Novo Nordisk unter Druck: Prognosesenkung 2025 schickt Aktie auf Talfahrt

In Wirtschaft
August 13, 2025

Eine überraschende Prognosesenkung hat die Aktie von Novo Nordisk tief fallen lassen und Investoren weltweit aufgeschreckt. Das dänische Pharmaunternehmen, bisher als dominanter Akteur im milliardenschweren Markt für Adipositas- und Diabetesmedikamente bekannt, sieht sich nun mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert. Doch was steckt wirklich hinter dem Kurssturz, und wie reagiert der Markt?

Ein tiefer Einschnitt: Warum Novo Nordisk die Prognose senkt

Ende Juli 2025 senkte Novo Nordisk überraschend seine Umsatz- und Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr. Statt eines Umsatzwachstums von zuvor erwarteten 13 bis 21 Prozent rechnet das Unternehmen nun nur noch mit einem Anstieg zwischen 8 und 14 Prozent. Auch die operative Gewinnspanne wurde reduziert – von 16 bis 24 Prozent auf 10 bis 16 Prozent. Für ein Unternehmen, das seit Jahren als Wachstumstreiber in der Pharmaindustrie galt, ist das ein klares Warnsignal.

Doch warum senkt Novo Nordisk die Prognose für 2025?

Ein entscheidender Grund liegt in der unerwartet schwachen Entwicklung der beiden wichtigsten Produkte des Konzerns: Wegovy (Adipositastherapie) und Ozempic (Diabetesbehandlung). Besonders auf dem wichtigen US-Markt stockt das Wachstum. Illegale „Compounding“-Praktiken, bei denen semaglutidbasierte Medikamente in nicht zugelassener Form hergestellt und günstiger verkauft werden, belasten die Nachfrage nach den originalen Markenprodukten. Obwohl die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA solche Praktiken seit Mai untersagt hat, zeigen sich bisher nur begrenzte Auswirkungen auf die Marktdurchdringung.

Aktienkurs im freien Fall: Die unmittelbare Marktreaktion

Die Anleger reagierten schockiert. Am Tag der Bekanntgabe stürzte die Aktie von Novo Nordisk um bis zu 20 Prozent ab. In Kopenhagen fiel das Papier um rund 14 Prozent, während die in den USA gehandelten ADRs sogar einen Rückgang von 17 bis 20 Prozent verzeichneten. Der Börsenwert sank um mehrere Milliarden Euro – ein Rückschlag für eines der wertvollsten Unternehmen Europas.

Wie stark ist die Aktie von Novo Nordisk eingebrochen? Diese Frage beschäftigte am Tag der Meldung nicht nur institutionelle Investoren, sondern auch Kleinanleger, die auf eine Fortsetzung des Wachstumskurses gehofft hatten.

Wegovy unter Beobachtung: Die Schwäche des Hoffnungsträgers

Was ist der Hauptgrund für die schlechtere Performance von Wegovy? Viele Analysten verweisen auf die schleppende Marktdurchdringung im internationalen Raum und den wachsenden Wettbewerb, vor allem durch den US-Konkurrenten Eli Lilly. Dessen Medikament Zepbound erzielt bessere klinische Ergebnisse und erfreut sich deutlich wachsender Nachfrage.

Doch auch in den USA verliert Wegovy Marktanteile. Die illegale Herstellung und Verbreitung semaglutidhaltiger Produkte über Online-Plattformen und in Pulverform zu Tiefstpreisen führt dazu, dass viele Patientinnen und Patienten sich gegen den Bezug über offizielle Kanäle entscheiden. Ein Nutzer aus einem Reddit-Forum beschreibt es so: „Warum soll ich für Wegovy das Zehnfache bezahlen, wenn ich online ein identisches Produkt aus China als ‘Research Chemical’ bekomme?“

Eli Lilly auf dem Vormarsch: Konkurrenzdruck verschärft sich

Welche Rolle spielt Eli Lilly bei der Konkurrenz? Eine große. Der US-Pharmariese hat sich mit seinem Wirkstoff Tirzepatid (vermarktet als Zepbound für Adipositas und Mounjaro für Diabetes) an die Spitze des Marktes gesetzt. Analysten gehen davon aus, dass Lilly im Jahr 2025 bereits 60 bis 65 Prozent Marktanteil bei GLP-1-Therapien in den USA hält – Tendenz steigend.

Im Vergleich dazu verliert Novo Nordisk an Boden. Bei den neu ausgestellten Rezepten entfallen inzwischen nur noch etwa 32 Prozent auf Wegovy, während Zepbound rund 68 Prozent erreicht. Diese Entwicklung verschärft den wirtschaftlichen Druck auf das dänische Unternehmen erheblich.

Ein Milliardenmarkt mit Risiken: Größe und Erwartungen

Der globale Markt für GLP-1-basierte Medikamente wird auf ein Volumen von über 470 Milliarden Dollar bis 2030 geschätzt. Diese enorme Wachstumsprognose basiert auf der steigenden Verbreitung von Adipositas weltweit, einer erhöhten Bereitschaft zur medikamentösen Behandlung und starken Therapieergebnissen.

Doch dieser Boom zieht nicht nur reguläre Anbieter an. Insbesondere in den USA florieren Graumärkte. Trotz regulatorischer Maßnahmen durch die FDA kaufen viele Menschen semaglutidhaltige Substanzen über nicht zertifizierte Händler oder stellen ihre Medikamente selbst her. Die Folge: Offizielle Marktführer verlieren potenzielle Kunden an nicht kontrollierte Anbieter.

Beispielhafte Preise im Graumarkt:

ProduktartHerkunftMonatlicher Preis
„Research Semaglutid“ PulverOnline-Shop (China)ca. 50 USD
Wegovy (Original)Apotheke USAca. 1.350 USD

Reaktion und Strategie von Novo Nordisk

Wie reagiert der US-Markt auf das Verbot von Compounding-Versionen? Zwar ist seit dem FDA-Bann eine Zunahme bei den offiziellen Wegovy-Verordnungen zu beobachten – rund 33 Prozent Zuwachs –, doch die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Das Vertrauen der Verbraucher und der Ärzt:innen in die Versorgungssicherheit muss zurückgewonnen werden.

Deshalb setzt Novo Nordisk vermehrt auf Direktvertrieb über die eigene Plattform NovoCare. Dort werden mittlerweile über 11.000 Wegovy-Rezepte pro Woche ausgestellt – Tendenz steigend. Zusätzlich bereitet das Unternehmen rechtliche Schritte gegen größere Plattformen wie „Hims & Hers“ vor, die weiterhin in einer Grauzone agieren.

Neuer CEO, neue Perspektiven

Ein nicht unwesentlicher Faktor ist der kürzliche Wechsel an der Unternehmensspitze: CEO Lars Fruergaard Jørgensen hat seinen Posten zum 7. August 2025 an Mike Doustdar übergeben. Der langjährige Manager kennt das Unternehmen bestens und gilt als international gut vernetzt – seine erste Aufgabe: das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen und das Wachstum wieder zu beschleunigen.

Was bringt die Zukunft? Zwischen Innovation und Erwartungsdruck

Welche Zukunftsaussichten hat Novo trotz Prognosesenkung? Analysten sehen Licht am Ende des Tunnels. Das Unternehmen verfügt über eine vielversprechende Pipeline, insbesondere im Bereich der oralen GLP-1-Medikamente wie Rybelsus und der Kombinationstherapie CagriSema. Letztere konnte in Studien bereits gute Ergebnisse zeigen, auch wenn sie hinter den – möglicherweise überzogenen – Markterwartungen zurückblieb.

Ein Anleger kommentiert auf Reddit: „Investors completely forgot about Novo Nordisk’s own oral weight loss drug which is in advanced stages of development.“ Viele sehen in der kommenden Generation von Medikamenten – etwa Amycretin – eine Chance, verlorenen Boden gutzumachen.

Die Stimmen der Anleger: Skepsis und Hoffnung

In Anlegerforen wie wallstreet:online oder boersennews.de herrscht eine Mischung aus Verunsicherung und Langzeitoptimismus. Einige Beiträge sprechen von „emotionaler Überreaktion“ und einem „gesunden Rücksetzer“. Andere hingegen verweisen auf das enttäuschende CagriSema-Ergebnis und den ausbleibenden Turnaround bei Wegovy.

Fakt ist: Der Bewertungsabschlag gegenüber Eli Lilly hat sich zuletzt vergrößert. Während Lilly mit einem doppelt so hohen Bewertungsmultiplikator an der Börse notiert, muss Novo Nordisk derzeit mit einem wachsenden Risikoaufschlag leben.

Ein Blick nach vorn

Der Kurssturz von Novo Nordisk im Sommer 2025 war mehr als nur eine kurzfristige Reaktion auf enttäuschende Zahlen. Er steht sinnbildlich für den Wandel in einem extrem dynamischen Gesundheitssegment, das zwischen medizinischem Fortschritt, Marktregulierung und disruptiven Wettbewerbsmodellen schwankt. Dass Novo Nordisk die richtigen Weichen stellen kann, zeigt die Qualität der Pipeline und der Wille zur strukturellen Anpassung.

Doch das Vertrauen muss zurückerobert werden – bei Ärzt:innen, Patient:innen und Investor:innen gleichermaßen. Der Kampf um die Führungsrolle im milliardenschweren Adipositas- und Diabetesmarkt hat gerade erst begonnen. Für Novo Nordisk gilt nun: weniger Versprechen, mehr sichtbare Resultate.

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Redaktion / Published posts: 2007

Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.