
Ein unterschätzter Schatz: Warum Moore so wichtig sind
Moore bedecken global nur rund drei Prozent der Landoberfläche – und doch speichern sie etwa 30 Prozent des weltweit im Boden gebundenen Kohlenstoffs. Das ist mehr als alle Wälder der Erde zusammen. Doch dieser beeindruckende Speichermechanismus funktioniert nur im nassen Zustand. Sobald Moore trockengelegt werden, kehrt sich ihre Wirkung ins Gegenteil: Der gespeicherte Kohlenstoff wird freigesetzt – als CO₂, Methan oder Lachgas – und befeuert die Klimakrise zusätzlich.
In Deutschland sind über 90 Prozent der ursprünglichen Moorflächen entwässert. Das geschah meist mit dem Ziel, landwirtschaftlich nutzbares Land zu gewinnen. Doch diese Praxis hat gravierende Nebenwirkungen. „Wenn wir ein Moor wiedervernässen wollen, müssen wir alle Beteiligten dabei haben“, sagt eine Projektleiterin aus Mecklenburg-Vorpommern. Ohne Kooperation von Eigentümern, Behörden und Landwirten ist der Schutz dieser empfindlichen Ökosysteme kaum möglich.
Wie funktioniert die Wiedervernässung eines Moores?
Die Wiedervernässung eines Moores bedeutet, den ursprünglichen Wasserhaushalt wiederherzustellen. Dazu werden Drainagegräben verschlossen, Wasserflächen wieder angelegt und Geländeprofile angepasst. Die Maßnahme wirkt oft schneller als erwartet: Erste Vegetationserfolge und ein Rückgang der CO₂-Emissionen können bereits innerhalb weniger Jahre festgestellt werden.
Doch der Weg dahin ist nicht einfach. Die größte technische Herausforderung liegt in der Hydrologie. „Die Hydrologie ist entscheidend, und das bedeutet oft schweres Gerät und hohe Kosten“, kommentierte ein Nutzer in einem Fachforum. Ohne präzise Wassersteuerung kann ein renaturiertes Moor nicht funktionieren – zu hoch stehendes Wasser kann Pflanzen absterben lassen, zu wenig Wasser fördert wieder Torfzersetzung.
Warum sind trockengelegte Moore so klimaschädlich?
Sobald Sauerstoff in den entstehenden Hohlräumen zwischen den Torfschichten gelangt, beginnen organische Substanzen zu verrotten. Dabei entstehen jährlich etwa 30 bis 40 Tonnen CO₂ pro Hektar. Hochgerechnet auf die gesamte Moorfläche in Deutschland ergibt das über 50 Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen pro Jahr – das sind rund sieben Prozent des gesamten nationalen Ausstoßes.
Besonders kritisch ist, dass diese Emissionen „unsichtbar“ erfolgen. Es brennt nicht, es stinkt nicht, doch die Klimabilanz leidet massiv. Ein schleichender Prozess, der oft nicht einmal in lokalen Klimaschutzplänen berücksichtigt wird.
Neue Wege der Nutzung: Paludikultur als Perspektive
Um Moore zu schützen und gleichzeitig wirtschaftlich zu nutzen, wurde die sogenannte Paludikultur entwickelt. Dabei handelt es sich um eine feuchte Bewirtschaftungsform, bei der torfmoosähnliche Pflanzen wie Schilf, Rohrkolben oder Sphagnum angebaut werden. Diese Pflanzen gedeihen nur auf nassem Boden und helfen gleichzeitig bei der Kohlenstoffbindung.
In Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern laufen bereits mehrere Pilotprojekte. Besonders erfolgreich ist das Projekt „MOOSland“, das aus kultiviertem Torfmoos Substrate für Gartenbau und Landwirtschaft herstellt. Die Bewirtschaftung ist zwar anspruchsvoll – spezielle Erntemaschinen, genaue Planung und regelmäßige Pflege sind nötig – doch die ökologischen Vorteile sind enorm.
Technischer Aufwand und wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Die Wiedervernässung und Paludikultur sind keine Billiglösungen. Der technische Aufwand umfasst u. a. die Bodenvorbereitung, den Maschinenpark für die Ernte sowie die Kontrolle des Wasserstandes. Trotzdem zeigen aktuelle Studien, dass die Umstellung rentabel sein kann – vorausgesetzt, es gibt staatliche Unterstützung und eine stabile Nachfrage nach den Produkten.
Welche Hindernisse stehen einer großflächigen Umsetzung im Weg?
Die Praxis zeigt: Die größten Hürden liegen nicht in der Technik, sondern im gesellschaftlichen Konsens. Eigentumsverhältnisse, Nutzungsrechte, politische Blockaden oder mangelnde Aufklärung erschweren den großflächigen Umbau. In ländlichen Regionen gibt es zudem Ängste vor Wertverlust landwirtschaftlicher Flächen oder neuen bürokratischen Vorgaben.
Hinzu kommen naturbedingte Risiken: Hitzeperioden und zunehmende Trockenheit können renaturierte Flächen erneut gefährden. In britischen Mooren etwa rechnen Forscher damit, dass bis 2080 ein Großteil der Fläche zu warm und trocken für die typische Vegetation sein wird. Auch in Deutschland zeigen sich ähnliche Trends – was schnelles Handeln erforderlich macht.
Ökologische Co-Benefits: Mehr als nur CO₂-Speicherung
Die Wiedervernässung bietet nicht nur Vorteile für das Klima. Auch die Artenvielfalt profitiert: Moore bieten Lebensraum für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten wie den Moorfrosch, die Sumpfohreule oder seltene Libellenarten. Gleichzeitig tragen Moore zum Hochwasserschutz bei, indem sie wie ein Schwamm Regenwasser aufnehmen und langsam wieder abgeben.
Ökosystemdienstleistung | Vorteil durch Wiedervernässung |
---|---|
CO₂-Speicherung | Vermeidung von Emissionen, langfristige Bindung durch Torfneubildung |
Biodiversität | Schutz gefährdeter Arten und natürlicher Lebensräume |
Wasserregulierung | Hochwasserschutz, Grundwasserspeicherung |
Nährstofffilterung | Reduktion von Nitrat und Phosphat im Grundwasser |
Können auch Freiwillige bei Moorprojekten helfen?
Ja – und das wird sogar empfohlen. Am Mosbrucher Weiher in der Eifel beteiligten sich über 60 freiwillige Helferinnen und Helfer aktiv an der Moor-Renaturierung. Sie halfen beim Verfüllen von Entwässerungsgräben und dem Bau von Wasserrückhaltestrukturen. Solche Aktionen haben nicht nur praktischen Nutzen, sondern fördern auch die Identifikation mit der Region.
Neue Ideen: Kombination mit Photovoltaik
Eine besonders innovative Idee ist die Kombination aus Moor-Renaturierung und erneuerbarer Energie. Bei sogenannten Moor-PV-Projekten werden Photovoltaik-Anlagen auf wiedervernässten Flächen installiert. Das schützt den Boden, liefert Strom und macht die Flächen wirtschaftlich nutzbar – ein Modell mit Potenzial für die Zukunft.
Wie lange dauert es, bis ein renaturiertes Moor wirkt?
Erste Erfolge wie das Aufkommen von Torfmoosen und die Rückkehr moortypischer Arten lassen sich oft bereits nach drei bis fünf Jahren beobachten. Die Senkung der CO₂-Emissionen beginnt sogar noch früher – sobald das Grundwasser wieder ansteigt, verlangsamt sich die Zersetzung des Torfs erheblich. Langfristig kann sogar neue Torfbildung stattfinden – ein Prozess, der jedoch Jahrzehnte dauert.
Die kulturelle Dimension der Moore
In Schottland und Irland sind Moore nicht nur Landschaftsraum, sondern identitätsstiftend. Auch in Deutschland gibt es Regionen wie das Teufelsmoor oder das Emsland, deren Kultur stark mit den Mooren verbunden ist. Hier bieten Renaturierungsprojekte eine Chance, auch kulturelles Erbe zu bewahren. „Sie haben das Moor nicht nur ökologisch, sondern auch kulturell zurückgebracht“, schrieb ein Nutzer in einem englischsprachigen Forum.
Ein Blick nach vorn
Moore sind keine Relikte vergangener Zeit – sie sind entscheidende Akteure im Klimaschutz. Ihr stilles Verschwinden darf nicht länger übersehen werden. Es braucht klare politische Vorgaben, bessere Förderstrukturen, technisches Know-how und das Engagement der Zivilgesellschaft. Nur dann können wir es schaffen, diese wertvollen Ökosysteme zu erhalten – für das Klima, für die Artenvielfalt und für die kommenden Generationen.