
Stilfserjoch, Italien – 17. Dezember 2025 – Hoch über den Tälern der italienischen Alpen, dort, wo heute Fels, Eis und Geröll dominieren, sind Spuren einer längst verschwundenen Welt sichtbar geworden. In steilen Dolomitwänden zeichnen sich Abdrücke ab, die vor mehr als 200 Millionen Jahren entstanden – als Dinosaurier eine feuchte Küstenlandschaft durchquerten.
Der Fund gilt als eine der bedeutendsten Entdeckungen fossiler Dinosaurier-Spuren in den Alpen und eröffnet neue Einblicke in eine Zeit, in der diese Gebirgsregion noch Teil eines warmen Urmeeres war.
Im Stelvio-Nationalpark im Norden Italiens haben Forschende eine außergewöhnlich umfangreiche Ansammlung fossiler Dinosaurier-Spuren dokumentiert. Die Abdrücke liegen im Valle di Fraele bei Valdidentro, zwischen Bormio und Livigno, in einer Region, die durch ihre hochalpine Lage bislang nicht als klassisches Fundgebiet der Paläontologie galt. Umso größer ist die wissenschaftliche Bedeutung: Die Dinosaurier-Spuren in den Alpen gehören zu den ältesten und zugleich ausgedehntesten ihrer Art in Europa. Sie stammen aus dem späten Trias-Zeitalter und sind nach derzeitigen Erkenntnissen rund 210 Millionen Jahre alt.
Was heute wie ein schroffes Hochgebirge erscheint, war damals eine flache Küstenzone am Rand des Tethys-Ozeans. Schlammige Sedimente, zeitweise überflutet, boten ideale Bedingungen dafür, dass die Fußabdrücke großer Landtiere erhalten blieben. Erst durch die langsame Hebung der Alpen und die tektonischen Prozesse der Erdgeschichte gelangten diese Spuren an die Oberfläche – und stehen nun nahezu senkrecht in den Felswänden.
Ein Zufallsfund mit weitreichenden Folgen
Entdeckt wurden die Dinosaurier-Spuren in den Alpen im September 2025 von dem Naturfotografen Elio Della Ferrera. Bei einer Tour durch den Nationalpark stieß er auf ungewöhnliche Strukturen in einer steilen Dolomitwand. Die regelmäßigen Formen und klaren Konturen ließen ihn stutzen. Della Ferrera informierte daraufhin Fachleute, die den Fund rasch als paläontologische Sensation einstuften.
Ein Forschungsteam unter Leitung des Paläontologen Cristiano Dal Sasso vom Naturkundemuseum in Mailand begann mit der systematischen Untersuchung der Fundstelle. Schon die ersten Erhebungen zeigten, dass es sich nicht um vereinzelte Abdrücke handelt, sondern um ein weit verzweigtes Netz aus Fährten, das sich über mehrere Kilometer erstreckt. In dieser Dichte und Ausdehnung sind fossile Dinosaurier-Spuren in den Alpen bislang kaum bekannt.
Abdrücke aus der Trias
Die Spuren lassen sich eindeutig in das späte Trias-Zeitalter einordnen, eine Phase der Erdgeschichte, in der sich Dinosaurier gerade erst zu dominierenden Landtieren entwickelten. Die Abdrücke messen teilweise bis zu 40 Zentimeter und zeigen klar erkennbare Zehen- und Krallenstrukturen. Ihre Erhaltung ist außergewöhnlich gut, was auf günstige Ablagerungsbedingungen und eine schnelle Überdeckung durch Sedimente hindeutet.
Paläontologen gehen davon aus, dass die Dinosaurier-Spuren in den Alpen überwiegend von sogenannten Prosauropoden stammen. Diese frühen, pflanzenfressenden Dinosaurier gelten als Vorläufer der späteren riesigen Sauropoden. Sie bewegten sich vermutlich auf vier Beinen, verfügten über lange Hälse und relativ kleine Köpfe. Die parallele Ausrichtung vieler Fährten deutet darauf hin, dass sich mehrere Tiere gemeinsam fortbewegten.
Hinweise auf Sozialverhalten
Besonders aufschlussreich sind Abschnitte, in denen zahlreiche Spuren in gleichmäßigen Abständen nebeneinander verlaufen. Solche Muster sprechen für ein ausgeprägtes Herdenverhalten. In einigen Bereichen sind Anordnungen zu erkennen, die auf kurzzeitige Ansammlungen hindeuten könnten – möglicherweise Rastplätze oder Orte, an denen die Tiere Schutz suchten.
Für die Forschung ist dies von erheblicher Bedeutung, denn fossile Knochen liefern zwar Informationen über die Anatomie von Dinosauriern, ihre Spuren hingegen erlauben Rückschlüsse auf Verhalten, Geschwindigkeit und soziale Organisation. Die Dinosaurier-Spuren in den Alpen eröffnen damit ein seltenes Fenster in den Alltag dieser frühen Landwirbeltiere.
Vom Meeresboden ins Hochgebirge
Dass sich die Spuren heute in über 2 000 Metern Höhe befinden, ist das Ergebnis einer langen geologischen Entwicklung. Ursprünglich wurden die Abdrücke in weichen Schlamm gedrückt, der sich am Rand des damaligen Tethys-Ozeans ablagerte. Mit der Zeit verfestigten sich diese Sedimente zu Gestein. Erst Millionen Jahre später begannen die Kräfte der Plattentektonik, die Alpen aufzutürmen.
Im Zuge dieser Gebirgsbildung wurden die Gesteinsschichten nicht nur angehoben, sondern auch gekippt. Was einst eine horizontale Wattfläche war, steht heute nahezu senkrecht. Gerade diese ungewöhnliche Lage macht die Dinosaurier-Spuren in den Alpen so eindrucksvoll – und zugleich so schwer zugänglich.
Forschung unter extremen Bedingungen
Die Arbeit an der Fundstelle stellt die Wissenschaftler vor erhebliche logistische Herausforderungen. Viele Spuren liegen in steilen, teilweise schwer erreichbaren Felswänden. Klassische Grabungsmethoden sind hier kaum anwendbar. Stattdessen kommen moderne Techniken zum Einsatz: Drohnen erfassen hochauflösende Bilder, digitale 3D-Modelle ermöglichen eine präzise Vermessung der Abdrücke.
Diese Daten sollen in den kommenden Jahren detailliert ausgewertet werden. Ziel ist es, Schrittweiten, Bewegungsrichtungen und mögliche Interaktionen zwischen den Tieren zu rekonstruieren. Die Forschenden rechnen damit, dass die Analyse der Dinosaurier-Spuren in den Alpen ein langfristiges Projekt wird, dessen Ergebnisse schrittweise neue Erkenntnisse zur frühen Evolution der Dinosaurier liefern.
Ein Fund von internationaler Tragweite
Schon jetzt ist klar, dass die Entdeckung weit über die Region hinaus Bedeutung hat. Vergleichbare Fundstellen sind weltweit selten, insbesondere in hochalpinen Lagen. Die Dinosaurier-Spuren in den Alpen ergänzen bekannte Fährtenfunde aus anderen Teilen Europas und tragen dazu bei, das Bild der Trias-Fauna zu vervollständigen.
Für den Stelvio-Nationalpark ergibt sich zugleich eine neue Verantwortung. Der Schutz der empfindlichen Felsflächen hat höchste Priorität, um die Spuren dauerhaft zu erhalten. Öffentliche Zugänglichkeit ist daher nur sehr eingeschränkt vorgesehen. Die wissenschaftliche Dokumentation steht im Vordergrund.
Spuren, die Geschichte erzählen
Die fossilen Abdrücke im Hochgebirge sind mehr als geologische Kuriositäten. Sie sind stille Zeugnisse einer Zeit, in der die Alpen noch nicht existierten und Dinosaurier die Küsten eines warmen Urmeeres bevölkerten. Jeder einzelne Schritt, der sich im Gestein erhalten hat, erzählt von Bewegung, von Leben und von einer Erde im Wandel.
Mit der Entdeckung der Dinosaurier-Spuren in den Alpen ist ein weiteres Kapitel dieser langen Geschichte sichtbar geworden. Es erinnert daran, wie tief die Vergangenheit in der Landschaft eingeschrieben ist – und wie viel sie noch preisgeben kann, wenn Zufall, Aufmerksamkeit und Wissenschaft zusammenkommen.