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Unglaubliches aus der Luftfahrtbranche Kurios: Falscher Kapitän fliegt Passagiere durch Europa

In Allgemein
November 12, 2025

Vilnius, 12. November 2025 – Ein Routineflug, wie ihn täglich hunderte Male über Europa stattfinden. Doch in diesem Fall saß im Cockpit offenbar ein Mann, der nie hätte dort sitzen dürfen. Der Verdacht: Ein Pilot der litauischen Fluggesellschaft Avion Express soll als Kapitän geflogen sein, ohne dafür die erforderliche Lizenz zu besitzen. Die Nachricht löst Schockwellen in der Branche aus – und wirft grundlegende Fragen über Sicherheitskontrollen in der europäischen Luftfahrt auf.

Ein Pilot mit fragwürdiger Vergangenheit

Nach bisherigen Erkenntnissen war der Mann für die Charterfluggesellschaft Avion Express tätig, die mit Sitz in Vilnius vor allem Airbus A320 und A321 im sogenannten Wet-Lease-Verfahren betreibt – also Maschinen inklusive Besatzung an andere Airlines vermietet. Der Verdacht: Der Beschuldigte habe seine Unterlagen manipuliert, um die Position des Kapitäns zu erlangen. Interne Untersuchungen bestätigten inzwischen, dass „nicht verifizierte Informationen über seine Berufserfahrung“ aufgetaucht seien, wie die Airline mitteilte.

Offenbar war der Mann zuvor nur als Erster Offizier (Co-Pilot) bei der indonesischen Fluggesellschaft Garuda Indonesia beschäftigt. Später soll er Dokumente gefälscht haben, um bei Avion Express als Kapitän zu fliegen. Wie lange und auf welchen Strecken er eingesetzt war, bleibt bislang unklar. Mehrere Medien berichten, dass der Mann im vergangenen Sommer mindestens auf einzelnen Flügen im europäischen Luftraum aktiv gewesen sein soll.

Untersuchungen laufen auf Hochtouren

Avion Express leitete nach Bekanntwerden der Hinweise eine interne Untersuchung ein. Die Airline betonte in einer schriftlichen Stellungnahme, dass man die Vorwürfe sehr ernst nehme und „Sicherheit sowie die Einhaltung luftfahrtrechtlicher Vorschriften höchste Priorität“ hätten. Auch Auftraggeber wie Eurowings sollen über die Ermittlungen informiert sein – denn Avion Express flog im Auftrag anderer Airlines, deren Passagiere somit indirekt betroffen gewesen sein könnten.

Nach Informationen aus dem Umfeld der Ermittler sei die Dokumentation des Piloten aktuell Gegenstand einer umfassenden Überprüfung. Dabei sollen auch internationale Behörden eingebunden sein. Ein Sprecher erklärte, man prüfe „jede einzelne Station der bisherigen Fluglaufbahn“ des Mannes.

Wie konnte das passieren?

Diese Frage beschäftigt nicht nur Behörden, sondern auch Passagiere und Experten. Um als Kapitän zu arbeiten, ist eine gültige Airline Transport Pilot Licence (ATPL) erforderlich – die höchste Stufe der Pilotenlizenz. Sie setzt umfangreiche Flugerfahrung, theoretische Prüfungen und regelmäßige medizinische Tauglichkeitsnachweise voraus. Ein Übergang vom Ersten Offizier zum Kapitän erfordert zudem mehrere Prüfungen, Simulatortrainings und Flugstunden auf dem jeweiligen Flugzeugtyp.

Der aktuelle Fall legt offen, dass selbst bei strengen europäischen Regulierungen Manipulationen an Unterlagen offenbar nicht ausgeschlossen sind. Besonders in der Wet-Lease-Branche, in der Besatzungen für verschiedene Airlines fliegen, kann die Überprüfung komplex werden – da nationale Behörden, Auftraggeber und Subunternehmen involviert sind. Branchenkenner verweisen auf strukturelle Herausforderungen: Die Registrierung vieler Wet-Lease-Fluggesellschaften in Ländern wie Malta oder Litauen erschwere die vollständige Kontrolle von Qualifikationsnachweisen.

Ein Muster mit Geschichte

Der Skandal ist nicht der erste seiner Art. Bereits in der Vergangenheit kam es zu ähnlichen Fällen: Der schwedische Pilot Thomas Salme flog über ein Jahrzehnt als Kapitän ohne gültige Lizenz, bevor er 2010 aufflog und verurteilt wurde. Auch in Indien deckten Behörden zwischen 2010 und 2012 mehr als hundert gefälschte Pilotenlizenzen auf – ein mahnendes Beispiel für die Verwundbarkeit der Branche gegenüber Fälschungen und Betrug.

Branchenforen und soziale Netzwerke diskutieren derzeit intensiv über den litauischen Fall. In Pilot:innenforen wie PPRuNe wird berichtet, dass Avion Express Mitarbeitende teilweise über maltesische Verträge beschäftigt, was zu komplexen Prüfverfahren führen kann. Einzelne Nutzer schildern auch, dass die Qualitätskontrolle in Trainings und Line-Checks ausbaufähig sei – Erfahrungen, die zwar subjektiv sind, aber ein mögliches Stimmungsbild innerhalb der Branche zeigen.

Sicherheitsrisiken und Reaktionen

Obwohl bislang keine Unfälle oder Zwischenfälle in Verbindung mit dem falschen Kapitän bekannt sind, bleibt die Frage nach der Passagiersicherheit im Raum. Luftfahrtexperten sehen den Vorfall als „Warnsignal“, insbesondere für Airlines, die externe Besatzungen im Einsatz haben. Die Verantwortung im Cockpit liegt stets beim Kapitän – eine Position, die hohe Entscheidungsbefugnisse und Belastbarkeit erfordert.

Die europäische Luftfahrtaufsicht beobachtet die Situation aufmerksam. Interne Compliance-Programme der Airlines sollen künftig verschärft werden, insbesondere im Bereich der Dokumentenprüfung und Lizenzverifikation. Für Reisende bleibt die Unsicherheit: War mein Flug betroffen? – Eine Frage, die sich derzeit viele stellen, da Avion Express regelmäßig im Auftrag anderer Gesellschaften fliegt.

Hintergründe zum Wet-Lease-System

Das Wet-Lease-Verfahren erlaubt Airlines, Kapazitäten flexibel zu erweitern – etwa in der Hochsaison oder bei technischen Engpässen. Dabei stellt die Leasinggesellschaft das Flugzeug samt Crew, Wartung und Versicherung. Dieses Modell ist effizient, erhöht aber die Komplexität der Sicherheitsüberwachung. Unterschiede in den nationalen Regulierungen, Sprachbarrieren und internationale Beschäftigungsverhältnisse erschweren einheitliche Standards.

Typische Wet-Lease-Strukturen:

  • Flugzeug und Crew stammen von einer externen Airline (z. B. Avion Express).
  • Der Auftraggeber (z. B. Eurowings) verkauft Tickets und führt den Flug unter eigener Flugnummer.
  • Die Verantwortung für Ausbildung und Lizenzen liegt primär beim Leasing-Anbieter.

Gerade dieser letzte Punkt steht nun im Fokus der Ermittlungen – wie konnte ein Pilot ohne ausreichende Qualifikation ein Verkehrsflugzeug über Monate hinweg steuern, ohne dass es auffiel?

Ein Vorfall, der Vertrauen erschüttert

In der litauischen Hauptstadt Vilnius wächst der Druck auf Avion Express, umfassend aufzuklären. Die Airline versichert, „alle notwendigen Maßnahmen zur Klärung des Sachverhalts“ zu ergreifen. Auch innerhalb der europäischen Luftfahrtbranche dürfte der Fall zu Konsequenzen führen – sei es durch verschärfte Lizenzprüfungen, digitale Authentifizierungsverfahren oder engere Kooperation zwischen den Luftfahrtbehörden.

Der Vorfall zeigt: Vertrauen ist in der Luftfahrt ebenso wertvoll wie Treibstoff. Schon der Verdacht, dass jemand ohne Lizenz ein Verkehrsflugzeug steuerte, genügt, um ein ganzes Sicherheitsnetz ins Wanken zu bringen. Ob dieser „falsche Kapitän“ ein Einzelfall bleibt oder ein tieferliegendes Problem aufdeckt, werden die kommenden Wochen zeigen – doch eines ist sicher: Die Branche wird künftig genauer hinsehen.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.