
Im Hamburger Strafprozess um die mutmaßliche Kindesentführung durch Christina Block und Mitangeklagte prallen gegensätzliche Darstellungen von Block und ihrem Ex-Mann Stephan Hensel aufeinander. Der Fall sorgt seit Monaten für Schlagzeilen, weil er nicht nur eine milliardenschwere Unternehmerfamilie betrifft, sondern auch internationale Dimensionen durch den Einsatz einer israelischen Sicherheitsfirma erreicht. Die Verhandlung entwickelt sich zu einem der aufsehenerregendsten Familienrechtsfälle der letzten Jahre.
Hintergrund: Ein Sorgerechtsstreit mit internationaler Dimension
Der Ursprung des Konflikts liegt im Jahr 2021, als Stephan Hensel nach einem Aufenthalt mit den Kindern in Dänemark zwei der gemeinsamen Kinder bei sich behielt. Christina Block, Tochter des bekannten Steakhouse-Gründers Eugen Block, erhielt zwar in Deutschland das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen, konnte dieses Recht jedoch in Dänemark nicht durchsetzen. Seitdem tobt ein erbitterter Streit um die Zukunft der Kinder. Während die ältere Tochter freiwillig beim Vater lebt, soll die jüngere zeitweise bei Block in Hamburg geblieben sein.
Die Anklage: Auftrag zur Entführung?
Die Staatsanwaltschaft wirft Christina Block vor, in der Silvesternacht 2023/24 eine internationale Operation zur Rückholung der Kinder beauftragt zu haben. Dabei sollen ehemalige israelische Geheimdienstmitarbeiter eingesetzt worden sein. Fünf maskierte Männer hätten Hensel in Dänemark überwältigt, die Kinder unter Gewaltanwendung entführt und nach Deutschland gebracht. Einer der Mitangeklagten schilderte detailliert, wie die Kinder gegen den Willen des Vaters fortgebracht wurden. Diese Aussagen bilden das Kernstück der Anklage.
Die Rolle der israelischen Sicherheitsfirma
Ein zentraler Streitpunkt betrifft die Sicherheitsfirma, die angeblich von Block engagiert wurde. Während die Anklage behauptet, die Firma sei direkt in die Entführung involviert gewesen, argumentiert Block, sie habe die Firma lediglich für IT- und Hotelsicherheit beauftragt. In einem Notizbuch der Firma tauchten jedoch detaillierte Einträge auf: Namen von Schulen der Kinder in Dänemark, Hinweise auf Silvesterpläne und weitere Informationen. Diese Indizien werfen Fragen auf, in welchem Umfang Block tatsächlich informiert war.
Die Position von Christina Block
Christina Block bestreitet jede Verantwortung für die Entführung. Sie bezeichnete ihren Ex-Mann vor Gericht als „manipulativ und wahnhaft“ und sieht sich selbst als Opfer einer gezielten Kampagne. Block erklärte mehrfach, dass sie lediglich versucht habe, ihr gesetzliches Aufenthaltsbestimmungsrecht durchzusetzen. Die Vorwürfe der Gewalt und Entführung weist sie strikt zurück. Auf viele Fragen der Nebenklage ging sie zuletzt nicht mehr ein, sondern berief sich auf ihr Schweigerecht.
„Es ist die schlechteste Position, meine Kinder so weit weg zu wissen und ihnen nicht helfen zu können“, sagte Block im Gerichtssaal.
Warum verweigert Christina Block das Antworten auf Fragen der Nebenklage?
Block begründet ihr Schweigen damit, dass die Fragen ihres Ex-Mannes Teil einer Strategie seien, sie öffentlich zu diffamieren. Sie sieht sich psychischem Druck ausgesetzt und will verhindern, dass ihre Aussagen gegen sie verwendet werden. Juristisch stützt sie sich dabei auf das in Strafprozessen verankerte Recht, keine belastenden Antworten geben zu müssen.
Die Position von Stephan Hensel
Stephan Hensel hingegen zeichnet ein völlig anderes Bild. Er wirft Block vor, die Kinder bewusst entfremdet und die Entführung geplant zu haben. Zudem spricht er von psychischer und physischer Gewalt, die die Kinder bei Block erlebt haben sollen. Laut Hensel schrien die Kinder in der Silvesternacht, wurden geschlagen und misshandelt. Block weist dies entschieden zurück. Für Hensel steht im Mittelpunkt, dass seine Kinder in Sicherheit aufwachsen können und nicht gegen ihren Willen in ein anderes Land gebracht werden.
Was wirft der Nebenkläger Stephan Hensel Christina Block vor?
Die Vorwürfe umfassen sowohl den angeblichen Auftrag zur Entführung als auch die Einschränkung von Kontakten zu Familie und Freunden. Zudem berichtet Hensel von Gewaltvorfällen, die die Kinder selbst geschildert haben sollen. Diese Aussagen sorgen im Prozess immer wieder für emotionale Spannungen, da Block vehement widerspricht und die Glaubwürdigkeit ihres Ex-Mannes in Frage stellt.
Geheime Pläne und widersprüchliche Angaben
Besonders für Aufsehen sorgten Details möglicher Pläne zur Rückholung der Kinder. Laut Akten wurden verschiedene Szenarien erörtert: ein Transport mit einem Boot über die Flensburger Förde, der Einsatz eines Hubschraubers oder sogar eine Täuschungsaktion, bei der eine Sicherheitsmitarbeiterin als neue Ehefrau von Hensel verkleidet die Kinder abholen sollte. Block bezeichnet diese Szenarien als hypothetische Überlegungen, nicht als konkrete Pläne. Die Staatsanwaltschaft sieht darin jedoch deutliche Hinweise auf Vorbereitung und Motivation.
Juristischer Rahmen: Internationale Kindesentführungen
Der Fall wird zusätzlich durch internationale Zuständigkeiten kompliziert. Grundlage ist das Haager Kindesentführungsübereinkommen, das Rückführungen von Kindern regelt, wenn diese über Grenzen hinweg entzogen werden. Allein im Jahr 2024 wurden in Deutschland 474 neue Verfahren nach diesem Abkommen registriert. Ein Großteil betraf Rückführungsanträge, wobei die Mehrheit von Müttern ausging. Innerhalb der EU gilt zudem die Brüssel-IIb-Verordnung, die die Zusammenarbeit und Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen im Familienrecht regelt.
Welche Rolle spielt die israelische Sicherheitsfirma im Prozess gegen Christina Block?
Nach Darstellung der Anklage war die Sicherheitsfirma aktiv an der Planung der Entführung beteiligt. Block selbst gibt an, dass es nur um technische Sicherheitsleistungen ging. Dennoch deutet die Beweislage – vor allem das erwähnte Notizbuch – darauf hin, dass die Firma Informationen sammelte, die direkt für die Tat relevant waren. Die genaue Rolle ist bis heute einer der größten Streitpunkte im Verfahren.
Das persönliche Umfeld und Mitangeklagte
Ein weiterer Aspekt ist die Rolle des Moderators Gerhard Delling, Blocks Lebensgefährte, der wegen Beihilfe angeklagt ist. Auch hier streitet Block jede Mitverantwortung ab. In den Ermittlungsakten wird jedoch sein Name in Zusammenhang mit möglichen Fluchtplänen genannt. Für die Öffentlichkeit überraschend war auch, dass Block den ehemaligen Regierungssprecher Béla Anda für Litigation-PR engagierte, um das mediale Bild zu beeinflussen. Ihre Anwälte setzen zudem auf eine Strategie der Offensive: Sie betonen immer wieder, dass Hensel die Kinder systematisch von der Mutter entfremdet habe.
Was wissen wir über den Vermittler Gerhard Delling im Block-Prozess?
Delling soll nach den Plänen auf Christina Block gewartet haben, falls die Kinder tatsächlich über die Grenze gebracht worden wären. Für die Anklage ein Indiz der Mitwisserschaft, für die Verteidigung ein haltloser Vorwurf. Delling selbst äußerte sich bisher kaum zu den Vorwürfen.
Psychologische und emotionale Dimensionen
Der Prozess verdeutlicht auch die enorme psychische Belastung aller Beteiligten. Block wirkte im Gericht nach Angaben von Beobachtern erschöpft und beantragte mehrfach Pausen wegen emotionaler Überforderung. Für Hensel steht hingegen die Sicherheit seiner Kinder im Vordergrund. In den sozialen Medien diskutieren Nutzer den Fall kontrovers: Während einige Block Verständnis entgegenbringen, sehen andere in den Vorwürfen gegen sie einen gefährlichen Tabubruch.
Nutzerfragen rund um den Prozess
Welches Aufenthaltsbestimmungsrecht hat Christina Block, und wie wurde das bisher durchgesetzt?
Block hatte in Deutschland das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen bekommen. In Dänemark jedoch scheiterte die Umsetzung mehrfach. Das zeigt die Grenzen internationaler Abkommen auf, wenn zwei Staaten unterschiedliche rechtliche Auffassungen vertreten.
Welche Pläne hat Christina Block zur Rückholung ihrer Kinder vorgelegt?
Diskutiert wurden Szenarien wie der Einsatz eines Bootes, eines Hubschraubers oder Verkleidungen. Block selbst betont, dies seien Gedankenspiele gewesen, nicht konkrete Handlungen. Dennoch nutzen Staatsanwälte diese Details, um ihre Vorwürfe zu untermauern.
Wie hat der mutmaßliche Entführer die Tatnacht geschildert?
Ein Mitangeklagter erklärte, er habe die Kinder dem Vater entrissen und sie gegen dessen Widerstand nach Deutschland gebracht. Dabei sei es zu körperlicher Gewalt gekommen. Wer den Auftrag erteilt hat, bleibt allerdings ungeklärt.
Schlussbetrachtung
Der Prozess zwischen Christina Block und Stephan Hensel steht exemplarisch für die Herausforderungen grenzüberschreitender Sorgerechtskonflikte. Die massiven Widersprüche zwischen den Aussagen erschweren eine klare Beurteilung. Auf der einen Seite steht die Mutter, die sich auf ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht beruft und die Verantwortung von sich weist. Auf der anderen Seite der Vater, der von Gewalt und gezielter Entführung spricht. Zwischen diesen Fronten stehen die Kinder, deren Wohl das eigentliche Ziel sein sollte. Die kommenden Prozesstage werden zeigen, ob sich die widersprüchlichen Darstellungen auflösen lassen oder ob dieser Fall zu einem Symbol für die Grenzen des internationalen Familienrechts wird.