
Hamburg – Die Schuhkette Onygo, einst ein vielversprechender Newcomer im Sneaker- und Modemarkt, steht vor dem endgültigen Aus. Nach monatelangen Versuchen, das Geschäft zu retten, wird nun auch die letzte Filiale geschlossen. Rund 150 Mitarbeitende sind von der Insolvenz betroffen. Für viele kommt die Schließung nicht überraschend – sie steht exemplarisch für die Krise im stationären Einzelhandel.
Das Ende einer ambitionierten Marke
Mit der Schließung der letzten Filiale in der Hamburger Europa Passage endet das Kapitel Onygo – einer Marke, die 2016 von der Deichmann-Gruppe gegründet wurde, um gezielt junge Frauen mit Sneakern, Mode und Accessoires anzusprechen. Was einst als zukunftsweisender Retail-Ansatz galt, entwickelte sich im Jahr 2025 zu einem Symbol für das Scheitern klassischer Handelskonzepte im digitalen Zeitalter.
Am 22. April 2025 wurde beim Amtsgericht Hamburg das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet. Betroffen waren deutschlandweit 23 Filialen. Die letzten Monate über schlossen sie eine nach der anderen – nun auch die letzte. Für die Mitarbeitenden endet damit eine Zeit voller Ungewissheit.
150 Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz
Mit dem endgültigen Filialaus laufen die Arbeitsverträge von rund 150 Angestellten aus. Viele von ihnen hatten über Jahre hinweg auf die Marke gesetzt. Die Geschäftsführung, vertreten durch Frank Revermann, versuchte noch, Investoren zu gewinnen und das Konzept zu modernisieren. Doch letztlich blieben alle Bemühungen erfolglos.
„Wir haben alle Optionen geprüft – von Investorenverhandlungen bis zur Restrukturierung des Sortiments. Leider hat der Markt nicht mitgespielt“, so Revermann.
Insolvenz in Eigenverwaltung: Was bedeutet das?
Eine häufig gestellte Frage im Zusammenhang mit Onygo lautet:
Was bedeutet „Insolvenz in Eigenverwaltung“ bei Onygo?
Das sogenannte „Insolvenzverfahren light“ erlaubt es der bisherigen Geschäftsführung, weiterhin die operativen Geschicke zu leiten – allerdings unter Aufsicht eines gerichtlich eingesetzten Sachwalters. In Onygos Fall übernahm Michael Kuleisa diese Rolle.
Diese Form der Insolvenz wird oft gewählt, um das Unternehmen von innen heraus zu sanieren – ohne sofort einen externen Insolvenzverwalter einzusetzen. Bei Onygo blieb dieser Erfolg jedoch aus.
Warum musste Onygo scheitern?
Die Gründe für die Insolvenz sind vielfältig, hängen aber eng mit dem strukturellen Wandel des Einzelhandels zusammen. Deutschlandweit kämpfen Filialketten mit ähnlichen Problemen: Kaufzurückhaltung, Inflation, Online-Wettbewerb und steigende Miet- und Energiekosten.
Frank Revermann übernahm Onygo erst im Frühjahr 2024 mit dem Ziel, die Marke zu revitalisieren. Neue Produktlinien wie Wohnaccessoires sollten zusätzliches Umsatzpotenzial erschließen. Doch die geplante Neuausrichtung kam zu spät.
Die Suche nach einem Investor blieb erfolglos
Trotz Gesprächen mit potenziellen Geldgebern konnte kein tragfähiges Rettungskonzept umgesetzt werden. Ein zentraler Faktor: Konsumenten hielten sich zunehmend zurück – besonders bei nicht lebensnotwendigen Käufen wie Schuhen. Die Kundenfrequenz sank, der Umsatz brach ein.
Wirtschaftlicher Kontext: Onygo ist kein Einzelfall
Onygos Insolvenz reiht sich ein in eine ganze Serie von Pleiten im Schuhhandel. Neben Onygo meldeten auch Schuh Graf, Reno und Görtz Insolvenz an – teils zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit.
Unternehmen | Insolvenz | Filialen betroffen | Mitarbeitende betroffen |
---|---|---|---|
Onygo | April 2025 | 23 | ca. 150 |
Schuh Graf | 2025 | 27 | ca. 160 |
Görtz | Januar 2025 | über 100 | mehrere Hundert |
Reno | März 2023 | über 150 (teilweise übernommen) | mehrere Hundert |
Was sagen Verbraucherinnen und Verbraucher?
In Foren wie WiWi-TreFF diskutieren Konsumenten seit Monaten über das Preis-Leistungs-Verhältnis im Schuhmarkt. Viele Käufer setzen zunehmend auf Qualität statt Masse. Ein Nutzer bringt es auf den Punkt:
„Mein jüngstes Paar Crocket & Jones ist jetzt 4 Jahre alt und sieht dank guter Pflege noch aus wie neu … macht 11,50 € pro Monat. Entspricht einem Paar Lloyd-Schuhe pro Jahr.“
Dieser Trend zur langlebigen Schuhmode ist ein Indikator: Verbraucher vergleichen bewusst Preise, setzen auf Qualität und meiden kurzlebige Billigware – ein Umstand, den stationäre Ketten wie Onygo offenbar nicht rechtzeitig erkannt oder bedient haben.
Wie steht es um die Chancen auf Rettung einzelner Filialen?
Auch diese Frage beschäftigt viele Interessierte:
Gibt es noch eine Chance, dass einige Onygo-Filialen erhalten bleiben?
Ja. Der Insolvenzplan sah ursprünglich vor, dass etwa 10 Filialen weitergeführt werden könnten – vorausgesetzt, es gelingen Einigungen mit Vermietern über neue Mietkonditionen. Ob dies gelingt, ist allerdings offen.
Konsumentenverhalten hat sich nachhaltig verändert
Eine zentrale Ursache der Onygo-Insolvenz ist die Verschiebung im Kaufverhalten: Viele Menschen kaufen ihre Schuhe heute online – dort sind Preise oft günstiger, das Angebot breiter und die Rückgabe unkomplizierter. Hinzu kommt, dass Mode in der Konsumhierarchie vieler Haushalte deutlich nach unten gerutscht ist.
Wird Onlineshopping den stationären Schuhhandel verdrängen?
Einige Nutzer fragen konkret:
Warum kaufen immer weniger Menschen Schuhe im Laden?
Bequemlichkeit, größere Auswahl und bessere Vergleichsmöglichkeiten im Internet spielen eine zentrale Rolle. Zudem haben viele stationäre Händler keine klaren Alleinstellungsmerkmale oder Services, die Kunden binden würden.
Onygo hatte zwar früh auf digitale Strategien gesetzt, schloss aber im Zuge der Restrukturierung 2024/25 sogar den eigenen Online-Shop – ein Rückschritt, der in einer zunehmend digitalen Handelswelt schwer wiegt.
Welche Rolle spielte das Sortiment?
Onygo setzte stark auf modische Sneaker und Streetwear – ein Konzept, das besonders junge Zielgruppen ansprechen sollte. Doch der Markt dafür ist hart umkämpft: Marken wie Nike, Adidas und Puma dominieren das Onlinegeschäft, während Plattformen wie Zalando, About You oder ASOS durch enorme Sortimentsbreite überzeugen.
Der Versuch, sich mit Deko-Artikeln, Wohnaccessoires und Textilien breiter aufzustellen, kam zu spät und blieb laut Branchenbeobachtern wenig differenziert. Die klare Positionierung fehlte – besonders im Vergleich zu spezialisierten Anbietern.
Wie haben andere Unternehmen aus der Krise gelernt?
Während Onygo scheiterte, versuchen Unternehmen wie Schuh Graf oder Reno andere Wege. Reno wurde nach der Insolvenz teilweise durch die Kienast-Gruppe übernommen, während Schuh Graf auf ein Sanierungskonzept in Eigenverwaltung setzt.
Entscheidend sind dabei Anpassungen an das veränderte Konsumentenverhalten: Individualisierung, nachhaltige Materialien, gute Beratung, Community-Building und innovative Ladenkonzepte könnten zukünftig helfen, stationären Handel neu zu denken.
Ein Ende mit Signalwirkung
Mit dem Aus von Onygo verliert der deutsche Einzelhandel nicht nur eine Marke, sondern auch einen Hoffnungsträger für moderne Retailkonzepte. Die Insolvenz zeigt: Wer sich nicht konsequent digital aufstellt, verliert den Anschluss. Gleichzeitig spiegelt sie die Herausforderungen wider, mit denen viele mittelständische Händler aktuell kämpfen.
Für die betroffenen Mitarbeitenden beginnt nun die Suche nach neuen Perspektiven. Die Kunden wiederum wenden sich verstärkt Onlineplattformen oder Premiumanbietern zu, die Nachhaltigkeit und Qualität stärker in den Fokus rücken.
Die Onygo-Insolvenz ist daher weit mehr als ein Einzelfall – sie ist Ausdruck eines grundlegenden Wandels in der Handelslandschaft, in der sich nur die flexibelsten Akteure langfristig behaupten können.