
Deutschland, 30. Mai 2025, 08:00 Uhr
Was für viele Männer ein fröhlicher Ausflugstag werden sollte, endete für einige tragisch. Der Herrentag 2025 in Deutschland fordert erneut mehrere Menschenleben und hinterlässt eine beunruhigende gesellschaftliche Bilanz. Trotz umfangreicher Präventionsmaßnahmen kam es bundesweit zu zahlreichen Unfällen, Gewaltdelikten und Polizeieinsätzen – in einigen Fällen mit tödlichem Ausgang.
Schwerpunkt Mecklenburg-Vorpommern: Drei Tote, dramatische Szenen
Besonders schwer traf es Mecklenburg-Vorpommern: Drei Menschen kamen am Herrentag ums Leben. Zwei Männer ertranken im Peenestrom bei Wolgast, ein weiterer Vorfall forderte ein drittes Opfer unter bisher nicht abschließend geklärten Umständen. Trotz hoher Polizeipräsenz und Aufklärungsarbeit waren Rettungsdienste rund um die Uhr im Einsatz. Die Einsatzkräfte beschrieben das Ausmaß der Vorfälle als „besorgniserregend“, da viele Unfälle in unmittelbarem Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch standen.
Unfall auf der A48 bei Koblenz: Drei Tote und sechs Verletzte
Ein weiterer tragischer Unfall ereignete sich auf der Autobahn A48 in Rheinland-Pfalz nahe Koblenz. In den frühen Morgenstunden verlor ein Kleinbus mit neun Insassen aus ungeklärter Ursache die Kontrolle. Das Fahrzeug überschlug sich, drei Personen – zwei Frauen und ein Mann im Alter zwischen 47 und 65 Jahren – verstarben noch an der Unfallstelle. Sechs weitere Insassen wurden verletzt, einige davon schwer. Die Ermittlungen zum genauen Unfallhergang dauern an. Erste Hinweise deuten auf Übermüdung und möglicherweise auch Alkohol als Mitursache hin.
Kutschunfall in Thüringen: Fünf Verletzte bei Vatertagsausflug
Im Kyffhäuserkreis in Thüringen wurde ein Vatertagsausflug mit einer Pferdekutsche zum Unglück. Aus bislang ungeklärten Gründen verlor der Kutscher die Kontrolle über das Gespann. Die Kutsche stürzte um, dabei wurden fünf Personen verletzt – eine davon schwer. Feuerwehr und Polizei sperrten die Unfallstelle, ein Großaufgebot an Rettungskräften versorgte die Verletzten. Der Vorfall sorgte auch deshalb für Aufsehen, weil viele Familien mit Kindern in der Nähe feierten.
Alkohol am Steuer: Schockierende Promillewerte
In Sachsen-Anhalt, genauer gesagt in Köthen, fiel ein stark alkoholisierter Autofahrer auf, der mit über 4,3 Promille und ohne gültige Fahrerlaubnis unterwegs war. Der Mann verursachte einen Verkehrsunfall mit hohem Sachschaden und wurde leicht verletzt. Die Polizei betonte in ihrer anschließenden Mitteilung, dass derart hohe Alkoholwerte im Straßenverkehr kein Einzelfall am Herrentag seien.
Alkoholbedingte Unfälle: Statistische Einordnung
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, wie sehr der Herrentag das Unfallgeschehen beeinflusst. Laut statistischer Auswertung wurden an Herrentagen in den letzten Jahren bis zu dreimal mehr alkoholbedingte Unfälle registriert als an durchschnittlichen Tagen:
Jahr | Alkoholbedingte Unfälle am Herrentag | Durchschnitt pro Tag |
---|---|---|
2023 | 273 | 91 |
2024 | 287 | 95 |
2025 (vorläufig) | 276 | 92 |
Besonders auffällig: Der Anteil der Radfahrer und E-Scooter-Nutzer unter den alkoholisierten Unfallverursachern wächst stetig.
Neue Risikogruppe: E-Scooter- und Fahrradfahrer
Der Trend hin zu alternativen Verkehrsmitteln macht sich auch in der Unfallstatistik bemerkbar. 2024 machten Radfahrer 43 Prozent aller alkoholisierten Unfallverursacher aus. Davon fuhren 33 Prozent mit normalen Fahrrädern, zehn Prozent mit Pedelecs. Acht Prozent der Beteiligten nutzten E-Scooter – ein seit wenigen Jahren stark wachsender Anteil.
“Viele unterschätzen, dass auch auf dem Fahrrad oder E-Scooter die gleichen Promillegrenzen gelten wie im Auto”, warnt ein Polizeisprecher in Berlin.
Dieser Entwicklung wird von Seiten der Behörden zunehmend mit Präventionsmaßnahmen begegnet, etwa durch Aufklärungskampagnen und mobile Alkoholkontrollen speziell für E-Scooter-Fahrer.
Regionale Unterschiede: Zwischen Eskalation und Besonnenheit
Während einige Bundesländer drastische Vorfälle meldeten, verlief der Herrentag in anderen Regionen vergleichsweise ruhig:
- Niedersachsen: In Goslar und Schaumburg feierten mehr als 2.100 Menschen weitgehend friedlich. Die Polizei meldete lediglich drei Leichtverletzte und einige kleinere Straftaten.
- Sachsen-Anhalt: Bis auf den erwähnten Vorfall in Köthen blieb der Feiertag dort ruhig.
- Thüringen: Neben dem Kutschunfall verzeichnete die Polizei 51 Körperverletzungen, 63 Ruhestörungen und 31 Alkoholdelikte im Verkehr.
In einigen Kommunen, etwa in Gifhorn, wurden präventiv Glasflaschenverbote ausgesprochen und der Konsum von Spirituosen an öffentlichen Plätzen untersagt. Die Polizei kündigte vorab konsequente Kontrollen und Sanktionen an, was offenbar vielerorts zur Deeskalation beitrug.
Hintergrund: Warum eskaliert der Herrentag immer wieder?
Der sogenannte Herrentag oder Männertag fällt in Deutschland auf Christi Himmelfahrt und gilt traditionell als Tag für Ausflüge in Männergruppen. Dabei wird nicht selten übermäßig Alkohol konsumiert – mit den bekannten Folgen. Viele Soziologen sehen im Herrentag ein Ventil für gesellschaftlichen Leistungsdruck und eine Form männlicher Identitätsstiftung. Kritiker argumentieren, dass sich überkommene Rollenbilder und riskantes Verhalten an diesem Tag verfestigen.
Ein satirischer Kommentar zum Herrentag 2025 brachte es ironisch auf den Punkt:
“Weil Männer am Muttertag keine Geschenke bekommen, ziehen sie am Vatertag betrunken durch die Landschaft.”
Die Diskussion um Sinn und Unsinn des Herrentags flammt nach solchen Eskalationen regelmäßig wieder auf – bleibt aber bislang ohne strukturelle Konsequenz. Eine Entkoppelung des Tages von alkoholgeprägten Feiern wäre laut Experten langfristig nur über Bildungsarbeit und gesellschaftlichen Wandel zu erreichen.
Polizeiliche Bilanz und Ausblick
Die Polizei zieht nach dem Herrentag 2025 eine durchwachsene Bilanz: Zwar blieben viele Veranstaltungen friedlich, doch zahlreiche schwere Unfälle und tragische Todesfälle zeigen erneut, wie gefährlich der Tag werden kann. In Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Thüringen standen Rettungskräfte unter Dauerbelastung. Gleichzeitig loben Behörden Regionen, in denen frühzeitig durch Verbote, Präsenz und Prävention gegengesteuert wurde.
Rückgang der Verkehrstoten in Sachsen-Anhalt
Ein Lichtblick: In Sachsen-Anhalt ging die Zahl der Verkehrstoten im ersten Quartal 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 57 Prozent zurück. Auch die Zahl der Schwer- und Leichtverletzten sank deutlich. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass intensive Präventionsarbeit Wirkung zeigt – auch am Herrentag.
Fazit: Herrentag als gesellschaftliche Herausforderung
Der Herrentag bleibt in Deutschland ein umstrittenes Ereignis. Die diesjährige Bilanz ist erschütternd: Drei Tote, zahlreiche Verletzte, überlastete Einsatzkräfte und erneut ein verstärktes Nachdenken über Sinn und Form dieses Feiertags. Während in einigen Regionen tragische Vorfälle dominierten, bewährten sich an anderen Orten klare Regeln und frühzeitige Sicherheitsmaßnahmen.
Eine nachhaltige Veränderung dürfte nur durch gesellschaftlichen Wandel, Bildungsinitiativen und politische Debatten erreicht werden. Bis dahin bleibt der Herrentag ein Tag mit hohem Risiko – für Einzelpersonen wie für die gesamte Gesellschaft.