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Schlafmediziner warnen Mediziner schlagen Alarm: Was hinter den Warnungen vor Melatonin steckt

In Allgemein
November 12, 2025

Ein unscheinbares Nahrungsergänzungsmittel, das Millionen Menschen in den Schlaf helfen soll, steht plötzlich im Zentrum medizinischer Diskussionen. Melatonin, lange Zeit als harmlos und natürlich geltend, wird von Schlafexperten zunehmend kritisch betrachtet. Neue Daten deuten darauf hin, dass die Langzeiteinnahme dieses „Schlafhormons“ nicht so unbedenklich sein könnte, wie viele glauben. Was steckt hinter den aktuellen Warnungen – und welche Wege führen wirklich zu besserem Schlaf?

Neue Studien werfen Fragen zur Sicherheit auf

Eine groß angelegte Untersuchung mit Daten von über 130.000 Erwachsenen hat die Diskussion rund um Melatonin neu entfacht. Die Studie, die auf elektronischen Gesundheitsakten basiert, untersuchte Menschen mit diagnostizierter chronischer Schlaflosigkeit. Etwa die Hälfte von ihnen hatte mindestens ein Jahr lang regelmäßig Melatonin eingenommen.

Die Ergebnisse sind bemerkenswert: In der Gruppe der Melatonin-Nutzer trat bei rund fünf Prozent innerhalb von fünf Jahren ein Herzversagen auf – in der Kontrollgruppe waren es nur etwa drei Prozent. Das entspricht einer fast doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit, mit einem sogenannten Hazard Ratio (HR) von 1,89. Auch die Gesamtsterblichkeit lag höher, mit einem HR von 2,09. Zudem zeigte sich ein signifikant erhöhtes Risiko für Krankenhausaufenthalte aufgrund von Herzschwäche.

Die Studienautoren betonen jedoch, dass die Daten keine direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung belegen. Es handelt sich um Beobachtungsdaten, die zwar Zusammenhänge zeigen, aber nicht beweisen, dass Melatonin selbst das Risiko erhöht. Faktoren wie die Schwere der Schlafstörung oder Begleiterkrankungen könnten ebenfalls eine Rolle spielen.

„Diese Ergebnisse sind alarmierend, aber nicht abschließend“

Mehrere Fachgesellschaften haben bereits reagiert. Die American Heart Association sprach von „wichtigen Hinweisen“, warnte aber zugleich vor vorschnellen Schlüssen. Auch der Council for Responsible Nutrition (CRN) wies darauf hin, dass die Studie noch nicht peer-reviewt ist und viele Details – etwa Dosierungen oder Begleiterkrankungen – fehlen.

„Diese Studie zeigt eine Assoziation, keine Kausalität“, heißt es in der Stellungnahme des CRN. Besonders für gesunde Erwachsene, die Melatonin nur gelegentlich einnehmen, sei die Relevanz der Ergebnisse unklar.

Was Experten tatsächlich empfehlen

Melatonin wird in den USA frei verkauft, in Deutschland und Großbritannien dagegen meist verschreibungspflichtig eingesetzt. Viele Menschen greifen zu dem Präparat in der Hoffnung, Schlafprobleme schnell und unkompliziert zu lösen. Doch Schlafmediziner raten zur Zurückhaltung.

Die Johns Hopkins University empfiehlt, Melatonin nur kurzfristig einzunehmen – beispielsweise bei Jetlag oder bei einem verschobenen Schlaf-Wach-Rhythmus. Sollte sich innerhalb von ein bis zwei Wochen keine Verbesserung zeigen, sei der Arztbesuch unerlässlich. Außerdem wird davon abgeraten, das Hormon in der Schwangerschaft, bei Autoimmunerkrankungen oder bei gleichzeitiger Einnahme bestimmter Medikamente (etwa gegen Bluthochdruck oder Diabetes) zu verwenden.

Geringe Dosis, begrenzter Nutzen

Die Wirksamkeit von Melatonin ist wissenschaftlich belegt – aber in einem sehr engen Rahmen. Studien zeigen, dass es die Einschlafzeit lediglich um wenige Minuten verkürzt. Bei chronischer Insomnie bleibt der Effekt gering. „Mehr hilft hier nicht mehr“, so der Tenor vieler Fachleute. Eine höhere Dosis führt nicht zu besserem Schlaf, sondern erhöht lediglich das Risiko für Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel oder morgendliche Benommenheit.

Empfohlen wird in der Regel eine Dosierung von 1 bis 3 Milligramm, eingenommen etwa zwei Stunden vor der geplanten Schlafenszeit. Wer nach zwei Wochen keine Veränderung bemerkt, sollte die Einnahme beenden.

Langzeiteinnahme ohne ärztliche Begleitung? Keine gute Idee

Viele Betroffene nehmen Melatonin dauerhaft ein – oft über Monate oder Jahre. In sozialen Medien und Online-Foren diskutieren Nutzer inzwischen die neue Studienlage intensiv. In medizinischen Diskussionsforen wie Reddit äußern Fachärzte Bedenken, dass die beobachteten Risiken weniger auf das Präparat selbst, sondern auf die zugrunde liegende Patientengruppe zurückzuführen sein könnten. Menschen, die Melatonin langfristig verwenden, leiden häufig an schweren Schlafstörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen – was das Ergebnis der Studie beeinflussen könnte.

Auch die US-amerikanische Mayo Clinic betont, dass die langfristigen Auswirkungen von Melatonin nicht ausreichend erforscht sind. Während kurzfristige Anwendungen als sicher gelten, ist über die Folgen jahrelanger Nutzung kaum etwas bekannt. Hinzu kommt: Nahrungsergänzungsmittel unterliegen keiner strengen Kontrolle. Dosierungen und Reinheit können stark variieren – ein Problem, das auch die Food and Drug Administration (FDA) regelmäßig anmahnt.

Die häufigsten Nebenwirkungen im Überblick

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel oder Benommenheit am Folgetag („Melatonin-Hangover“)
  • Müdigkeit oder Stimmungsschwankungen
  • Wechselwirkungen mit Blutdruck- oder Diabetesmedikamenten

Warum Schlafhygiene die bessere Wahl ist

Viele Ärzte raten, den Fokus wieder stärker auf die natürlichen Schlafgewohnheiten zu legen. Regelmäßige Schlafzeiten, eine dunkle und ruhige Umgebung sowie der Verzicht auf Bildschirme vor dem Zubettgehen gehören zu den effektivsten Maßnahmen. „Melatonin kann helfen, aber es ist kein Ersatz für gute Schlafhygiene“, betont Johns Hopkins Medicine.

Auch bei anhaltenden Schlafproblemen sollte die Ursache untersucht werden. Schlafapnoe, psychischer Stress oder hormonelle Störungen können hinter chronischer Müdigkeit stecken. Hier hilft kein Supplement, sondern eine ärztliche Diagnose.

Alternativen zu Melatonin

Wer nicht sofort zu Tabletten greifen möchte, hat mehrere evidenzbasierte Alternativen:

  • Verhaltenstherapie bei Insomnie (CBT-I) gilt als wirksamste Methode.
  • Entspannungsübungen wie progressive Muskelentspannung oder Meditation.
  • Kurzzeitiger Einsatz pflanzlicher Präparate wie Baldrian oder Passionsblume.
  • Gezielter Licht- und Bewegungsausgleich am Tag, um den Schlaf-Wach-Rhythmus zu stabilisieren.

Diese Maßnahmen können laut Studien den Schlaf ebenso verbessern wie Melatonin – ohne pharmakologische Nebenwirkungen.

Häufige Fragen und klare Antworten

Viele Nutzer fragen sich, ob es sicher sei, Melatonin jeden Abend einzunehmen. Experten raten davon ab. Kurzfristig ist die Einnahme meist unproblematisch, doch langfristig könnte sie den natürlichen Melatoninspiegel des Körpers beeinflussen. Eine zweite häufige Frage betrifft die Dosierung: Auch hier gilt das Prinzip „so wenig wie möglich, so kurz wie nötig“.

Zur Frage, ob die tägliche Einnahme die körpereigene Produktion stört, gibt es bislang keine eindeutigen Belege – doch auch keine Entwarnung. Medizinische Fachgesellschaften empfehlen deshalb, das Präparat nur zeitlich begrenzt einzusetzen und bei anhaltenden Schlafproblemen ärztliche Unterstützung zu suchen.

Was die aktuelle Forschung noch nicht beantworten kann

Auch wenn die neue AHA-Analyse die Diskussion verschärft hat, bleiben viele Fragen offen: Wie stark sind die Ergebnisse durch Begleiterkrankungen beeinflusst? Welche Rolle spielt die Dosis? Und wie wirkt sich die Einnahme über mehrere Jahre hinweg tatsächlich auf Herz und Stoffwechsel aus? Selbst die Forscher betonen, dass es bislang keine Langzeitstudien gibt, die diese Punkte eindeutig klären.

Ein wachsendes Bewusstsein für Risiken

Interessanterweise wird Melatonin in Europa strenger reguliert als in den USA. Während dort Millionen Menschen frei darauf zugreifen, ist es hierzulande meist rezeptpflichtig – ein Hinweis darauf, dass der medizinische Nutzen und die Risiken unterschiedlich eingeschätzt werden. Fachleute sehen die aktuelle Debatte als Chance, das Bewusstsein für einen verantwortungsvolleren Umgang mit Schlafmitteln zu schärfen.

Auf Social Media zeigen sich inzwischen viele Menschen verunsichert. „Ich nehme Melatonin seit zwei Jahren jeden Abend – jetzt weiß ich gar nicht, ob das noch sicher ist“, schreibt ein Nutzer. Solche Reaktionen sind verständlich, denn Schlaflosigkeit kann quälend sein. Doch Experten mahnen: Sicherheit geht vor Routine.

Was jetzt zu erwarten ist

Die medizinische Forschung wird sich in den kommenden Jahren verstärkt mit der Langzeitsicherheit von Melatonin beschäftigen. Mehrere Kliniken planen derzeit randomisierte Studien, um den Zusammenhang zwischen Melatonin und Herz-Kreislauf-Erkrankungen genauer zu prüfen. Bis dahin gilt: Wer das Hormon regelmäßig nimmt, sollte dies nicht ohne ärztliche Begleitung tun – und alternative Wege zur Schlafverbesserung nicht unterschätzen.

Ein neuer Blick auf den „natürlichen“ Schlafhelfer

Melatonin bleibt ein faszinierendes Molekül – ein biologisches Signal, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert und zugleich ein lukratives Marktprodukt geworden ist. Doch die jüngsten Erkenntnisse zeigen, wie wichtig es ist, „natürliche“ Substanzen nicht automatisch als risikofrei zu betrachten. Die Warnungen der Schlafmediziner markieren keinen Alarmismus, sondern eine notwendige Korrektur im Umgang mit einem Mittel, das längst seinen Platz in Millionen Nachttischen gefunden hat. Ob die langfristige Nutzung wirklich gefährlich ist, werden erst zukünftige Studien beantworten. Bis dahin lautet der Rat der Experten: Vorsicht statt Routine – und lieber auf gesunde Schlafgewohnheiten setzen, als auf Pillen zu vertrauen.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.