“ Die Antwort: Meist erfolgt die Kastration bereits im Heim – andernfalls wird sie zur Bedingung für die Vermittlung gemacht.

Ein stiller Hilferuf aus dem Gehege

Die sechs kleinen Kaninchen im Tierheim Braunschweig brauchen ein Zuhause – nicht einfach irgendeines, sondern eines mit Geduld, Platz und Verständnis. Sie stehen exemplarisch für eine Tierheimsituation, die deutschlandweit schwieriger wird. Immer mehr Tiere mit komplexer Vorgeschichte landen in den Einrichtungen, während gleichzeitig Ressourcen und Vermittlungsmöglichkeiten sinken.

Doch jeder Einzelfall zählt. Wer sich auf das Abenteuer Kaninchen einlässt, findet nicht nur ein Haustier, sondern ein stilles Wesen, das mit jeder Woche ein wenig mehr Vertrauen schenkt. Wer Geduld hat, wird belohnt – mit kleinen Nasenstubsern, einem vorsichtigen Mampfen aus der Hand und dem Wissen, einem Tier wirklich geholfen zu haben.

Interessierte können sich direkt beim Tierheim Braunschweig melden – telefonisch oder per E-Mail. Auch auf den sozialen Medien informiert das Tierheim regelmäßig über aktuelle Vermittlungstiere, neue Entwicklungen und Hilfsaktionen.

Die Geschichte der sechs Wildmischlinge mag ungewöhnlich sein – aber vielleicht ist gerade das ihre Chance. Auf Menschen, die sie so nehmen, wie sie sind: mit großen Augen, wachem Blick – und einem kleinen Rest Wildheit im Herzen.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.