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Spektakulärer Fund: Neuer Dinosaurier nahe Stuttgart entdeckt

In Allgemein
August 05, 2025

Stuttgart – Ein spektakulärer Fossilfund nahe der baden-württembergischen Landeshauptstadt sorgt derzeit weltweit für Aufsehen: Mit „Mirasaura grauvogeli“ wurde ein bislang unbekanntes Reptil aus der Triaszeit entdeckt, das mit einer fächerartigen Rückenstruktur neue Fragen zur Evolution aufwirft. Forschende sprechen von einer wissenschaftlichen Sensation, die unser Verständnis von Hautanhängseln und ihrer Entwicklung grundlegend erweitert.

Ein Blick in die ferne Vergangenheit

Vor etwa 247 Millionen Jahren, in der Epoche des Anisiums der Mitteltrias, lebte ein kleines Reptil in den damaligen Wäldern Mitteleuropas – lange bevor Dinosaurier über die Erde herrschten. Der Fund von Mirasaura grauvogeli, wie das Fossil später benannt wurde, ist nicht nur aufgrund seines Alters bemerkenswert, sondern vor allem wegen seiner einzigartigen Körperstruktur: einem auffällig aufgerichteten Rückenkamm, der bisher in dieser Form bei keinem anderen Tier bekannt war.

Die Entdeckung geht auf eine Fossiliensammlung des französischen Sammlers Louis Grauvogel zurück, die bereits 2019 in die Bestände des Naturkundemuseums Stuttgart aufgenommen wurde. Erst durch moderne Bildgebungsverfahren und interdisziplinäre Forschung konnten nun die Details freigelegt werden, die Mirasaura zu einem der faszinierendsten Urzeittiere der letzten Jahre machen.

Was ist Mirasaura grauvogeli – und was macht diesen Fund so besonders?

Mirasaura grauvogeli gehört zur Gruppe der Drepanosaurier – eine bizarre Reptilienlinie, die sich durch spezialisierte Anpassungen an das Leben in Bäumen auszeichnet. Das Tier war etwa 15 bis 30 Zentimeter lang, besaß einen vogelähnlichen Schädel, vorwärts gerichtete Augen, greiffähige Gliedmaßen sowie einen kräftigen Greifschwanz. Doch besonders ins Auge fällt ein starrer Rückenkamm, der sich über den gesamten Rücken des Tieres erstreckt.

Die Forscherinnen und Forscher stellten bei der Untersuchung fest, dass dieser Kamm aus etwa 16 fächerartigen, überlappenden Hautauswüchsen bestand – keine Federn im klassischen Sinn, aber auch keine Schuppen. Diese Hautstrukturen waren mit sogenannten Melanosomen versehen, also pigmenttragenden Zellorganellen, die auf eine farbige, möglicherweise auffällig gemusterte Oberfläche schließen lassen.

Eine völlig neue Form der Hautentwicklung

Anders als bei Federn oder Haaren handelt es sich bei den Strukturen um eine eigenständige Entwicklung. In der Evolutionsbiologie spricht man hierbei von konvergenter Evolution: verschiedene Tierarten entwickeln ähnliche Lösungen für vergleichbare Herausforderungen, ohne voneinander abzustammen.

„Mirasaura teaches us that a feather is only one of the many wondrous things that reptiles evolved to grow out of their skin“,

sagte der Evolutionsbiologe Richard Prum von der Yale University.

Der Fund sei ein „Wendepunkt für unser Verständnis darüber, wie oft Hautstrukturen im Laufe der Erdgeschichte entstanden sind“, ergänzte ein weiteres Forscherteam aus Grenoble. Das Tier selbst sei der Beweis dafür, dass die Fähigkeit zur Bildung ornamentaler Hautanhängsel nicht exklusiv bei Vögeln oder Dinosauriern zu finden sei.

Welche Funktion könnte der Rückenkamm gehabt haben?

Die starren Hautauswüchse auf dem Rücken von Mirasaura waren weder zur Thermoregulation geeignet, noch als Gleit- oder Flugapparat. Vielmehr geht man davon aus, dass sie der visuellen Kommunikation dienten – etwa zur Balz oder zur Abschreckung von Rivalen.

Auch der Aufbau der Struktur spricht für eine rein optische Funktion: Die Anhängsel waren nicht beweglich und bestanden aus einem zentralen, leicht gerippten Kern mit glatter Oberfläche. Pigmentanalysen zeigen eine Vielfalt an Melanosomen-Typen, die stark an jene moderner Vögel erinnern – ein Hinweis auf komplexe Farbmuster oder Signale.

Woraus bestand der auffällige Rückenkamm von Mirasaura?

Die fächerartigen Hautstrukturen bestanden nicht aus Keratin wie heutige Federn, sondern aus Hautgewebe mit speziellem Zellaufbau. Sie waren in ihrer Form einzigartig: schmal, flach, überlappend und mit einer mittigen Rinne. Im Gegensatz zu Vogel- oder Pterosaurierfedern zeigen sie keine Verzweigungen oder Kielen. Ihre Entstehung dürfte aus einer Kombination aus genetischer Prädisposition und selektivem Druck auf visuelle Kommunikation resultiert sein.

Technologie ermöglichte den Durchbruch

Der spektakuläre Befund wäre ohne moderne Bildgebung kaum möglich gewesen. Am Europäischen Synchrotron-Strahlenlabor ESRF in Grenoble wurde das Fossil mithilfe des neuen BM18-Strahlrohrs gescannt – einem Hochleistungsgerät, das mit beispielloser Auflösung selbst feinste Details sichtbar macht. Die Auswertung der Daten dauerte mehrere Monate und ermöglichte die Rekonstruktion der inneren Strukturen des Tieres, inklusive Schädel, Kiefer und Hautanhängsel.

Vergleich mit anderen urzeitlichen Reptilien

Besonders spannend ist der Bezug zu einem anderen, lange Zeit rätselhaften Fossil: Longisquama insignis aus Kirgistan. Auch dieser Urzeitbewohner zeigte auffällige Rückenkämme, deren Bedeutung bisher unklar war. Nun scheint es, als ob Longisquama und Mirasaura eng verwandt sind – beide könnten Teil der drepanosaurischen Linie sein. Damit fügt sich Longisquama erstmals plausibel in ein phylogenetisches System ein.

Wie eng ist die Verwandtschaft zwischen Mirasaura und Longisquama?

Die neuesten Analysen zeigen, dass beide Tiere zahlreiche Gemeinsamkeiten in Skelettstruktur und Hautanhängseln aufweisen. Dies lässt auf eine gemeinsame Abstammung schließen – ein bedeutender Fortschritt, da Longisquama jahrzehntelang als isoliertes, schwer einzuordnendes Fossil galt. Die Erkenntnisse zur Verwandtschaft bieten nun eine neue Basis für die Einordnung früher Reptilien und ihre Entwicklungsgeschichte.

Lebensraum, Größe und Verhalten

Mirasaura lebte in einem feuchten, waldreichen Flussdelta, das heute zur Grès-à-Voltzia-Formation im Elsass gehört. Die Region war nach dem Massenaussterben am Ende des Perms ein Rückzugsort für viele neue Lebensformen. Die Wälder boten ideale Bedingungen für baumbewohnende Tiere wie Mirasaura. Dank seiner Greifhände, langen Krallen und dem geschickten Schwanz war er perfekt für das Leben im Geäst angepasst.

Steckbrief: Mirasaura grauvogeli

EigenschaftDetails
ZeitalterMitteltrias (Anisium), ca. 247 Mio. Jahre
Länge15–30 cm
GruppeDrepanosaurier
LebensweiseBaumbewohnend, Insektenfresser
BesonderheitFächerartiger Rückenkamm mit Melanosomen

Was verraten die Melanosomen über die Färbung?

Melanosomen sind mikroskopisch kleine Strukturen, die Farbpigmente speichern. Bei Mirasaura weisen sie Formen und Größen auf, wie sie auch bei modernen Vögeln vorkommen – etwa stabförmige und runde Typen. Diese Konstellation lässt auf ein komplexes, farbiges Erscheinungsbild schließen. Vermutlich war der Rückenkamm mehrfarbig oder sogar metallisch schimmernd – ein Vorteil in der visuellen Kommunikation und Partnerwahl.

Forschung trifft Öffentlichkeit

Das Naturkundemuseum Stuttgart plant, das Originalfossil ab Oktober 2025 in einer Sonderausstellung mit dem Titel „Triassic Life – Aufbruch in die Zeit der Saurier“ zu zeigen. Schon jetzt wächst das mediale und öffentliche Interesse stark. Besonders auf Plattformen wie Instagram, Tumblr oder Reddit posten Paläofans eigene Illustrationen von Mirasaura – häufig bunt, streifig oder mit glitzernden Rückenstrukturen.

Stimmen aus der Wissenschaft

Steve Brusatte, einer der bekanntesten Paläontologen unserer Zeit, nannte den Fund schlicht „stunning and flabbergasting“. In der Fachwelt gilt Mirasaura bereits als neuer Meilenstein – vergleichbar mit der Entdeckung gefiederter Dinosaurier in China in den 1990er-Jahren.

Ein neuer Blick auf alte Fragen

Die Entdeckung von Mirasaura grauvogeli ist mehr als ein weiterer Fossilfund: Sie ist ein Fenster in eine Epoche der Evolution, in der die Natur völlig neue Körperformen und Funktionen ausprobierte. Die Kombination aus modernster Technik, akribischer Analyse und interdisziplinärer Zusammenarbeit hat gezeigt, dass unsere bisherigen Modelle von der Entstehung von Federn, Farben und ornamentalen Strukturen möglicherweise zu einseitig waren.

Mit Mirasaura öffnet sich ein neues Kapitel in der Evolutionsforschung – eines, das zeigt, wie kreativ und vielfältig die Natur schon in ihren frühesten Versuchen war. Was heute als exotisch erscheint, könnte einst zum Alltag im Geäst urzeitlicher Wälder gehört haben. Für die Wissenschaft, die Museen – und alle Dino-begeisterten Menschen – ist dieser Fund ein Glücksfall. Und ein Versprechen: Es gibt noch viele Rätsel in den Gesteinsschichten der Erde, die nur darauf warten, gelüftet zu werden.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.