
Ryanair zieht sich weiter aus dem deutschen Markt zurück. Im Winterflugplan 2025/26 streicht die irische Billigfluggesellschaft rund 800.000 Sitzplätze und 24 Flugverbindungen von insgesamt neun deutschen Flughäfen. Besonders betroffen sind Berlin, Hamburg, Köln/Bonn und Memmingen. Die Airline begründet den Schritt mit steigenden Steuern, Gebühren und einem mangelnden politischen Willen, die Rahmenbedingungen für den Luftverkehr zu verbessern.
Mit dem Winterflugplan 2025/26 vollzieht Ryanair die bislang umfangreichste Kürzung ihres deutschen Streckennetzes seit Jahren. Laut offiziellen Angaben sollen rund 800.000 Sitzplätze entfallen, was etwa zehn Prozent des geplanten Angebots entspricht. Insgesamt betrifft der Rückzug 24 Flugverbindungen von neun Flughäfen – darunter große Standorte wie Berlin, Hamburg, Köln/Bonn und Frankfurt-Hahn, aber auch kleinere Regionalflughäfen wie Memmingen, Bremen und Karlsruhe/Baden-Baden.
Einige Flughäfen werden künftig gar nicht mehr bedient. Dazu zählen Dortmund, Dresden und Leipzig, die bereits zuvor aus dem Sommerflugplan gestrichen wurden. Damit verliert Deutschland drei Regionalstandorte vollständig als Zielpunkte für die irische Airline.
Gründe für den Rückzug – hohe Kosten und politische Rahmenbedingungen
Ryanair begründet die massiven Kürzungen mit der aus Sicht des Unternehmens fehlenden Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Luftverkehrsmarktes. „Wir sehen keinen Grund, weiter in Deutschland zu investieren, solange die Regierung nicht erkennt, dass hohe Steuern und Gebühren Wachstum verhindern“, erklärte CEO Eddie Wilson. Besonders die im Jahr 2024 erhöhte Luftverkehrssteuer und steigende Kosten für Flugsicherung, Sicherheit und Flughafengebühren gelten als ausschlaggebende Faktoren.
Auch Marketing-Chef Dara Brady sprach von einem „toxischen Kostenumfeld“ in Deutschland, das im Vergleich zu anderen europäischen Märkten wie Spanien oder Italien unattraktiv sei. Ryanair wolle deshalb mehr Kapazitäten in Länder verlagern, „die Investitionen im Luftverkehr fördern, statt sie zu bestrafen“.
Welche deutschen Flughäfen sind betroffen?
Nach bisherigen Angaben entfallen folgende Verbindungen oder werden stark reduziert:
- Berlin (BER): Wegfall der Strecken nach Brüssel, Riga, Kaunas und Tel Aviv
- Hamburg: Reduktion um rund 34.000 Sitzplätze (–28 %)
- Memmingen: Streichung von bis zu 27 wöchentlichen Flügen (–25 %)
- Frankfurt-Hahn: Entfall der Ziele Kalabrien, Sevilla und Venedig-Treviso
- Bremen: Kürzung des Angebots um rund 20 %
Andere Flughäfen wie Nürnberg, Karlsruhe/Baden-Baden und Köln/Bonn müssen ebenfalls mit geringeren Frequenzen rechnen. Besonders stark betroffen sind Verbindungen, die vor allem in den Wintermonaten touristisch genutzt wurden.
Wann werden die Kürzungen umgesetzt?
Die Änderungen treten mit Beginn des Winterflugplans 2025/26 in Kraft. Besonders betroffen sind laut Ryanair die Wochen im November, Dezember und Januar, während die Weihnachtszeit weitgehend ausgenommen bleibt. Damit reagiert die Airline auf saisonal schwächere Buchungszahlen und will Kosten in der Nebensaison einsparen.
Ryanair kritisiert deutsche Luftverkehrssteuer
Die im Mai 2024 erhöhte Luftverkehrssteuer gilt als einer der Hauptauslöser für die Entscheidung. Ryanair sieht darin einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen europäischen Märkten. „Solange Deutschland an der teuersten Luftverkehrssteuer Europas festhält, wird Wachstum kaum möglich sein“, so Eddie Wilson. Auch andere Airlines wie Eurowings und Wizz Air hatten in den letzten Monaten über gestiegene Kosten und sinkende Margen geklagt.
Wie viele Sitzplätze will Ryanair streichen?
Nach Unternehmensangaben werden rund 800.000 Sitzplätze in Deutschland gestrichen. Das entspricht einem Rückgang von etwa zehn Prozent gegenüber dem Vorjahresangebot. Schon im Sommer 2025 hatte Ryanair ihr Angebot um 1,8 Millionen Plätze reduziert – ein Trend, der sich laut Experten fortsetzen dürfte.
Hintergrund: Deutschlands Luftverkehr kämpft mit sinkender Nachfrage
Deutschland hinkt beim Luftverkehr hinterher
Während andere große Märkte in Europa – etwa Spanien, Italien und Polen – ihr Passagieraufkommen längst über Vorkrisenniveau gesteigert haben, liegt Deutschland laut aktuellen Zahlen nur bei 88 % des Verkehrs von 2019. Das bedeutet: Deutschland ist Schlusslicht unter den großen EU-Staaten. Branchenanalysten führen dies auf die hohen Gebühren, aber auch auf den Rückgang von Geschäftsreisen und strukturelle Schwächen des Marktes zurück.
Fehlende politische Unterstützung
Ryanair forderte bereits mehrfach Reformen. Dazu zählen eine Senkung der Luftverkehrssteuer, effizientere Flugsicherung und geringere Flughafenabgaben. Laut Reuters soll die Bundesregierung tatsächlich prüfen, die Steueranhebung mittelfristig wieder rückgängig zu machen. In Regierungskreisen heißt es, im Haushaltsentwurf 2026 könnten Entlastungen vorgesehen werden – bestätigt ist das bislang jedoch nicht.
Warum streicht Ryanair Deutschland-Verbindungen im Winter 2025/26?
Die Airline sieht in Deutschland ein strukturelles Problem: hohe Kosten bei gleichzeitig sinkender Nachfrage. Zudem fehlen aus Sicht des Unternehmens Investitionsanreize, während andere Märkte gezielt Billigflieger anlocken – etwa mit Subventionen oder Gebührenerlässen. „Wenn Länder wie Italien oder Polen ihre Flughäfen öffnen und unterstützen, verschiebt sich unser Fokus automatisch dorthin“, sagte Wilson in einem Interview.
Reaktionen in den Regionen
Betroffene Flughäfen befürchten Einbußen
Am Flughafen Memmingen etwa bedeutet der Wegfall von 27 wöchentlichen Verbindungen einen Rückgang des Passagieraufkommens um bis zu 25 %. Auch Hamburg und Frankfurt-Hahn rechnen mit deutlichen Einnahmeeinbußen. In Hamburg war Ryanair zuletzt einer der größten Anbieter im Billigflugsegment. Flughafenvertreter kritisieren, dass die Politik die Attraktivität des Luftverkehrsstandorts Deutschland „selbst gefährdet“ habe.
Diskussionen in sozialen Medien und Foren
In Foren wie airliners.net und Reddit zeigen sich Nutzer besorgt über den Rückzug. Besonders häufig wird die Situation des Flughafens Berlin-Brandenburg diskutiert. Viele User verweisen darauf, dass der BER nach dem Aus von Air Berlin nie eine echte Hub-Funktion entwickelt habe und deshalb anfälliger für Kürzungen sei. Auf X (vormals Twitter) kommentierte der frühere lettische Verkehrsminister Tālis Linkaits, Ryanair habe „bis zu 30 % der Flüge aus Deutschland gestrichen“, was auf ein strukturelles Problem hinweise, nicht nur auf saisonale Schwankungen.
Wie reagieren Passagiere?
Viele Reisende äußern Unverständnis über die Kürzungen, da Ryanair in Deutschland oft die günstigste Option war. Besonders Familien und junge Reisende müssen nun auf teurere Alternativen ausweichen. In sozialen Medien häufen sich Kommentare, die auf steigende Preise und längere Umwege hinweisen. Gleichzeitig fordern viele Nutzer eine bessere europäische Abstimmung bei der Steuerpolitik, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
Ein europäisches Problem mit nationalen Folgen
Verlagerung in wachstumsstärkere Märkte
Ryanair will nach eigenen Angaben Kapazitäten in andere europäische Länder verlagern. Besonders Spanien, Italien und Polen profitieren vom Rückzug aus Deutschland. Dort sind Gebühren niedriger, und Regierungen investieren aktiv in den Ausbau von Regionalflughäfen. Branchenbeobachter sehen darin eine strategische Neuausrichtung: Ryanair will ihre Ressourcen gezielt in Wachstumsmärkte mit hoher Nachfrage und politischer Unterstützung lenken.
Langfristige Folgen für Deutschland
Die anhaltenden Kürzungen könnten langfristig den Wettbewerb im deutschen Luftverkehr einschränken. Wenn Billigfluggesellschaften wie Ryanair ihr Angebot verringern, drohen höhere Preise und geringere Auswahl für Verbraucher. Auch touristische Regionen, die stark von günstigen Verbindungen profitierten, könnten Rückgänge bei Besucherzahlen erleben. Besonders Regionen wie Bayern, Rheinland-Pfalz und Norddeutschland sind betroffen.
Was kommt als Nächstes?
Bundesregierung unter Druck
Die Bundesregierung steht zunehmend unter Druck, die Rahmenbedingungen für Airlines zu verbessern. Gewerkschaften und Verbände fordern eine Reform der Luftverkehrssteuer, während Umweltschützer an der Abgabe festhalten. Das Wirtschaftsministerium prüft derzeit mögliche Kompensationen oder Entlastungen für Flughäfen, die besonders unter den Kürzungen leiden.
Ryanair bleibt hart
Ryanair selbst schließt weitere Kürzungen nicht aus. Sollte es bis Frühjahr 2026 keine deutliche Entlastung geben, könnten nach Unternehmensangaben zusätzliche zehn Prozent der Kapazität entfallen – das wären rund 1,5 Millionen Sitzplätze. „Wenn Deutschland seinen Kurs beibehält, werden wir weiter investieren – aber nicht hier“, sagte CEO Wilson abschließend.
Schlussgedanke: Deutschlands Luftfahrt steht am Scheideweg
Der Rückzug von Ryanair ist mehr als nur eine unternehmerische Entscheidung – er spiegelt die tieferliegende Krise des deutschen Luftverkehrs wider. Hohe Abgaben, geringe Nachfrage und ein Mangel an politischem Willen haben dazu geführt, dass Deutschland im europäischen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit verliert. Während andere Länder gezielt in Flughäfen investieren und Billigfluggesellschaften anlocken, kämpft Deutschland mit einer sinkenden Passagierzahl und wachsender Skepsis der Airlines. Ob sich dieser Trend umkehren lässt, hängt davon ab, ob die Politik bereit ist, ihre Prioritäten neu zu setzen – zwischen Klimazielen, Steuerpolitik und wirtschaftlicher Vernunft.