
Köln – Mitten in einem dicht besiedelten Stadtteil wird ein Stück Geschichte zur akuten Gefahr: Eine amerikanische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg sorgt für weitreichende Evakuierungsmaßnahmen, betrifft Tausende Kölnerinnen und Kölner – und legt Teile des Klinikbetriebs lahm. Die Entschärfung ist für Donnerstag, den 17. Juli 2025 angesetzt und stellt alle Beteiligten vor logistische und emotionale Herausforderungen.
Ein Bombenfund mit weitreichenden Konsequenzen
Am 12. Juli 2025 wurde bei Bauarbeiten nahe der Uniklinik Köln im Stadtteil Lindenthal ein Blindgänger entdeckt – eine 250 Kilogramm schwere amerikanische Fliegerbombe mit Heckaufschlagzünder. Die Bombe liegt in unmittelbarer Nähe zu einer der größten medizinischen Einrichtungen Nordrhein-Westfalens. Der Fund zieht weitreichende Sicherheitsmaßnahmen nach sich, die am Donnerstagmorgen in eine großangelegte Evakuierung münden sollen.
Der festgelegte Evakuierungsradius beträgt 400 Meter – eine Maßnahme, die in solchen Fällen Standard ist. Doch was bedeutet ein 400-Meter-Evakuierungsradius bei Bombenfunden in Köln konkret? Er umfasst neben Wohnhäusern auch den Campus der Uniklinik, in der sich täglich Tausende Menschen aufhalten. Damit müssen rund 7.500 Anwohnerinnen und Anwohner ihre Wohnungen verlassen. Auch Klinikbetrieb, Straßennetz und Nahverkehr sind massiv betroffen.
Wer ist von der Evakuierung betroffen?
Der Evakuierungsbereich schließt den kompletten Kernbereich der Uniklinik Köln mit ein. Neben stationären Patienten sind auch medizinisches Personal, ambulante Patientinnen und Patienten sowie Besucher betroffen. Hinzu kommen die Anwohner mehrerer Straßenzüge – darunter Kerpener Straße, Zülpicher Straße und Josef-Stelzmann-Straße – die am Donnerstagmorgen ab 9 Uhr das Gebiet verlassen müssen.
Doch was passiert mit Klinikpatienten während der Bombenentschärfung? Die Uniklinik wechselt bereits Tage vor dem Evakuierungstermin in einen sogenannten Notfallmodus. Das bedeutet: Planbare stationäre Aufnahmen werden verschoben, ambulante Behandlungen fallen weitgehend aus. Notfälle werden weiterhin versorgt, einige Patienten werden innerhalb des Campus umverteilt, andere in umliegende Krankenhäuser ausgelagert.
Wichtige Hinweise für Betroffene
Die Stadt empfiehlt allen Betroffenen, frühzeitig für Unterkunft und Transport zu sorgen. Besonders für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen stellt die Stadt Fahrdienste und begleitende Unterstützung bereit. Die zentrale Anlaufstelle für evakuierte Anwohner wird ab 9 Uhr die Theodor-Heuss-Realschule auf der Euskirchener Straße sein. Haustiere dürfen in dieser Notunterkunft allerdings nicht mitgeführt werden.
Daraus ergibt sich eine weitere wichtige Frage: Müssen Haustiere bei Evakuierungen in Köln mitgenommen werden? Die Antwort lautet: Nein – zumindest nicht in öffentliche Notunterkünfte. Tierhalter werden gebeten, ihre Haustiere privat unterzubringen oder vorübergehend in Tierpensionen abzugeben. In der Vergangenheit kam es bei vergleichbaren Einsätzen zu Problemen, wenn Halter mit Hunden oder Katzen in Evakuierungszentren erscheinen wollten.
Wie lange dauert eine Bombenentschärfung in Köln?
Die Dauer einer Bombenentschärfung lässt sich schwer vorhersagen. Der eigentliche Vorgang, also das Entfernen des Zünders, dauert unter optimalen Bedingungen wenige Stunden. Verzögerungen ergeben sich jedoch regelmäßig durch schleppende Evakuierungen. Die Entschärfung darf erst beginnen, wenn das gesamte Gebiet frei von Menschen ist. Daher ist es besonders wichtig, dass sich alle Betroffenen an die Vorgaben halten.
Im Umfeld von Kliniken gelten zudem besondere Sicherheitsstandards: „Wir können nicht einfach alle Patienten aus ihren Betten tragen. Jede Verlegung muss medizinisch vertretbar und logistisch gesichert sein“, sagt Dr. Kolibay, Notfallkoordinator der Uniklinik. Schon kleinste Verzögerungen, beispielsweise durch zurückgelassene Personen in ihren Wohnungen, können zu Stunden der Wartezeit für das Entschärfungsteam führen.
Warum Köln besonders häufig betroffen ist
Köln gehört zu den am stärksten bombardierten Städten des Zweiten Weltkriegs. Entsprechend hoch ist die Anzahl noch nicht entdeckter Blindgänger im Stadtboden. Doch warum tauchen in Köln immer mehr Blindgänger auf? Das hat mehrere Gründe: Zum einen erhöht sich mit der Zeit die Notwendigkeit, auch bei kleineren Bauprojekten tiefere Schichten zu erkunden – was die Wahrscheinlichkeit eines Fundes steigert. Zum anderen führen neue Technologien zu präziseren Ergebnissen bei der Sondierung.
Laut Schätzungen liegen bundesweit noch rund 100.000 Blindgänger im Boden. Allein in Nordrhein-Westfalen werden jährlich mehrere Hundert entdeckt und entschärft. Köln meldete 2024 über 20 Funde, darunter einen 20-Zentner-Blindgänger in Westhoven, der eine Evakuierung von mehr als 7.000 Menschen zur Folge hatte. Statistiken zeigen zudem, dass bei Evakuierungen im Stadtgebiet durchschnittlich 750 Personen Notunterkünfte aufsuchen.
Eine logistische Meisterleistung
Solche Einsätze fordern alle Einsatzkräfte: Ordnungsamt, Feuerwehr, Polizei, Sanitätsdienste und Katastrophenschutz arbeiten Hand in Hand. Dabei kommt es nicht nur auf die Entschärfung selbst an – sondern auf viele parallele Prozesse. Halteverbotszonen müssen eingerichtet, Straßen gesperrt, Informationsmaterialien verteilt und die betroffenen Menschen persönlich informiert werden.
Diese Verkehrsbehinderungen sind zu erwarten
Welche Verkehrsbehinderungen ergeben sich durch eine Bombenentschärfung in Lindenthal? Zahlreiche Straßen rund um das Klinikviertel werden ab Donnerstagmorgen vollständig gesperrt. Das betrifft unter anderem die Zülpicher Straße, Kerpener Straße und Josef-Stelzmann-Straße. Auch der öffentliche Nahverkehr ist betroffen: Die KVB-Linie 9 wird den Bereich nicht mehr bedienen – je nach Lage könnte der gesamte Linienbetrieb im Umfeld für mehrere Stunden eingestellt werden.
Gefahren durch alte Munition – mehr als nur Explosionen
Die Öffentlichkeit assoziiert Blindgänger meist mit Explosionen. Doch auch andere Gefahren gehen von den Relikten aus dem Zweiten Weltkrieg aus. Was viele nicht wissen: Das Innenleben alter Bomben enthält hochgiftige Chemikalien, die mit der Zeit ins Erdreich oder Grundwasser sickern können. Experten sprechen von einer doppelten Bedrohung – Explosion und Umweltbelastung.
Hinzu kommt die wachsende Instabilität alter Zünder. Einige Experten warnen sogar davor, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Selbstdetonation mit der Zeit nicht etwa verringere, sondern sogar erhöhe. Auch aus diesem Grund setzen Behörden auf präventive Maßnahmen und flächendeckende Sondierungen bei jeder Art von Bauvorhaben.
Stimmen aus der Bevölkerung
In sozialen Medien wie Reddit oder X (ehemals Twitter) machen viele Kölnerinnen und Kölner ihrem Ärger Luft. Einige äußern Besorgnis darüber, wie häufig Bombenfunde mittlerweile sind. „Das ist die dritte Evakuierung in meinem Viertel in zwei Jahren“, schreibt ein Nutzer. Ein anderer ergänzt: „Es wird Zeit, dass endlich flächendeckend gesucht wird – nicht erst, wenn gebaut wird.“
Andere sehen es pragmatisch: „Lieber einmal kurz raus als am Ende von einer Bombe getroffen zu werden“, heißt es in einem weiteren Beitrag. Auch die Kritik an mangelnder Kommunikation ist vereinzelt zu lesen – etwa wenn Informationen zu spät veröffentlicht oder Halteverbotszonen nicht klar gekennzeichnet sind.
Wer zahlt für die Evakuierung?
Diese Frage stellen sich viele Betroffene: Wer trägt die Kosten einer Evakuierung bei Bombenfunden? Grundsätzlich gilt: Die Stadt Köln organisiert und finanziert die Evakuierung mit Unterstützung des Landes. Kosten für Sicherheitsdienste, Transport, Infrastrukturmaßnahmen und Kommunikation werden nicht auf die Bürger umgelegt. Ob Einzelpersonen für Verdienstausfälle oder Aufwände entschädigt werden, hängt vom Einzelfall ab. Entsprechende Anfragen können an die Stadt oder das Bürgertelefon gerichtet werden.
Ein Blick über Köln hinaus
Im bundesweiten Vergleich liegt Köln mit seinen Bombenfunden im Mittelfeld. In Städten wie Augsburg (2016) oder Koblenz (2011) kam es zu Evakuierungen mit über 45.000 Personen. Solche Großaktionen sind selten, doch sie zeigen, dass Deutschland flächendeckend mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird – und dass die Herausforderungen dabei immer komplexer werden.
Wenn Geschichte den Alltag bestimmt
Der Bombenfund in Lindenthal ist ein Beispiel dafür, wie Vergangenheit und Gegenwart aufeinandertreffen. Er erinnert an die lange Nachwirkung des Zweiten Weltkriegs – nicht nur in Geschichtsbüchern, sondern im alltäglichen Leben einer modernen Stadt. Der professionelle Umgang der Einsatzkräfte, die Kooperation zwischen Klinik und Behörden sowie das Verständnis der Bevölkerung zeigen, wie wichtig gemeinsames Handeln in Krisensituationen ist.
Gleichzeitig verdeutlicht der Vorfall, dass präventive Kampfmittelsuche auch in Zukunft notwendig bleiben wird. Köln wird – wie viele andere Städte in Deutschland – weiterhin mit seiner kriegsbelasteten Erde leben müssen. Doch je transparenter die Kommunikation und je routinierter die Abläufe, desto mehr Sicherheit kann auch aus dieser Herausforderung erwachsen.