
Karlsruhe – Immer mehr Menschen suchen nach Möglichkeiten, ihr direktes Lebensumfeld mitzugestalten. In der badischen Metropole ist die Bürgerstiftung Karlsruhe ein lebendiges Beispiel dafür, wie bürgerschaftliches Engagement konkret, nachhaltig und wirksam umgesetzt werden kann. Dabei setzt die Stiftung nicht nur auf finanzielle Unterstützung, sondern vor allem auf gemeinschaftliches Handeln.
Eine Stiftung von Bürgern für Bürger
Die Bürgerstiftung Karlsruhe versteht sich als unabhängige Gemeinschaftseinrichtung mit einem klaren Ziel: das Leben in Karlsruhe in all seinen Facetten lebenswerter zu machen. Gegründet im Jahr 2013 mit einem Startkapital von 65.000 Euro, entwickelte sich die Stiftung seither zu einem festen Bestandteil des städtischen Gemeinwesens. Mit einem aktuellen Stiftungskapital von rund 415.000 Euro setzt sie sich für eine Vielzahl von Projekten ein, die direkt den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen.
Ihr Handeln basiert auf Freiwilligkeit, Gemeinnützigkeit und Transparenz. Politisch und konfessionell neutral orientiert sich die Bürgerstiftung an den Gütesiegelkriterien des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Sie verfolgt nicht nur das Ziel der Mittelvergabe, sondern möchte Bürger ermutigen, selbst Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv einzubringen.
Schwerpunkte der Stiftung: Bildung, Gemeinschaft, Nachhaltigkeit
Die Bürgerstiftung Karlsruhe engagiert sich in zahlreichen Bereichen. Der Fokus liegt dabei besonders auf:
- Bildung und Erziehung: Unterstützung von Projekten für Kinder und Jugendliche, die neue Bildungszugänge ermöglichen.
- Kultur und Generationenbegegnung: Förderung von Initiativen, die Austausch zwischen Alt und Jung schaffen.
- Umwelt- und Denkmalschutz: Nachhaltige Stadtentwicklung und Bewahrung des kulturellen Erbes.
- Soziales Miteinander: Projekte zur Stärkung des Gemeinsinns und Nachbarschaftsengagements.
Ein wiederkehrendes Ziel der Stiftung ist es, Begegnung zu ermöglichen – sei es zwischen Generationen, sozialen Schichten oder Kulturen.
Ein Paradebeispiel: Das Projekt „leih.lokal“
Eines der bekanntesten und gleichzeitig innovativsten Projekte der Stiftung ist das „leih.lokal“. Seit 2018 können Bürgerinnen und Bürger dort Alltagsgegenstände wie Bohrmaschinen, Raclette-Geräte oder Zelte kostenfrei ausleihen. Der Gedanke dahinter: Teilen statt besitzen – Ressourcen schonen, Gemeinschaft fördern.
Rund 1.500 Menschen haben das Angebot bereits genutzt. Die Ausleihe ist unkompliziert, die Gegenstände werden regelmäßig gewartet. Ehrenamtliche unterstützen bei Ausgabe und Pflege des Sortiments. Besonders in einer Stadt mit vielen Studierenden und temporären Wohnverhältnissen findet dieses Angebot hohen Zuspruch.
35 öffentliche Bücherschränke – ein stadtweites Netzwerk
Ein weiteres Beispiel für das Wirken der Stiftung sind die mittlerweile 35 öffentlichen Bücherschränke an 33 Standorten. Sie laden dazu ein, Bücher kostenfrei zu entnehmen, zu tauschen oder zu verschenken. Neben der Förderung der Lesekultur schaffen sie Orte der spontanen Begegnung – ein niederschwelliges, niedrigschwelliges Kulturangebot im öffentlichen Raum.
Nachbarschaftsfonds und Mitmachräume
Mit dem „Nachbarschaftsfonds“ fördert die Stiftung kleinere Projekte direkt in den Quartieren. So werden Initiativen unterstützt, die Gemeinschaftsflächen verschönern, Nachbarschaftsfeste organisieren oder den Dialog zwischen Bewohner:innen anregen.
Darüber hinaus betreibt die Stiftung sogenannte „Frei_Räume“, Mitmachräume für kreative, soziale oder ökologische Projekte. Hier entsteht Platz für Ideen – von Näh-Workshops bis hin zu Repair-Cafés.
Finanzierung und Wirkung: Zwischen Vision und Realität
Die Bürgerstiftung Karlsruhe finanziert sich über Zustiftungen, Spenden und Zuwendungen von Institutionen oder Partnern. Trotz eines im Jahr 2022 bilanzierten Spendenvolumens von rund 11.983 Euro lag die Projektfördersumme im gleichen Jahr nur bei etwa 199 Euro. Diese Diskrepanz zeigt, dass die Stiftung in vielen Fällen nicht klassisch „Geld verteilt“, sondern nachhaltige Strukturen und Beteiligungsformate aufbaut, in denen Bürger:innen selbst tätig werden.
Einbindung von Ehrenamt und Partnern
Ein wesentliches Merkmal der Stiftung ist die enge Einbindung von Freiwilligen. Diese bringen Zeit, Ideen und Kompetenzen ein – etwa im Bücherschranknetz, im leih.lokal oder bei Veranstaltungen wie dem Bilderbuchkino.
Gleichzeitig kooperiert die Stiftung mit einer Vielzahl lokaler Akteure: dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Klinikum, Banken, Seniorenzentren und vielen mehr. So entstehen Synergien und neue Projektideen.
Karlsruhe im Bürgerstiftungs-Vergleich
Im bundesweiten Vergleich ist Baden-Württemberg Spitzenreiter: Mit rund 8,6 Bürgerstiftungen pro Million Einwohner:innen weist das Bundesland die höchste Dichte auf. Die Stiftung in Karlsruhe reiht sich hier als besonders aktives Mitglied ein.
Laut Analysen des Bundesverbands der Bürgerstiftungen fließen rund 47 Prozent aller geförderten Mittel bundesweit in den Bereich Bildung, gefolgt von Kunst/Kultur (17 %) und sozialen Projekten (15 %). Diese Gewichtung spiegelt sich auch in Karlsruhe wider.
Digitale Inklusion und frühe Innovationsfreude
Schon 2014 unterstützte die Bürgerstiftung gemeinsam mit dem KIT ein Robotik-Projekt, das mobilitätseingeschränkten Menschen Museumsbesuche durch ferngesteuerte Roboter ermöglichte – ein Meilenstein für digitale Teilhabe. Heute stehen ähnliche Projekte unter dem Zeichen „digitale Nachbarschaft“ oder „soziale Innovation“ im Fokus.
Wirkung, Potenzial und Ausblick
Die Bürgerstiftung Karlsruhe hat sich über die Jahre zu einem wichtigen Akteur der Stadtgesellschaft entwickelt. Mit bürgerschaftlichem Engagement, kreativen Ideen und einem offenen Netzwerk schafft sie eine Plattform für soziale, kulturelle und ökologische Mitgestaltung.
Ein zentrales Ziel bleibt die Vergrößerung der Wirkung: mehr Beteiligung, breitere Bekanntheit und eine stärkere Einbindung jüngerer Zielgruppen. Hierbei setzt die Stiftung gezielt auf Social-Media-Kompetenzen, Storytelling und neue Formen der Beteiligung.
Häufig gestellte Fragen rund um die Bürgerstiftung Karlsruhe
Was ist die Bürgerstiftung Karlsruhe und wofür steht sie?
Sie ist eine unabhängige Stiftung, die sich für das Gemeinwohl in Karlsruhe einsetzt – insbesondere durch Projekte in Bildung, Kultur, Nachhaltigkeit und sozialem Miteinander.
Wie kann man sich ehrenamtlich engagieren?
Interessierte können sich in verschiedenen Bereichen einbringen – zum Beispiel beim leih.lokal, bei Veranstaltungen oder in der Projektentwicklung. Die Stiftung unterstützt dabei aktiv bei der Einbindung.
Wie funktioniert das leih.lokal konkret?
Alltagsgegenstände können für drei Wochen kostenlos ausgeliehen werden. Eine kleine Kaution und ein Ausweis genügen. Das Angebot ist offen für alle Karlsruher:innen.
Wie viele öffentliche Bücherschränke betreibt die Stiftung?
Derzeit betreut die Stiftung 35 öffentliche Bücherschränke an 33 verschiedenen Orten in Karlsruhe.
Ist die Bürgerstiftung mit einem Gütesiegel ausgezeichnet?
Ja, sie trägt das offizielle Gütesiegel des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und erfüllt alle formalen Anforderungen an Transparenz und Gemeinwohlorientierung.
Fazit
Die Bürgerstiftung Karlsruhe zeigt eindrucksvoll, wie aus Visionen konkrete, gemeinwohlorientierte Projekte entstehen. In einer Zeit, in der viele Menschen nach neuen Formen des Miteinanders und nach bürgerschaftlichem Sinn suchen, bietet sie eine wertvolle Plattform. Wer Karlsruhe nicht nur bewohnen, sondern auch mitgestalten will, findet hier einen Ort des aktiven Wirkens.