USA kürzen Flugverkehr US Shutdown legt Flugbetrieb lahm: Airlines streichen hunderte Verbindungen

In Ausland
November 06, 2025

Washington, 6. November 2025In den Kontrolltürmen herrscht Ausnahmezustand. Funkgeräte rauschen, Monitore flackern, während übermüdetes Personal versucht, die Übersicht zu behalten. Seit Wochen arbeiten Tausende Fluglotsen in den Vereinigten Staaten ohne Gehalt – nun zieht die Luftfahrtbehörde FAA die Notbremse. Ab Freitag sollen in mehr als 40 US-Metropolregionen Flüge gestrichen oder verschoben werden, um die Sicherheit im Himmel zu gewährleisten.

Ein beispielloser Schritt der Federal Aviation Administration

Die Federal Aviation Administration (FAA) hat bestätigt, dass sie ab Freitag rund zehn Prozent des Flugverkehrs in 40 stark frequentierten Märkten kürzen wird. Betroffen sind voraussichtlich alle großen Verkehrsdrehkreuze, darunter New York, Chicago, Los Angeles, Dallas und Atlanta. Die Entscheidung ist eine direkte Folge des seit dem 1. Oktober 2025 andauernden Regierungs-Shutdowns, der inzwischen als der längste in der Geschichte der USA gilt.

FAA-Administrator Bryan Bedford erklärte: „Ich habe in 35 Jahren Luftfahrt noch nie eine solche Situation erlebt.“ Das Personal in den Kontrollzentren sei am Limit, viele arbeiteten trotz fehlender Bezahlung weiter – andere hätten sich krankgemeldet oder kurzfristig beurlaubt. Damit fehle ein Teil der nötigen Sicherheitsreserve, die den reibungslosen Betrieb des nationalen Luftraumsystems gewährleiste.

Wie es zum drastischen Flugstopp kam

Seit Beginn des Shutdowns sind laut Airlines for America über 3,2 Millionen Passagiere von Verspätungen und Ausfällen betroffen. Der Anteil der durch Personalmangel verursachten Verzögerungen stieg von fünf auf 16 Prozent. Besonders kritisch: Schulungen, Wartungen und Sicherheitsüberprüfungen konnten nicht im gewohnten Umfang stattfinden, da auch in diesen Bereichen Beschäftigte ohne Bezahlung arbeiten oder freigestellt wurden.

Die National Air Traffic Controllers Association (NATCA) warnte in einem offenen Brief: „Shutdowns gefährden die Redundanzen und Sicherheitsmargen, auf denen unser Luftraumsystem aufgebaut ist.“ Die Gewerkschaft spricht von einem drohenden Dominoeffekt: Wenn Kontrollstellen überlastet seien, könne sich dies binnen Stunden auf das gesamte US-Flugnetz auswirken.

Betroffene Flughäfen und Umfang der Kürzungen

Die FAA spricht von einem „gestaffelten Rückgang“: Zunächst sollen am Freitag etwa vier Prozent der Flüge ausfallen, am Samstag fünf Prozent, am Sonntag sechs Prozent – danach bis zu zehn Prozent. Insgesamt könnten damit rund 1 800 Flüge und über 268 000 Sitzplätze entfallen. Besonders betroffen sind große Inlandsverbindungen; internationale Routen sollen vorerst planmäßig bedient werden.

TagProzentuale KürzungGeschätzte Anzahl gestrichener Flüge
Freitag4 %ca. 720
Samstag5 %ca. 900
Sonntag6 %ca. 1 080
Ab Montag10 %bis zu 1 800

Einige Airlines – darunter United, Delta, JetBlue und American Airlines – gaben an, dass sie den Großteil der geplanten Verbindungen aufrechterhalten wollen, warteten jedoch auf konkrete Anweisungen der FAA. „Wir versuchen, die Auswirkungen für unsere Kunden so gering wie möglich zu halten“, teilte Delta Air Lines in einer Stellungnahme mit.

Folgen für Reisende und ihre Rechte

Für viele Passagiere stellt sich die Frage, was im Falle einer Annullierung oder Verspätung gilt. Das U.S. Department of Transportation schreibt vor, dass Fluggäste Anspruch auf vollständige Rückerstattung haben, wenn ihr Flug von der Airline gestrichen wird und sie nicht reisen möchten. Auch bei erheblichen Verspätungen oder Flugplanänderungen kann eine Rückzahlung verlangt werden – ein Detail, das in den kommenden Tagen für Millionen Reisende relevant werden dürfte.

Fluggäste berichten in sozialen Medien bereits über erste längere Wartezeiten. In Foren wie Reddit schildern Beschäftigte der Flugverkehrskontrolle ihre Erschöpfung und die zunehmende Unsicherheit. An Flughäfen wie Phoenix Sky Harbor rechnen Beobachter mit Wartezeiten von bis zu 4,5 Stunden.

Langfristige Auswirkungen auf das Luftverkehrssystem

Die Brookings Institution weist darauf hin, dass der Shutdown eine strukturelle Schwäche offenlegt: Schon in den vergangenen zehn Jahren wurde nur etwa zwei Drittel des benötigten Fluglotsen-Nachwuchses eingestellt. Ausbildungsengpässe und hohe Belastung führten dazu, dass viele Positionen unbesetzt blieben – ein Zustand, der nun durch die politische Krise verschärft wird.

Laut NATCA gefährdet der Stillstand nicht nur den laufenden Betrieb, sondern auch langfristige Modernisierungsprogramme, etwa für technische Systeme und Schulungen. Auch Investitionen in Sicherheit und Wartung werden verzögert. Experten sehen darin ein Risiko, das über den aktuellen Shutdown hinausgeht – selbst nach einer Wiederaufnahme der Regierungsarbeit könnte es Wochen dauern, bis das System seine alte Stabilität erreicht.

Shutdown mit wirtschaftlichen Folgen

Der Regierungsstillstand betrifft derzeit rund 900 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst, weitere zwei Millionen arbeiten ohne Bezahlung. Der wirtschaftliche Schaden für die Luftfahrt- und Tourismusbranche wird bereits auf mehrere Milliarden US-Dollar geschätzt. Besonders heikel: Die Kürzungen fallen in die Vorbereitung auf die stark frequentierte Thanksgiving-Reisezeit – eine Phase, in der jährlich über 25 Millionen Menschen fliegen.

Ein Land zwischen Geduld und Belastungsgrenze

In sozialen Medien wächst der Unmut über die politischen Blockaden in Washington. Während die FAA betont, die Maßnahmen dienten ausschließlich der Flugsicherheit, zeigen sich viele Reisende fassungslos. „Ich verstehe, dass Sicherheit Vorrang hat – aber ich kann meinen Sohn nicht besuchen, weil mein Flug gestrichen wurde“, schreibt eine Nutzerin auf X (ehemals Twitter).

Die kommenden Tage dürften zeigen, ob das System der amerikanischen Luftfahrt unter dem Druck standhält. Eines ist sicher: Der Shutdown hat nicht nur den Regierungsbetrieb, sondern auch den Himmel über den USA in Turbulenzen versetzt – und das Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit des Landes weiter erschüttert.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.