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GNTM 2025: Das große Finale, zwei Gewinner und viele offene Fragen

In Lifestyle
Juni 20, 2025
GNTM

Zum 20-jährigen Jubiläum präsentierte sich „Germany’s Next Topmodel“ mit einer Staffel, die vieles anders machte – und doch Altbekanntes bewahrte. Mit der erstmaligen Krönung eines männlichen wie auch weiblichen Gewinners, aufwendigen Finalshows und emotionaler Inszenierung feierte sich das Format selbst. Doch neben dem Glamour sorgten alte und neue Kritikpunkte für Diskussionen. Wir blicken auf das Finale, die Gewinner, das veränderte Format – und auf das, was hinter der Bühne bleibt.

Moritz und Daniela gewinnen das GNTM-Finale 2025

Zum ersten Mal in der Geschichte der Sendung gibt es zwei gleichwertige Gewinner: Moritz Rüdiger (19) aus Berlin und Daniela Djokic (20) aus Ostfildern konnten sich in einem spannenden und teilweise umstrittenen Finale durchsetzen. Beide Models überzeugten mit Professionalität, Ausstrahlung und konstant guten Leistungen über die Wochen hinweg.

Der Sieg bringt ihnen nicht nur Prestige, sondern auch handfeste Vorteile: Neben 100.000 Euro Preisgeld winken ein Cover-Shooting mit der Harper’s Bazaar sowie eine exklusive Werbekampagne mit L’Oréal Paris. Gerade Daniela hatte sich mit Jobs für Zadig & Voltaire und Sports Illustrated bereits einen Namen gemacht, während Moritz als erstes männliches Gesicht in der Showgeschichte für ein Novum sorgte.

Weitere Finalplatzierungen im Überblick

Kategorie2. Platz3. Platz
MännerPierre (22, Wien)Jannik (22, Bad Segeberg)
FrauenMagdalena Milic (21, Wien)Zoe Rötzel (19, Pulheim)

Ein Finale der Superlative – mit Schattenseiten

Das große Live-Finale am 19. Juni 2025 in Köln wurde mit eindrucksvoller Showinszenierung gefeiert. Stargäste wie Naomi Campbell, Bruce Darnell, Leni Klum und Tokio Hotel verliehen dem Abend Glanz, während aufwendige Challenges wie ein Live-Unterwassershooting und ein „Stricktease“-Walk für Gesprächsstoff sorgten.

Doch trotz aller Bemühungen um Showhöhepunkte geriet das Finale auch in die Kritik. In sozialen Medien wurden Vorwürfe laut, bestimmte Favoritinnen seien systematisch benachteiligt worden. Die Entscheidungsfindung sei für viele Zuschauer „nicht nachvollziehbar“, wie es in einem vielgeteilten TikTok-Kommentar hieß.

Staffel 20: Ein Jubiläum mit Rekorden

Zum runden Jubiläum präsentierte GNTM eine Staffel, die von Beginn an anders war. Mit 51 Teilnehmer*innen wurde der bisher größte Cast der Showgeschichte zusammengestellt. Erstmals wurden Männer und Frauen getrennt gecastet und über Wochen hinweg parallel, jedoch voneinander unabhängig, gezeigt. Erst ab Folge 13 trafen beide Gruppen aufeinander – ein Format, das sowohl Spannung als auch Unübersichtlichkeit mit sich brachte.

Auch aus logistischer Sicht war es eine herausfordernde Staffel: Die Dreharbeiten in den USA wurden Anfang Januar durch schwere Waldbrände in Südkalifornien unterbrochen. Erst Wochen später konnten die Sets in Los Angeles wieder genutzt werden – ein Umstand, der im Sendebetrieb kaum Erwähnung fand, jedoch hohe organisatorische Flexibilität erforderte.

Quoten: Stabil, aber ohne Aufwärtstrend

Rein quantitativ bleibt GNTM weiterhin erfolgreich – allerdings ohne klare Wachstumstendenzen. Mit durchschnittlich 1,6 Millionen Zuschauer*innen in der Zielgruppe (14–49 Jahre) und einem Marktanteil von 16–18 % bewegte sich die Sendung auf Vorjahresniveau. Die finale Folge konnte die Zwei-Millionen-Grenze nicht knacken – ein Zeichen dafür, dass auch Jubiläen nicht automatisch für Quotenexplosionen sorgen.

Repräsentation: Mehr Vielfalt – oder nur Fassade?

Offiziell rückt die Show Diversität immer stärker in den Fokus. Neben Curvy Models waren erstmals auch Transgender-Personen und deutlich ältere Teilnehmer*innen vertreten. In TikTok-Trends wurde insbesondere die Präsenz von transidenten Models positiv aufgegriffen – ein Novum für das Format. Hashtags wie #gntmtrans oder #diversitymodel verzeichneten hunderttausende Aufrufe.

Doch die Debatte um „echte“ Diversität reißt nicht ab. Kritiker werfen der Produktion vor, Vielfalt nur selektiv zu inszenieren. Trotz bunter Casts blieben die eigentlichen Sieger*innen der Staffel dem klassischen Modelbild überraschend treu. So bleibt die Frage offen, ob Diversität bei GNTM wirklich gelebte Realität oder bloße Showstrategie ist.

Psychischer Druck und strukturelle Kritik

Die vielleicht härteste Kritik kommt aus der psychologischen und akademischen Perspektive. Eine aktuelle Studie der Universität Osnabrück belegt negative Effekte des GNTM-Konsums auf junge Zuschauerinnen, insbesondere solche mit vorbestehenden Essstörungen. Schuldgefühle, Selbstzweifel und ein verschobenes Körperbild seien keine Ausnahme, sondern systemische Folge.

Auch wissenschaftliche Beiträge auf Plattformen wie ResearchGate interpretieren die Show als Ausdruck neoliberaler Arbeitslogik. Kandidat*innen würden gezielt mit Herausforderungen, Leistungsdruck und Selbstvermarktung konfrontiert – als Abbild moderner Gesellschaftsanforderungen an junge Menschen. In dieser Lesart wird GNTM zu einem Beispiel für „inszenierte Selbstoptimierung unter medialem Dauerstress“.

„Ich war traurig, erschöpft, ausgebrannt. Ich konnte nicht mehr ich selbst sein.“

– Ex-Gewinnerin Simone Kowalski über ihre Zeit bei GNTM

Kritik wie diese ist nicht neu. Doch sie erhält durch den wachsenden öffentlichen Diskurs über mentale Gesundheit im Medienbetrieb neue Brisanz.

Was bleibt nach dem Finale?

GNTM 2025 hat vieles richtig gemacht: Eine aufwendig produzierte Jubiläumsstaffel, starke Gewinner*innen, ein breiterer Cast als je zuvor. Doch gleichzeitig bleiben zentrale Fragen offen: Wie ernst ist es der Produktion mit Vielfalt wirklich? Wird psychischer Druck auf Teilnehmer*innen nachhaltig thematisiert – oder weiter ausgeblendet? Und: Wird das Format sich in den kommenden Jahren weiterentwickeln oder an seinen Mustern festhalten?

Für Daniela und Moritz beginnt nun die Karriere im Blitzlichtgewitter – mit allen Chancen und Risiken. Für die Zuschauer*innen bleibt ein zwiespältiger Eindruck: zwischen Faszination und wachsendem Bewusstsein für die Schattenseiten einer glamourösen Medienwelt.

GNTM bleibt ein Spiegel der Gesellschaft

Ob als Karrieresprungbrett, Reality-TV-Show oder Gesellschaftskommentar – „Germany’s Next Topmodel“ zeigt auch 2025, wie sehr Unterhaltung, Schönheit, Leistungsdruck und soziale Debatten miteinander verknüpft sind. Der Versuch, ein inklusiveres Format zu schaffen, ist sichtbar – aber nicht vollständig überzeugend. Die Kritik ist lauter, fundierter und medial präsenter als je zuvor. Die Zukunft von GNTM wird davon abhängen, wie ernst man diese Stimmen nimmt – und wie konsequent daraus Reformen entstehen.

Bis dahin bleibt die Sendung das, was sie seit 20 Jahren ist: ein Medienphänomen – und ein gesellschaftlicher Zerrspiegel.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.