
Die für heute in Istanbul angesetzten Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine stehen unter schwierigen Vorzeichen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine Teilnahme abgesagt und entsendet stattdessen eine Delegation unter der Leitung seines Beraters Wladimir Medinski, begleitet von Vize-Außenminister Michail Galusin und Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin.
Auch der US-Präsident Donald Trump, der ursprünglich seine Anwesenheit in Aussicht gestellt hatte, wird nicht teilnehmen und wird durch Außenminister Marco Rubio vertreten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor betont, nur an direkten Gesprächen mit Putin interessiert zu sein und erklärte: „Wir haben keine Angst vor Treffen“. Dennoch reist er nach Istanbul, um die Verhandlungen nicht zu blockieren. Sein Berater Mychajlo Podoljak äußerte jedoch Zweifel am Sinn der Gespräche ohne Putins persönliche Teilnahme und bezeichnete die russische Delegation als „politisch zahnlos“.
Die Gespräche wurden ursprünglich von Putin vorgeschlagen, nachdem er einen von der EU und den USA unterstützten Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe abgelehnt hatte. Stattdessen forderte er direkte Verhandlungen ohne Vorbedingungen. Selenskyj reagierte darauf mit der Einladung zu einem persönlichen Treffen in Istanbul. Die Abwesenheit beider Präsidenten wirft nun Fragen über die Erfolgsaussichten der Gespräche auf.
Internationale Beobachter zeigen sich skeptisch. Die USA erwägen zusätzliche Sekundärsanktionen gegen Russland, falls keine Fortschritte erzielt werden. Brasilien und China haben beide Seiten zu direkten Verhandlungen aufgerufen und Putin zur Teilnahme ermutigt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan nutzt die Gelegenheit, um seine Rolle als internationaler Vermittler zu stärken, steht jedoch im eigenen Land wegen innenpolitischer Spannungen unter Druck.
Die heutigen Gespräche in Istanbul gelten als der erste Versuch seit 2022, direkte Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine zu führen. Obwohl die Abwesenheit der beiden Hauptakteure die Erwartungen dämpft, bleibt die Hoffnung bestehen, dass zumindest ein Schritt in Richtung Deeskalation gemacht werden kann.
Gesprächsatmosphäre von Misstrauen geprägt
Die Atmosphäre der Gespräche ist laut Beobachtern von tiefem Misstrauen geprägt. Beide Seiten werfen sich gegenseitig Kriegsverbrechen und Bruch internationaler Vereinbarungen vor. Die russische Delegation betonte zum Auftakt, dass sie keinerlei territoriale Zugeständnisse akzeptieren werde. Die ukrainische Seite wiederum forderte ein klares Bekenntnis zur territorialen Integrität ihres Landes und eine Rückgabe aller besetzten Gebiete, inklusive der Krim.
Zivile Opfer rücken in den Fokus
Ein zentrales Thema der Gespräche ist die dramatische Lage der Zivilbevölkerung in den umkämpften Regionen. Hilfsorganisationen fordern sichere humanitäre Korridore und eine Feuerpause, um Lebensmittel und medizinische Versorgung zu gewährleisten. Mehrere UN-Vertreter appellierten in Istanbul eindringlich an beide Seiten, das Leid der Zivilisten nicht weiter als Druckmittel zu missbrauchen.
Europäische Union will politische Lösung fördern
Die Europäische Union kündigte an, parallel zu den Gesprächen ein neues diplomatisches Format mit Beteiligung neutraler Staaten zu initiieren. Ziel sei es, eine belastbare Grundlage für eine langfristige politische Lösung zu schaffen. Die EU betonte, dass eine Rückkehr zu einem stabilen Frieden nur mit einem klaren Fahrplan und internationaler Kontrolle über dessen Umsetzung denkbar sei.