
Gundremmingen – Am Samstag, den 25. Oktober 2025, wird ein Stück deutscher Industriegeschichte zu Staub: Die beiden 160 Meter hohen Kühltürme des ehemaligen Kernkraftwerks Gundremmingen werden gesprengt. Tausende Schaulustige, Sicherheitskräfte und Ingenieure bereiten sich auf ein Ereignis vor, das nicht nur symbolisch für das Ende des Atomzeitalters in Bayern steht, sondern auch den Beginn einer neuen Ära der Energiezukunft markiert.
Ein Meilenstein des Rückbaus
Das Kernkraftwerk Gundremmingen war einst das leistungsstärkste Atomkraftwerk Deutschlands. Jahrzehntelang prägten seine beiden imposanten Kühltürme das Landschaftsbild im Landkreis Günzburg. Mit der geplanten Sprengung am 25. Oktober 2025 um exakt 12:00 Uhr fällt nun der Startschuss für den sichtbaren Rückbauprozess. Während Block B bereits 2017 vom Netz ging, folgte Block C am 31. Dezember 2021 – der letzte in Deutschland betriebene Siedewasserreaktor.
„Wir sprechen hier von einem hochpräzisen Eingriff in die Statik der Bauwerke“, erklärt Sprengingenieurin Ulrike Matthes von der Thüringer Sprenggesellschaft. Über 1.000 Bohrlöcher wurden vorbereitet, um die Türme in einer kontrollierten Abfolge zum Einsturz zu bringen. Der erste Turm soll um Punkt 12:00 Uhr fallen, der zweite rund 15 Sekunden später.
56.000 Tonnen Stahlbeton in Bewegung
Die schiere Masse der Türme verdeutlicht das Ausmaß der Aufgabe: Rund 56.000 Tonnen Stahlbeton werden bei der Sprengung zerstört und anschließend recycelt. Das Material soll – so der Betreiber RWE – größtenteils als Schotter oder Baustoff wiederverwendet werden. Damit wird die Sprengung nicht nur zum technischen, sondern auch zum nachhaltigen Projekt.
Ein Zeichen des Wandels: Vom Atom zur Batterie
Kaum sind die Trümmer beseitigt, soll an gleicher Stelle der Bau eines riesigen Batteriespeichers beginnen. Mit einer Kapazität von etwa 700 Megawattstunden wird er einer der größten Deutschlands sein und Strom aus erneuerbaren Energien zwischenspeichern. Der Standort wandelt sich damit von einem Symbol der Kernenergie zu einem Knotenpunkt moderner Energiewirtschaft.
Sicherheitsmaßnahmen und Sperrzone
Die Behörden bereiten sich seit Wochen auf den Sprengtag vor. Das Landratsamt Günzburg hat eine großflächige Sperrzone eingerichtet, die ab Freitagabend gilt. „Die Sicherheit steht an oberster Stelle“, betont ein Sprecher der Kreisverwaltung. Der Zugang zum Gelände ist streng reguliert, und es gibt keine offiziellen Zuschauerflächen. Dennoch werden Tausende Menschen erwartet, die das Ereignis aus der Ferne beobachten wollen.
Verkehrs- und Anwohnerregelungen
Mehrere Straßen, darunter die Staatsstraße 2025, werden vorübergehend gesperrt. Anwohner werden gebeten, Fenster geschlossen zu halten und Fahrzeuge aus dem unmittelbaren Umkreis zu entfernen. Die Polizei richtet Einbahnregelungen ein, um den erwarteten Besucherandrang zu lenken. Ein Livestream oder eine mediale Übertragung sind in Planung, um Interessierten das Ereignis sicher zugänglich zu machen.
Wie läuft die Sprengung der Kühltürme in Gundremmingen ab?
Die Thüringer Sprenggesellschaft nutzt eine erprobte Methode, bei der die Stabilität der Türme gezielt unterbrochen wird. In der unteren Schale werden V-förmige Schnitte angebracht, die das Gewicht umlenken. Nach der Zündung der Sprengladungen knicken die Türme nach innen ein – ein sogenannter „kontrollierter Kollaps“. Entgegen häufig geäußerter Meinungen handelt es sich nicht um eine „Implosion“, sondern um ein präzise berechnetes Umkippen auf kleiner Fläche.
Hintergrund: Deutschlands Weg aus der Atomenergie
Mit dem Abschalten des Blocks C in Gundremmingen endete 2021 das Kapitel der Siedewasserreaktoren in Deutschland. Der Standort produzierte seit 1984 rund 20 Milliarden Kilowattstunden Strom jährlich und trug erheblich zur bayerischen Energieversorgung bei. Der Atomausstieg, beschlossen nach der Katastrophe von Fukushima 2011, leitete den schrittweisen Rückbau aller Atomkraftwerke im Land ein.
Langfristiger Rückbau und Entsorgung
Der vollständige Rückbau des AKW Gundremmingen wird Jahrzehnte dauern. RWE rechnet mit Abschlussarbeiten bis in die 2030er oder 2040er Jahre. Neben der Dekontamination und dem Abbau der Gebäudestrukturen bleibt die Frage der Endlagerung radioaktiver Reststoffe eine Herausforderung. Eine aktuelle Studie über den „Nuclear Waste Fund KENFO“ weist darauf hin, dass es in Deutschland nach wie vor Unsicherheiten bei der langfristigen Finanzierung und Standortwahl für Endlager gibt. Prognosen gehen davon aus, dass ein Endlager frühestens ab 2046 verfügbar sein wird.
Technische Fakten im Überblick
| Aspekt | Details |
|---|---|
| Sprengdatum | 25. Oktober 2025 |
| Uhrzeit | 12:00 Uhr mittags |
| Höhe der Türme | 160 Meter |
| Sprenggesellschaft | Thüringer Sprenggesellschaft |
| Menge Beton | ca. 56.000 Tonnen |
| Abstand zwischen Türmen | ca. 15 Sekunden |
| Nachnutzung | Batteriespeicher (700 MWh Kapazität) |
Perspektiven aus der Region
In den sozialen Netzwerken wird die Sprengung intensiv diskutiert. Auf Facebook informieren lokale Behörden regelmäßig über Sperrzonen und Sicherheitsmaßnahmen. Viele Anwohner zeigen Wehmut, andere Erleichterung. „Diese Türme gehörten einfach dazu – sie waren ein Stück Heimat“, schreibt eine Nutzerin. Gleichzeitig äußern viele Verständnis für den Rückbau und sehen darin ein Zeichen des Fortschritts.
Emotionen und Erinnerungen
Das Kraftwerk war über Jahrzehnte ein prägendes Element der Region. Viele Einwohner verbinden persönliche Erinnerungen damit – von Arbeitsplätzen über Schulprojekte bis hin zu kontroversen Diskussionen über Atomenergie. Mit dem Abriss verschwinden nicht nur Bauwerke, sondern auch ein Stück Identität.
Was passiert nach der Sprengung?
RWE plant, das Gelände schrittweise neu zu nutzen. Neben dem Batteriespeicher könnten weitere Energieprojekte entstehen, darunter Photovoltaikanlagen. Auch eine mögliche Bildungs- oder Besucherplattform zum Thema „Energiewandel“ ist im Gespräch. Damit soll Gundremmingen zum Symbol für Transformation werden: vom größten Atomstandort zum Zentrum der Energiewende.
Häufige Fragen rund um die Sprengung
Wann genau werden die Kühltürme gesprengt?
Am Samstag, den 25. Oktober 2025, um Punkt 12:00 Uhr. Der erste Turm fällt zuerst, 15 Sekunden später folgt der zweite.
Wer führt die Sprengung durch?
Verantwortlich ist die Thüringer Sprenggesellschaft, die auf den Abriss großer Industrieanlagen spezialisiert ist. Sie arbeitete bereits an mehreren Projekten in Grafenrheinfeld und Philippsburg.
Welche Vorkehrungen gelten für Zuschauer?
Es gibt keine offiziellen Zuschauerplätze. Aufgrund der Sicherheitslage wird eine Sperrzone eingerichtet. Das Ereignis wird jedoch über Medien und voraussichtlich im Livestream begleitet.
Wie lange dauert der gesamte Rückbau?
Nach Angaben des Betreibers wird der Rückbau bis mindestens 2035, wahrscheinlich bis 2040 dauern. Der Prozess umfasst Dekontamination, Abbruch, Materialrecycling und Flächenfreigabe.
Technik, Staub und Präzision – was bei der Sprengung passiert
Der Fachaufsatz „Blast Demolition of Cooling Towers in Germany“ beschreibt ähnliche Verfahren. Entscheidend ist die Balance zwischen Energie, Schwerkraft und Stabilität. Durch die exakte Platzierung der Sprengladungen wird ein gleichmäßiger Fall sichergestellt. Staubwolken werden durch vorherige Befeuchtung der Umgebung reduziert, Messsysteme überwachen Erschütterungen in Echtzeit.
Die IAEA betont in ihren Richtlinien, dass Rückbauprojekte in Deutschland international als Vorbild gelten. Die Einhaltung höchster Sicherheitsstandards ist Bedingung – vom Sprengzeitpunkt bis zur Entsorgung des Materials.
Wie Deutschland vom Rückbau profitiert
Der Rückbau der Atomkraftwerke schafft neue Kompetenzen und Arbeitsplätze. Ingenieure, Chemiker, Strahlenschützer und Bauunternehmen sind in das komplexe Verfahren eingebunden. Die gewonnenen Erfahrungen fließen in internationale Projekte ein und stärken die Position deutscher Technologieunternehmen im globalen Energiesektor.
Von der Vergangenheit in die Zukunft: Ein Standort im Wandel
Die Sprengung der Kühltürme ist mehr als nur ein Abriss – sie ist ein Symbol für den Wandel. Was früher für die atomare Energieproduktion stand, wird nun zum Schauplatz der Energiewende. Mit dem Bau des Batteriespeichers zeigt RWE, wie ein ehemaliger Atomstandort in die Zukunft überführt werden kann – ein Paradebeispiel für nachhaltige Transformation.
Ausblick: Was der 25. Oktober 2025 bedeutet
Wenn am Mittag die beiden Türme fallen, endet ein Kapitel der deutschen Energiegeschichte. Für viele Menschen ist es ein Moment der Reflexion: über die Leistungen vergangener Jahrzehnte, aber auch über die Verantwortung der Gegenwart. Die Sprengung des AKW Gundremmingen steht sinnbildlich für den Weg Deutschlands hin zu einer neuen, sicheren und nachhaltigen Energiezukunft.
































