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Hawaii führt Umweltabgabe für Touristen ein: Ein Modell für nachhaltigen Tourismus?

In Umwelt
Mai 30, 2025
Hawai Umweltgebühr

CCS, 30. Mai 2025, 14:00 Uhr

Hawaii wird als erster US-Bundesstaat eine umfassende Umweltabgabe für Touristen einführen. Ab dem 1. Januar 2026 tritt eine Gesetzesreform in Kraft, die unter dem Begriff „Green Fee“ firmiert. Mit dieser Maßnahme reagiert der Inselstaat auf die zunehmenden Herausforderungen des Klimawandels, den steigenden Druck auf die Umwelt durch den Massentourismus und die Forderungen der Bevölkerung nach nachhaltigen Lösungen.

Ein Überblick über die neue Umweltabgabe

Die Umweltabgabe in Hawaii setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen. Zum einen wird die bestehende Hotel- und Übernachtungssteuer (Transient Accommodations Tax) von bisher 10,25 Prozent auf 11 Prozent erhöht. Dazu kommen weitere lokale Zuschläge und die allgemeine Umsatzsteuer, wodurch die Gesamtabgaben für Touristenübernachtungen bis zu 18,712 Prozent erreichen können – ein Höchstwert in den Vereinigten Staaten. Zusätzlich wird eine neue Steuer auf Kreuzfahrtschiffe erhoben, die ab Juli 2026 greift: Eine 11-prozentige Abgabe auf die Rechnungen von Kreuzfahrten, anteilig berechnet nach der Dauer des Aufenthalts in hawaiianischen Häfen.

Was mit dem Geld passieren soll

Ziel der „Green Fee“ ist es, jährlich bis zu 100 Millionen US-Dollar für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen bereitzustellen. Die Regierung plant, diese Einnahmen zweckgebunden zu verwenden, unter anderem für:

  • die Wiederherstellung von Stränden, z. B. in Waikiki
  • das Entfernen invasiver Pflanzenarten, die Waldbrände begünstigen
  • die Installation sturmsicherer Infrastruktur an Wohngebäuden
  • den Aufbau eines Jugendprogramms für „Green Jobs“
  • die Wiederherstellung von Korallenriffen
  • den Küstenschutz und die Biodiversitätssicherung

Historische und klimatische Hintergründe

Die Einführung dieser Steuer ist nicht zuletzt eine Reaktion auf die Waldbrandkatastrophe von 2023, bei der im historischen Ort Lahaina 102 Menschen ums Leben kamen. Der Brand gilt als eine der schwersten Naturkatastrophen in der Geschichte Hawaiis. Die Regierung sieht darin ein Warnsignal, das zeigt, wie verwundbar das Ökosystem der Inselgruppe gegenüber klimabedingten Extremereignissen geworden ist.

Die Inseln stehen unter massivem Druck: Ansteigender Meeresspiegel, Erosion der Strände, abnehmende Biodiversität und sich ausbreitende invasive Pflanzenarten bedrohen nicht nur die Umwelt, sondern auch die Lebensgrundlage vieler Einwohner.

„Wir stehen am Scheideweg. Der Tourismus darf nicht länger auf Kosten unserer Umwelt wachsen“, sagte Gouverneur Josh Green anlässlich der Unterzeichnung des Gesetzes.

Tourismus: Fluch und Segen zugleich

Der Tourismus ist eine der tragenden Säulen der hawaiianischen Wirtschaft. Laut aktuellen Zahlen macht er rund 21 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Etwa 204.000 Menschen – mehr als jeder fünfte Beschäftigte – arbeiten direkt oder indirekt im Tourismussektor. 2017 kamen über 9,4 Millionen Besucher auf die Inseln und gaben über 16 Milliarden US-Dollar aus.

Diese wirtschaftliche Bedeutung birgt jedoch auch Risiken. Die hohe Besucherzahl belastet die Infrastruktur und Umwelt in erheblichem Maße. Studien zeigen:

UmweltfaktorTourismusanteil
Wasserverbrauch44,7 %
Energieverbrauch21,7 %
Abfallproduktion10,7 %

Die neuen Maßnahmen sollen helfen, diesen ökologischen Fußabdruck zu verringern – nicht durch Reduzierung des Tourismus selbst, sondern durch gezielte Ausgleichsmaßnahmen.

Kritik und Gegenstimmen

Trotz vieler positiver Stimmen gibt es auch Kritik. Einige Vertreter der Reisebranche befürchten, dass zusätzliche Kosten die Attraktivität Hawaiis als Reiseziel mindern könnten. Insbesondere angesichts der ohnehin hohen Lebenshaltungskosten auf den Inseln könnten Preiserhöhungen Touristen abschrecken oder zu einer Verlagerung auf weniger regulierte Destinationen führen.

Außerdem gibt es Zweifel an der effektiven Verwendung der Mittel. Kritiker fordern mehr Transparenz: Wer entscheidet über die Mittelvergabe? Wie wird die Wirksamkeit der Projekte gemessen? Und wie lässt sich verhindern, dass Gelder zweckentfremdet werden?

Einige erinnern dabei auch an frühere Projekte, etwa die Eintrittsgebühr in Hanauma Bay, die bereits in den 1990er Jahren eingeführt wurde. Dort flossen zwar Mittel in den Umweltschutz, doch der Erfolg war stark abhängig von der politischen Führung und der konsequenten Kontrolle der Geldflüsse.

Ein globaler Trend nimmt Form an

Hawaii ist mit diesem Schritt nicht allein. Immer mehr Länder versuchen, durch Tourismusabgaben die Umweltbelastung auszugleichen. Beispiele sind:

  • Bhutan: Tagesgebühr von 200 USD für Touristen
  • Neuseeland: Umweltabgabe auf internationale Besucher
  • Palau: „Pristine Paradise Fee“ für Ökologieprojekte
  • Japan und Spanien: Tourismusabgaben auf regionaler Ebene

Diese Maßnahmen verfolgen allesamt ein Ziel: Die Finanzierung ökologischer Schutzmaßnahmen durch diejenigen, die vom Naturerlebnis profitieren. Dabei geht es nicht nur um ökologische Gerechtigkeit, sondern auch um langfristige ökonomische Sicherung.

Einbindung der Kreuzfahrtbranche – ein Novum

Eine Besonderheit des hawaiianischen Modells ist die gezielte Einbindung von Kreuzfahrtschiffen. Diese galten bisher oft als „blinde Flecken“ in vielen Umweltabgabensystemen. Mit der neuen Regelung werden auch Passagiere solcher Schiffe stärker zur Verantwortung gezogen. Die Einführung einer 11-prozentigen Steuer, basierend auf der Dauer des Aufenthalts in hawaiianischen Häfen, könnte Vorbildwirkung für andere Destinationen entfalten, die ähnliche Probleme mit Kreuzfahrttourismus haben.

Neue Verwaltungsstruktur für Umweltschutz

Als strukturelle Maßnahme wird zudem eine neue Position geschaffen: ein staatlicher Brandinspektor, der die Koordination von Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Bränden zentralisiert. Damit wird auch der institutionelle Rahmen für eine effektive Umsetzung der Umweltstrategie gestärkt.

Langfristige Perspektiven: Eine Investition in die Zukunft?

Die „Green Fee“ ist ein komplexes Instrument mit ambitionierten Zielen. Der Erfolg wird davon abhängen, ob die Mittel tatsächlich dort ankommen, wo sie gebraucht werden – und ob der Tourismus in Hawaii künftig stärker mit ökologischen Leitplanken gestaltet wird.

Ein wichtiger Teil des Konzepts ist die Beteiligung der Jugend. Mit dem „Green Jobs Youth Corps“ soll eine neue Generation von Umweltschützern gefördert werden, die sich aktiv an Projekten zur Erhaltung und Wiederherstellung natürlicher Ressourcen beteiligt. Dies könnte nicht nur das Umweltbewusstsein stärken, sondern auch neue Beschäftigungsfelder schaffen – fernab der klassischen Tourismuswirtschaft.

„Diese Abgabe ist kein Strafgeld für Touristen, sondern ein Beitrag zur Bewahrung dessen, was sie an Hawaii lieben“, betonte ein Sprecher der Tourismusbehörde.

Fazit: Mehr als nur eine Steuer

Die Umweltabgabe für Touristen ist ein Meilenstein für Hawaii. Sie ist Ausdruck eines Paradigmenwechsels hin zu einem Tourismusmodell, das auf langfristige Nachhaltigkeit setzt. Dabei verbindet sie ökologische Verantwortung mit ökonomischer Weitsicht.

Ob Hawaii mit dieser Maßnahme zum Vorreiter für andere Regionen wird, hängt nun von der praktischen Umsetzung ab. Fest steht jedoch: Die Ära des bedingungslosen Massentourismus scheint sich dem Ende zuzuneigen – und Hawaii geht einen ersten großen Schritt in Richtung Zukunft.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.