
Berlin, 29. Mai 2025, 10:00 Uhr
Ein eigenes Bankkonto ist die Grundlage für viele alltägliche Aufgaben: Miete bezahlen, Lohn empfangen, Verträge abschließen oder Einkäufe tätigen. Doch was passiert, wenn jemand keinen deutschen Pass besitzt? Kann man in Deutschland überhaupt ein Konto eröffnen, wenn man kein deutscher Staatsbürger ist – oder vielleicht noch nicht einmal eine Meldeadresse vorweisen kann?
Die Antwort ist: Ja, aber nicht immer problemlos. Zwar gibt es seit 2016 einen gesetzlichen Anspruch auf ein sogenanntes Basiskonto. Trotzdem stoßen viele Menschen ohne deutschen Pass auf organisatorische und bürokratische Hürden. Dieser Artikel beleuchtet, was möglich ist, welche Banken infrage kommen, welche Unterlagen erforderlich sind – und welche Stolpersteine auf dem Weg zum Konto lauern.
Gesetzlicher Anspruch: Das Basiskonto als Zugang zur finanziellen Teilhabe
Seit der Einführung des Zahlungskontengesetzes (ZKG) im Jahr 2016 haben alle Menschen, die sich rechtmäßig in der Europäischen Union aufhalten, Anspruch auf ein Basiskonto. Dieses Konto ermöglicht grundlegende Funktionen wie Überweisungen, Ein- und Auszahlungen, Lastschriften und Kartenzahlungen. Es richtet sich insbesondere an Personen, die sonst Schwierigkeiten hätten, ein reguläres Girokonto zu eröffnen – etwa Asylsuchende, Geduldete oder Obdachlose.
Die Einführung war ein wichtiger Schritt, denn vorher lebten in Deutschland schätzungsweise fast eine Million Menschen ohne Zugang zu einem Bankkonto. Inzwischen wurden laut offiziellen Zahlen über 540.000 Basiskonten eröffnet. Der Gedanke: Finanzielle Teilhabe für alle – unabhängig von Herkunft, Aufenthaltsstatus oder Einkommen.
Dokumente und Voraussetzungen
Die Kontoeröffnung ist an bestimmte Anforderungen geknüpft. Dazu gehören:
- Ein gültiger Identitätsnachweis (Reisepass oder gleichwertiges Dokument)
- Ein Nachweis einer postalischen Erreichbarkeit (z. B. durch Familienadresse, Beratungsstellen oder Einrichtungen)
- Gegebenenfalls ein Aufenthaltstitel oder eine Duldungsbescheinigung
Ein fester Wohnsitz in Deutschland ist nicht zwingend erforderlich – eine ladungsfähige Adresse genügt.
Diese Banken machen es möglich
Neben klassischen Filialbanken bieten insbesondere digitale Banken sowie internationale Finanzdienstleister Lösungen für Menschen ohne deutschen Pass an. Die Angebote unterscheiden sich jedoch teils erheblich in Kosten, Funktionsumfang und Zugangsvoraussetzungen.
Beispiele für Banken, die Konten ohne deutschen Pass anbieten
Bank | Kontoeröffnung ohne deutschen Pass möglich? | Besonderheiten |
---|---|---|
DKB (Deutsche Kreditbank) | Ja | Kostenloses Konto, auch aus dem Ausland beantragbar |
N26 | Ja | Digitale Kontoeröffnung, mehrsprachige App, einfache Benutzerführung |
Wise | Ja | Multiwährungskonto, internationale Nutzung, belgische IBAN |
bunq | Ja | EU-Neobank, Konto ohne deutsche Adresse möglich, 90 Tage Wohnsitznachweis erforderlich |
Aus dem Ausland ein Konto eröffnen – geht das?
Für Menschen, die sich noch im Ausland befinden, ist die Kontoeröffnung bei deutschen Banken grundsätzlich ebenfalls möglich – allerdings mit Einschränkungen. Anbieter wie Wise und N26 ermöglichen eine vollständige Online-Eröffnung, vorausgesetzt die Identitätsprüfung über VideoIdent gelingt und alle Dokumente den Anforderungen entsprechen.
Oftmals wird jedoch mindestens ein Wohnsitznachweis verlangt. Bei bunq etwa muss dieser innerhalb von 90 Tagen nachgereicht werden. Zudem kann eine IBAN aus einem anderen EU-Land, wie bei Wise (Belgien), zu Problemen bei Mietverträgen oder Gehaltszahlungen in Deutschland führen.
Verborgene Hürden: Sprachbarrieren und Ablehnungen
Der gesetzliche Anspruch auf ein Basiskonto klingt gut, aber die Praxis zeigt Schwächen. Beratungsstellen berichten regelmäßig von Menschen, denen trotz rechtlichen Anspruchs die Kontoeröffnung verweigert wurde. Gründe dafür sind oft:
- Unkenntnis der Bankmitarbeitenden über die rechtliche Lage
- Nicht-Akzeptanz von ausländischen Ausweisdokumenten im VideoIdent-/PostIdent-Verfahren
- Sprachbarrieren – bei fehlenden Deutsch- oder Englischkenntnissen wird die Eröffnung verweigert
Ein besonders kritischer Punkt ist der Umgang mit Personen aus bestimmten Herkunftsländern. So kommt es bei Antragstellern aus Ländern wie Iran, Syrien oder Russland immer wieder zu pauschalen Ablehnungen, auch wenn keine individuellen Sanktionsgründe vorliegen. Offiziell nennen Banken “Risikoabwägungen”, de facto bedeutet das aber eine Diskriminierung nach Herkunft.
„Man sagte mir, mein Pass sei problematisch – obwohl ich legal in Deutschland lebe und arbeite.“
– Antragstellerin aus Syrien, berichtet bei einer Beratungsstelle in Frankfurt
Konto ja – aber zu welchem Preis?
Ein weiterer Knackpunkt sind die Kosten: Basiskonten sind oft teurer als normale Girokonten. Während Standardkonten bei Onlinebanken häufig kostenlos sind, verlangen manche Banken für das gesetzlich garantierte Basiskonto bis zu 13 Euro im Monat. Das trifft besonders Menschen mit wenig Einkommen – also genau jene, für die das Basiskonto gedacht ist.
Laut einem Vergleich der Verbraucherzentralen sind nur zwei Basiskonten in Deutschland komplett kostenlos und ausschließlich online verfügbar. Filialbanken verlangen in nahezu allen Fällen eine monatliche Gebühr.
Identitätsprüfung: Der Stolperstein bei der Kontoeröffnung
Besonders problematisch ist die Identitätsprüfung. Viele Ausweisdokumente von Geflüchteten und Geduldeten werden von den gängigen Prüfverfahren (VideoIdent oder PostIdent) nicht akzeptiert. Zudem sind digitale Verfahren häufig auf biometrische Merkmale angewiesen, die bei einfachen Dokumenten nicht vorhanden sind.
Hier braucht es individuelle Lösungen – zum Beispiel persönliche Identifikation in der Filiale oder alternative Verfahren in Zusammenarbeit mit Behörden und Beratungsstellen. Bislang fehlt dafür jedoch vielerorts die Infrastruktur.
Tipps für Antragsteller ohne deutschen Pass
- Unbedingt auf das Recht auf ein Basiskonto pochen – jede Bank ist gesetzlich dazu verpflichtet
- Vor der Antragstellung möglichst alle Dokumente zusammenstellen und in Kopie mitbringen
- Wenn möglich, Unterstützung durch Beratungsstellen oder Dolmetscher mitnehmen
- Gegebenenfalls bei mehreren Banken anfragen, falls eine ablehnt
- Digitale Anbieter wie N26 oder bunq in Betracht ziehen, die flexibler bei der Kontoeröffnung sind
Fazit: Möglich, aber mit Hürden
Ein Konto in Deutschland ohne deutschen Pass zu eröffnen, ist möglich – rechtlich, technisch und auch praktisch. Doch der Weg dorthin ist für viele kein einfacher. Zu hohe Gebühren, Ablehnungen, Sprachhürden und Schwierigkeiten bei der Identitätsprüfung sind Realität.
Digitale Banken und alternative Anbieter schaffen in vielen Fällen Abhilfe, vor allem für Menschen ohne Meldeadresse oder mit internationalem Hintergrund. Dennoch bleibt es Aufgabe der Politik und der Banken, bestehende Diskriminierungen und Hürden abzubauen – damit finanzielle Teilhabe kein Privileg bleibt, sondern ein Grundrecht für alle.
Für Antragsteller ohne deutschen Pass lohnt sich vor allem eines: gute Vorbereitung und Hartnäckigkeit. Denn wer sein Recht kennt, hat bessere Chancen – auch bei der Bank.