Supermarkt im Wandel Tegut trennt sich von 50 Filialen – Supermarktkette startet mit neuem Konzept durch

In Wirtschaft
Oktober 19, 2025

Fulda – Die hessische Supermarktkette Tegut, Tochter des Schweizer Konzerns Migros Zürich, steht vor einer der größten Umstrukturierungen ihrer Geschichte. Etwa 50 ihrer rund 300 Filialen sollen verkauft werden. Das Unternehmen spricht dennoch von einem Erfolgskurs und einer strategischen Neuausrichtung. Was steckt hinter dieser Entscheidung – und welche Folgen hat sie für Mitarbeitende und Kunden?

Ein Konzern im Wandel: Tegut und der Sanierungskurs von Migros

Die Nachricht über den geplanten Verkauf von rund 50 Tegut-Filialen hat in der deutschen Einzelhandelsbranche für Aufsehen gesorgt. Noch im Frühjahr war von etwa 35 betroffenen Standorten die Rede, nun ist klar: Die Anpassungen fallen deutlich umfangreicher aus. Hinter dem Schritt steht ein umfassender Sanierungskurs der Muttergesellschaft Migros Zürich, die nach einem deutlichen Verlustjahr 2024 ihre Strukturen neu ordnet.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Migros mehrere Tochterunternehmen verkauft oder umgebaut. Der Verlust belief sich Medienberichten zufolge auf mehrere Dutzend Millionen Schweizer Franken. Tegut als deutsche Tochterfirma geriet dabei besonders in den Fokus: Zwar ist die Marke in Deutschland etabliert, doch die Profitabilität blieb hinter den Erwartungen zurück. Mit der aktuellen Maßnahme will Migros das Tegut-Portfolio schlanker, effizienter und zukunftsfähiger gestalten.

Hintergrund: Von Fulda nach ganz Deutschland

Tegut mit Sitz in Fulda betreibt derzeit über 300 Filialen in ganz Deutschland. Die Kette steht für hochwertige Lebensmittel, nachhaltige Sortimente und ein starkes Bio-Angebot. Seit der Übernahme durch Migros im Jahr 2013 hat sich das Unternehmen stetig weiterentwickelt – allerdings mit schwankenden wirtschaftlichen Ergebnissen. Der Wettbewerb im deutschen Lebensmittelhandel gilt als besonders hart: Discounter wie Aldi und Lidl dominieren, während Vollsortimenter wie Rewe, Edeka und eben Tegut um Marktanteile kämpfen.

Warum will Tegut 50 Filialen verkaufen?

Die zentrale Frage vieler Beobachter lautet: Warum trennt sich Tegut ausgerechnet jetzt von so vielen Filialen? Unternehmenskreise sprechen von einer “regelmäßigen Überprüfung des Filialportfolios”. Dahinter steckt ein klares Ziel: Standorte, die langfristig nicht rentabel sind, sollen verkauft oder geschlossen werden, um die finanzielle Basis zu stärken. Laut Unternehmenssprecherin sei der Schritt Teil einer strategischen Fokussierung, die sich auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit konzentriert.

Eine Analyse der Branchenmedien zeigt, dass Tegut seine Filialen in unterschiedlichen Regionen prüfen lässt – betroffen sind nicht nur Märkte im Süden Deutschlands, sondern auch im Kerngebiet rund um Hessen und die Rhein-Main-Region. Besonders kleinere, weniger frequentierte Filialen stehen zur Disposition.

Ein Signal an den Markt

Für Tegut ist der Verkauf von 50 Standorten mehr als nur ein finanzieller Schachzug – er ist auch ein Signal. In Zeiten rückläufiger Gewinnmargen und wachsender Kosten versucht das Unternehmen, sich als schlanker und moderner Anbieter zu positionieren. Während Wettbewerber auf Preiskämpfe setzen, will Tegut durch Qualität und Regionalität überzeugen. Doch dieser Weg ist kostenintensiv – und erfordert eine präzise Steuerung des Filialnetzes.

Welche Regionen sind betroffen?

Nach bisherigen Informationen betrifft die Maßnahme nicht nur Randregionen, sondern auch Gebiete, in denen Tegut traditionell stark vertreten ist – etwa in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Besonders die Rhein-Main-Region, das Herzstück des Tegut-Geschäfts, wird genau geprüft. Eine Sprecherin erklärte: „Wir passen unser Netz dort an, wo es aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist.“ Eine offizielle Liste der betroffenen Filialen liegt bisher nicht vor.

Auswirkungen auf Mitarbeitende und Kunden

Für die rund 7.000 Mitarbeitenden bedeutet die geplante Umstrukturierung vor allem Unsicherheit. Auf Bewertungsplattformen wie Kununu berichten Angestellte, dass Informationen über Filialverkäufe häufig spät oder unvollständig kommuniziert werden. Ein Mitarbeiter schreibt: „Oft erfahren wir wichtige Dinge erst über inoffizielle Wege.“ Solche Stimmen zeigen, dass der Sanierungskurs auch intern Spuren hinterlässt.

Für Kundinnen und Kunden dürften die Veränderungen zunächst weniger sichtbar sein – jedoch werden in betroffenen Regionen Anpassungen des Sortiments oder Filialschließungen spürbar sein. Auf Bewertungsplattformen wie Trustpilot häufen sich Berichte über „leere Regale“ oder „organisatorische Schwächen“. Es ist unklar, ob diese bereits mit der laufenden Restrukturierung zusammenhängen, doch sie deuten auf Umstellungen im Betriebsablauf hin.

Was bedeutet das für die Zukunft von Tegut?

Branchenbeobachter sehen in der Strategie von Tegut eine klare Weichenstellung: weg vom flächendeckenden Netz, hin zu einem verdichteten, profitablen Kern. Ein Branchenexperte formulierte es so: „Tegut zieht sich aus der Fläche zurück, um im Kerngebiet stärker zu werden.“ Die Hoffnung: weniger Filialen, aber höhere Qualität und Wirtschaftlichkeit.

Wie reagiert die Branche?

Die Ankündigung von Tegut passt in ein größeres Bild: Der deutsche Einzelhandel befindet sich im Umbruch. Laut einer Prognose des Handelsverbandes Deutschland (HDE) sollen bis Ende 2025 rund 4.500 Geschäfte dauerhaft schließen. Der Grund liegt in veränderten Konsumgewohnheiten, Online-Konkurrenz und steigenden Betriebskosten. Das trifft auch den Lebensmittelhandel, wo Margen ohnehin niedrig sind.

Ein Blick auf die Zahlen

KennzahlWert (2024/2025)
Anzahl Tegut-Filialen gesamtrund 300
Geplante Filialverkäufeetwa 50
Verlust Migros Zürich (2024)mehrere Dutzend Mio. CHF
Abgebaute Vollzeitstellenca. 120
Erwartete Ergebnisverbesserung+40 % durch Sanierung

Wirtschaftliche Hintergründe

Das ifo Institut meldete für den Sommer 2025 einen deutlichen Rückgang des Geschäftsklimas im deutschen Einzelhandel. Der Index fiel auf –24,0 Punkte, was eine Verschlechterung der Stimmung signalisiert. Auch McKinsey bestätigt in einer Studie, dass das Wachstum im europäischen Lebensmittelhandel nahezu stagniert – mit nur 0,2 % pro Jahr. Händler müssen daher neue Wege finden, um Effizienz und Differenzierung zu steigern. Für Tegut bedeutet das: weniger Fläche, aber mehr Fokus.

Neue Konzepte: Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Tegut betont, dass die strategische Neuausrichtung nicht nur eine Reduzierung, sondern auch eine Modernisierung des Geschäftsmodells bedeutet. Investitionen in digitale Kassenlösungen, Logistikoptimierung und Nachhaltigkeitsprojekte sollen das Profil der Marke stärken. In Fulda laufen Pilotprojekte für automatisierte Märkte und energieeffiziente Kühltechnologien. Damit will Tegut zeigen, dass das Unternehmen weiterhin Innovationskraft besitzt – trotz Sanierungsdruck.

Wie reagieren Kundinnen und Kunden?

Viele Verbraucher fragen sich: „Wird mein Tegut-Markt geschlossen?“ Eine offizielle Antwort gibt es nicht. Das Unternehmen verweist darauf, dass über einzelne Standorte noch keine Entscheidung gefallen sei. Dennoch ist die Unsicherheit groß. Gerade langjährige Stammkunden schätzen das Konzept von Tegut: ein ausgewogenes Sortiment mit regionalen Produkten, hoher Bio-Anteil und ein Fokus auf Qualität statt Billigpreise.

Kommunikation als Herausforderung

In sozialen Netzwerken zeigen sich gemischte Reaktionen. In Facebook-Gruppen wie „Supermarkt-Sammlung“ kommentieren Nutzer: „Tegut siebt noch mehr Filialen aus – schade, wir mochten den Laden immer.“ Andere begrüßen die Konsolidierung: „Lieber weniger Märkte, dafür mit besserem Service.“ Diese Diskussionen zeigen, wie sehr die Marke Tegut emotional aufgeladen ist – gerade in den Regionen, in denen sie tief verwurzelt ist.

Der Einzelhandel im Umbruch

Die geplanten Filialverkäufe von Tegut stehen exemplarisch für die Situation im deutschen Einzelhandel. Während große Discounter ihre Marktanteile ausbauen und Onlineanbieter zunehmend Kunden gewinnen, geraten mittelgroße Lebensmittelketten unter Druck. Besonders in Zeiten hoher Inflation und gestiegener Energiekosten müssen Unternehmen jeden Quadratmeter auf Wirtschaftlichkeit prüfen.

Branchenexperten sind sich einig: Nur wer sich anpasst, überlebt. Die Zukunft des Lebensmittelhandels liegt in der Verbindung von regionaler Verankerung, digitaler Vernetzung und nachhaltiger Positionierung – ein Weg, den Tegut offenbar einschlagen möchte, auch wenn er mit schmerzhaften Einschnitten verbunden ist.

Ein Ausblick auf die kommenden Jahre

Trotz des Filialabbaus sieht sich Tegut „auf Erfolgskurs“. Die Verantwortlichen betonen, dass die Maßnahmen bereits Wirkung zeigen und die wirtschaftliche Lage stabiler sei als noch vor einem Jahr. Sollte der eingeschlagene Kurs greifen, könnte das Unternehmen bis 2026 wieder schwarze Zahlen schreiben. Entscheidend wird jedoch sein, ob es Tegut gelingt, das Vertrauen von Mitarbeitenden und Kunden gleichermaßen zu halten.

Strategischer Neuanfang statt Rückzug

Ob man den Verkauf von 50 Filialen als Rückzug oder als Neuanfang deutet, hängt vom Blickwinkel ab. Fest steht: Die Supermarktkette Tegut steht exemplarisch für eine ganze Branche, die sich im Wandel befindet. Zwischen Kostendruck, Digitalisierung und Nachhaltigkeitsansprüchen sucht Tegut nach einem neuen Gleichgewicht – und hofft, mit weniger Filialen wieder mehr Wirkung zu erzielen.

Schlussgedanke: Ein Balanceakt zwischen Tradition und Zukunft

Der Umbau von Tegut markiert einen Wendepunkt für das Unternehmen und den deutschen Lebensmittelhandel insgesamt. Die Marke steht vor der Herausforderung, Tradition und Innovation zu vereinen: Sie will ihre Werte – Qualität, Nachhaltigkeit und Regionalität – bewahren und zugleich effizienter werden. Der Verkauf von 50 Filialen ist dabei kein Zeichen des Scheiterns, sondern ein kalkulierter Schritt auf dem Weg zu einer neuen Stabilität. Für Tegut beginnt eine Phase der Neuausrichtung, in der weniger Standorte mehr Zukunft bedeuten könnten.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.