
Pforzheim, 31. Dezember 2025 – Transparente im Winterlicht, Sprechchöre zwischen Rathausfassaden, konzentrierte Stille in den Redebeiträgen. Mehrere hundert Menschen versammelten sich in der Innenstadt von Pforzheim, um ein sichtbares Zeichen gegen Abschiebehaft und gegen rechte Ausgrenzung zu setzen. Der Protest verlief friedlich, aber bestimmt. Im Mittelpunkt stand die Forderung nach einer grundlegenden Neubewertung der Abschiebepraxis in Baden-Württemberg – und darüber hinaus.
Ein Protest mit klarer Zielrichtung
Unter dem Motto „Gegen jede Abschiebehaft“ zogen die Demonstrierenden am frühen Nachmittag vom Marktplatz durch zentrale Straßenzüge der Stadt. Aufgerufen hatten lokale zivilgesellschaftliche Gruppen, darunter Initiativen aus der antirassistischen Arbeit sowie migrantische Zusammenschlüsse. Die Demonstration richtete sich ausdrücklich gegen die Abschiebehaftanstalt in Pforzheim, die einzige ihrer Art in Baden-Württemberg, und verband diese Kritik mit einer deutlichen Positionierung gegen rechte Ideologien.
Die Demo gegen Rechts in Pforzheim war dabei mehr als eine Momentaufnahme. Sie fügte sich ein in eine länger andauernde lokale Auseinandersetzung über den Umgang mit Geflüchteten, über staatlichen Freiheitsentzug ohne strafrechtliche Verurteilung und über die Frage, wie eine demokratische Gesellschaft mit Migration umgeht. Die Organisatoren hatten bewusst den Jahresabschluss gewählt, um noch einmal öffentlich Druck aufzubauen.
Abschiebehaft als Kern der Kritik
Abschiebehaft bezeichnet die Inhaftierung von ausreisepflichtigen Personen, um eine bevorstehende Abschiebung sicherzustellen. Die Pforzheimer Einrichtung besteht seit 2016 und ist regelmäßig Gegenstand öffentlicher Kritik. Demonstrierende machten deutlich, dass sie diese Form des Freiheitsentzugs grundsätzlich ablehnen. Aus ihrer Sicht trifft die Maßnahme Menschen, die keine Straftaten begangen haben, sondern lediglich keinen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzen.
Auf Transparenten und in Redebeiträgen wurde betont, dass Abschiebehaft nicht nur eine verwaltungsrechtliche Maßnahme sei, sondern für die Betroffenen einen tiefen Einschnitt bedeute – psychisch, sozial und familiär. Gerade in Pforzheim, so der Tenor vieler Wortmeldungen, beträfen Inhaftierung und Abschiebung häufig Menschen, die bereits seit Jahren in Deutschland leben.
Forderungen der Demonstrierenden
Die Demo gegen Rechts in Pforzheim artikulierte ihre Anliegen klar und wiederholt. Im Zentrum standen folgende Forderungen:
- die Abschaffung der Abschiebehaft in Baden-Württemberg,
- ein Ende von Abschiebungen aus laufenden Lebens- und Arbeitsverhältnissen,
- mehr rechtliche und soziale Sicherheit für Geflüchtete,
- eine Migrationspolitik, die Menschenrechte konsequent in den Mittelpunkt stellt.
Vertreterinnen und Vertreter migrantischer Initiativen schilderten dabei persönliche und kollektive Erfahrungen mit Angst vor Inhaftierung und Abschiebung. Ihre Beiträge verliehen dem Protest eine besondere Eindringlichkeit und machten deutlich, dass die Diskussion um Abschiebehaft weit über juristische Fragen hinausgeht.
Engagement gegen rechte Tendenzen
Die Demonstration verstand sich ausdrücklich auch als Demo gegen Rechts. In Redebeiträgen wurde darauf verwiesen, dass Abschottung, Abschiebepolitik und rechte Stimmungsmache oft Hand in Hand gingen. Die Veranstalter sahen den Protest als Teil einer breiteren zivilgesellschaftlichen Bewegung, die sich gegen Rassismus, Diskriminierung und die Normalisierung rechter Positionen stellt.
Pforzheim ist in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz solcher Kundgebungen gewesen. Lokale Bündnisse und Initiativen haben sich etabliert, um öffentlich gegen rechte Strömungen aufzutreten und demokratische Werte sichtbar zu machen. Die aktuelle Demo knüpfte bewusst an diese Tradition an.
Die umstrittene Praxis der Abschiebehaft
Die Abschiebehaft ist seit Jahren Gegenstand kontroverser Debatten. Kritiker bemängeln, dass der Freiheitsentzug unverhältnismäßig sei und Menschen allein aufgrund ihres Aufenthaltsstatus kriminalisiere. Unterstützer der Maßnahme verweisen hingegen auf die Notwendigkeit, Abschiebungen rechtssicher durchzuführen und ein Untertauchen zu verhindern.
In der Pforzheimer Abschiebehaftanstalt haben Initiativen und kirchliche Gruppen wiederholt auf problematische Zustände aufmerksam gemacht. Thematisiert wurden unter anderem eingeschränkte Beratungsangebote, psychische Belastungen der Inhaftierten und eine Haftpraxis, die von den Betroffenen als besonders restriktiv empfunden wird. Diese Kritik bildet seit Jahren den Hintergrund für Proteste wie die aktuelle Demo gegen Rechts in Pforzheim.
Einordnung in die bundesweite Debatte
Der Protest in Pforzheim steht exemplarisch für eine bundesweite Diskussion über Migration, Abschiebungen und staatliche Verantwortung. In vielen Städten haben sich ähnliche Initiativen gebildet, die Abschiebehaft grundsätzlich infrage stellen und eine Abkehr von repressiven Instrumenten fordern. Die Demonstration machte deutlich, dass diese Debatte weiterhin an Schärfe gewinnt.
Behörden und öffentliche Reaktionen
Offizielle Stellungnahmen der Stadt oder der zuständigen Landesbehörden zur Demonstration lagen zunächst nicht vor. Die Versammlung wurde polizeilich begleitet und verlief nach Angaben der Organisatoren ohne Zwischenfälle. Damit blieb der Fokus der Veranstaltung klar auf den politischen Inhalten und Forderungen der Teilnehmenden.
Ein gesellschaftliches Signal zum Jahresende
Die Demo gegen Rechts in Pforzheim setzte zum Abschluss des Jahres ein bewusstes Zeichen. Sie zeigte, dass Fragen von Abschiebehaft, Menschenwürde und gesellschaftlichem Zusammenhalt viele Menschen bewegen – auch jenseits parteipolitischer Debatten. Der Protest machte sichtbar, dass zivilgesellschaftlicher Widerspruch ein fester Bestandteil der lokalen politischen Kultur geblieben ist und die Auseinandersetzung um eine humane Migrationspolitik weitergeführt wird.