
Die Familie des Samsung-Erben Jay Y. Lee sorgt erneut für Schlagzeilen: Nach Jahren juristischer und finanzieller Herausforderungen hat die Gründerfamilie beschlossen, ein riesiges Aktienpaket von Samsung Electronics im Wert von rund 1,22 Milliarden US-Dollar zu verkaufen. Der Schritt erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Samsung-Aktie auf einem Mehrjahreshoch notiert – und dient in erster Linie der Begleichung von Steuerschulden und Krediten.
Hintergrund: Eine der höchsten Erbschaftssteuern der Welt
Als Lee Kun-hee, der langjährige Patriarch und Architekt des Samsung-Imperiums, im Jahr 2020 verstarb, hinterließ er ein gigantisches Vermögen – und damit zugleich eine der höchsten Erbschaftssteuern, die je in Südkorea fällig wurden.
Die Steuerlast für die Familie beläuft sich Schätzungen zufolge auf über 12 Billionen Won, was rund 10,8 Milliarden US-Dollar entspricht.
Südkorea gilt mit einem Erbschaftssteuersatz von bis zu 50 Prozent als eines der Länder mit der höchsten steuerlichen Belastung weltweit.
Für Unternehmensanteile können die Sätze unter bestimmten Umständen sogar bis zu 60 Prozent erreichen.
Um dieser Verpflichtung nachzukommen, sah sich die Familie gezwungen, Teile ihres Aktienvermögens zu veräußern und Kredite aufzunehmen.
Wie hoch ist die Erbschaftssteuer für die Samsung-Familie?
Die Erbschaftssteuer wird auf das Gesamtvermögen des Verstorbenen erhoben.
Im Fall der Lees umfasst das nicht nur Aktien an Samsung Electronics, sondern auch Anteile an Samsung Life Insurance, Samsung SDS, Cheil Industries und weiteren Tochterunternehmen.
Bereits 2021 begann die Familie, in mehreren Tranchen Vermögenswerte zu verkaufen und Kunstspenden zu leisten, um Teile der Steuerlast zu begleichen.
Die nun angekündigte Verkaufswelle ist Teil dieses langfristigen Plans.
Das aktuelle Aktienpaket: Umfang, Wert und Ziel
Die aktuelle Transaktion betrifft 17,7 Millionen Aktien von Samsung Electronics – das entspricht rund 0,3 Prozent des gesamten Aktienkapitals.
Der Marktwert liegt bei etwa 1,73 Billionen Won, also rund 1,22 Milliarden US-Dollar.
Verkauft wird über die Shinhan Bank im Rahmen eines Treuhandvertrags, der bis April kommenden Jahres abgeschlossen sein soll.
Laut Börseneinreichung dienen die Erlöse der Tilgung von Steuerforderungen sowie der Rückzahlung bestehender Kredite.
Warum verkauft die Samsung-Familie gerade jetzt?
Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt.
Die Aktie von Samsung Electronics hat in diesem Jahr um mehr als 84 Prozent zugelegt, vor allem dank starker Halbleitergeschäfte und eines milliardenschweren Liefervertrags mit Tesla.
Analysten sehen in der Entscheidung einen strategischen Schritt:
Die Familie nutzt das Kursniveau, um Liquidität zu schaffen, ohne die Kontrolle über das Unternehmen maßgeblich zu gefährden.
Finanzielle Strategie und mögliche Auswirkungen
Der Verkauf wird in mehreren Tranchen erfolgen und ist so strukturiert, dass die Kontrolle über Samsung gewahrt bleibt.
Die Familie hält weiterhin über Beteiligungsfirmen und Querverbindungen zwischen den Konzernunternehmen einen beherrschenden Einfluss.
Gleichzeitig besteht in Finanzkreisen die Sorge, dass ein größerer Ausverkauf zu Kursschwankungen führen könnte, insbesondere bei privaten Investoren.
Könnte der Aktienverkauf die Kontrolle über Samsung gefährden?
Branchenanalysten halten den Umfang des aktuellen Verkaufs für zu gering, um die Machtbalance entscheidend zu verändern.
Die Lee-Familie besitzt über Holdingstrukturen und Querverflechtungen genügend Einfluss, um strategische Entscheidungen weiterhin zu steuern.
Langfristig bleibt jedoch die Frage offen, ob weitere Verkäufe folgen müssen, um die Steuerverpflichtungen vollständig zu decken.
Rückblick: Frühere Verkäufe zur Steuerzahlung
Bereits in den vergangenen Jahren hat die Samsung-Familie ähnliche Schritte unternommen.
So wurden Anfang 2024 rund 29,8 Millionen Aktien verkauft, was einem Volumen von über 1,7 Milliarden US-Dollar entsprach.
Weitere Verkäufe erfolgten 2022 und 2023 über verschiedene Tochtergesellschaften im Gesamtwert von mehreren Milliarden Dollar.
Ziel war stets, liquide Mittel für die Steuerzahlungen zu generieren, ohne zu viele Anteile auf einmal auf den Markt zu bringen.
Verkauf von Immobilien und Kunstwerken
Neben Aktienverkäufen setzt die Familie auf alternative Wege, um Mittel zu beschaffen.
So wurde kürzlich eine Luxusvilla im exklusiven Seouler Stadtteil Itaewon für 22,8 Milliarden Won (etwa 16,7 Millionen US-Dollar) veräußert.
Der Verkauf brachte der Familie einen Gewinn von rund 175 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Kaufpreis.
Darüber hinaus hat die Familie über 23.000 Kunstwerke aus der Sammlung des verstorbenen Lee Kun-hee an südkoreanische Museen gespendet.
Diese Spenden tragen zwar nicht direkt zur Steuerzahlung bei, helfen aber, steuerliche Vergünstigungen zu nutzen und das kulturelle Erbe im Land zu bewahren.
So funktioniert die Steuerzahlung in Raten
Das südkoreanische Steuerrecht erlaubt es, hohe Erbschaftssteuern über bis zu sechs Jahre in Raten zu begleichen.
Diese Regelung verschafft vermögenden Familien einen gewissen finanziellen Spielraum.
Dennoch bleibt der Druck hoch, da die jährlichen Teilbeträge beträchtlich sind und zusätzliche Zinsbelastungen entstehen können.
Öffentliche und wirtschaftliche Reaktionen
In sozialen Medien und Finanzforen wird der Schritt der Familie kontrovers diskutiert.
Während viele Nutzer Verständnis für die finanzielle Belastung äußern, sehen andere darin ein Symbol für die Ungleichheit im südkoreanischen Wirtschaftssystem.
Auf Reddit etwa kommentierte ein Nutzer:
„A tax of that amount will require the family to sell their Samsung stock, which will affect their ownership of the company.“
Diese Diskussion verdeutlicht die Sensibilität des Themas, da Samsung nicht nur ein Konzern, sondern ein Symbol des südkoreanischen Aufstiegs ist.
Die Debatte um die Erbschaftssteuer
Die hohen Steuersätze in Südkorea stehen zunehmend in der Kritik.
Unternehmerverbände argumentieren, dass sie Familienbetriebe benachteiligen und Innovation bremsen.
Die Regierung erwägt laut Medienberichten eine Reform des Erbschaftssteuerrechts ab 2028:
Statt das Gesamtvermögen des Erblassers zu besteuern, könnte künftig das Vermögen der einzelnen Erben herangezogen werden.
Dies soll Mehrfachbelastungen vermeiden und die steuerliche Fairness erhöhen.
Aktienkurs, Rückkaufprogramme und Marktreaktionen
Trotz der Verkaufsankündigung reagierte der Markt bisher stabil.
Die Samsung-Aktie befindet sich seit Monaten auf einem Aufwärtstrend, gestützt durch steigende Chipnachfrage, Investitionen in KI-Technologien und die Hoffnung auf neue Partnerschaften.
Das Unternehmen selbst hatte im Vorjahr ein Aktienrückkaufprogramm über 10 Billionen Won gestartet – ein Schritt, der als Unterstützung für den Aktienkurs und indirekt für die Familienfinanzen gilt.
Wie wird der Verkauf praktisch abgewickelt?
Die Transaktion erfolgt über die Shinhan Bank als Treuhänderin.
Dabei wird sichergestellt, dass die Verkäufe marktverträglich verteilt werden, um größere Kursbewegungen zu vermeiden.
Der Abschluss ist bis April des kommenden Jahres geplant.
Solche Treuhandmodelle sind gängige Praxis in Südkorea, wenn Großaktionäre Anteile liquidieren möchten, ohne Marktverwerfungen zu riskieren.
Gerichtliche und politische Dimension
Parallel zu den finanziellen Herausforderungen spielt auch die juristische Vergangenheit eine Rolle.
Jay Y. Lee, der amtierende Vorsitzende von Samsung Electronics, war in der Vergangenheit in mehrere Prozesse verwickelt.
2024 wurde er von den Vorwürfen der Aktienmanipulation und unlauterer Fusionen freigesprochen.
Dieser Freispruch hat den Weg für die aktuelle Verkaufsentscheidung geebnet, da Unsicherheiten über mögliche Einschränkungen seiner Befugnisse beseitigt wurden.
Ein globaler Blick: Erben und Steuerlast in anderen Ländern
Zum Vergleich: In den USA liegt der höchste Erbschaftssteuersatz bei 40 Prozent, in Deutschland bei maximal 50 Prozent, in Japan sogar bei 55 Prozent.
Allerdings gelten dort umfangreichere Freibeträge und Sonderregelungen für Unternehmensvermögen.
Südkorea bleibt damit eines der Länder, in denen die steuerliche Belastung für Familienunternehmen besonders stark ist.
Dies erklärt, warum der Fall Samsung international Beachtung findet.
Die Perspektive der Familie Lee
In einer seltenen öffentlichen Stellungnahme ließ die Familie verlauten, dass man die Steuerpflicht als „Bürgerpflicht“ betrachte.
Gleichzeitig betonte man, die Kontrolle über das Unternehmen langfristig sichern zu wollen.
Ziel sei es, Samsung weiter als globalen Technologieführer auszubauen und gleichzeitig die familiäre Tradition fortzuführen.
Insider berichten, dass intern auch über die künftige Rolle der jüngeren Generation diskutiert wird – insbesondere über die Töchter von Jay Y. Lee, die in den Konzern einsteigen könnten.
Was bedeutet das für Anleger?
Für Investoren dürfte der Aktienverkauf kurzfristig keine gravierenden Folgen haben.
Im Gegenteil: Das hohe Maß an Transparenz und die klare Kommunikation könnten das Vertrauen stärken.
Langfristig bleibt jedoch zu beobachten, ob die Familie weitere Anteile abgibt, um ihre Zahlungsverpflichtungen vollständig zu erfüllen.
Das Interesse internationaler Investoren an Samsung bleibt groß, nicht zuletzt wegen der Stärke im Halbleitermarkt und der wachsenden Bedeutung von Speicherchips für KI-Anwendungen.
Einblick in die Zukunft von Samsung
Marktbeobachter erwarten, dass der Konzern seine Diversifizierungsstrategie fortsetzt.
Neben dem Ausbau der Chipfertigung stehen Investitionen in Batterietechnologie, Displays und Biotechnologie im Fokus.
Der Verkauf der Familienaktien könnte also auch indirekt Kapitalströme freisetzen, die in neue Geschäftsfelder fließen.
Zugleich wird sich zeigen, ob die Regierung ihre angekündigte Steuerreform tatsächlich umsetzt – ein Schritt, der Familienunternehmen wie Samsung langfristig entlasten könnte.
Ausblick: Zwischen Pflicht und Kontrolle
Die Entscheidung der Samsung-Erben markiert einen neuen Abschnitt in der Geschichte des Unternehmens.
Sie zeigt, wie eng wirtschaftliche Verantwortung, familiäre Verpflichtungen und nationale Steuerpolitik in Südkorea miteinander verflochten sind.
Während die Steuerzahlungen als Zeichen staatsbürgerlicher Pflichterfüllung gelten, bleibt die Frage nach der Zukunft der Unternehmensführung offen.
Fest steht: Die Samsung-Familie wird auch weiterhin zwischen dem Erhalt ihrer Kontrolle und der finanziellen Realität balancieren müssen – ein Drahtseilakt, der weltweit beobachtet wird.