Neues Stadtteilfest in Stuttgart-Heslach: Der Schoettle-Platz wird zum kulturellen Mittelpunkt

In Stuttgart
Juni 26, 2025
Stadtteil

Stuttgart-Heslach

Mit dem heutigen Tag feiert Stuttgart-Süd eine Premiere: Das erste Schoettle-Platz-Fest beginnt und verwandelt den Erwin-Schoettle-Platz für vier Tage in eine lebendige Bühne des nachbarschaftlichen Miteinanders.

Bild exemplarisch

Vom 26. bis 29. Juni 2025 soll ein Stadtteilfest entstehen, das nicht nur Kultur bietet, sondern auch ein neues Selbstverständnis für den Stadtteil Heslach prägt.

Ein Stadtteil mit Charakter – und einem neuen Treffpunkt

Stuttgart-Heslach, eingebettet im Süden der Landeshauptstadt, zählt mit rund 11.000 Einwohnern zu den dicht besiedelten und kulturell vielfältigen Quartieren. Die Menschen hier leben auf gerade einmal etwas mehr als einem Quadratkilometer – dicht, aber engagiert. Lange Zeit fehlte es in diesem Stadtteil an einem identitätsstiftenden Großereignis, das den kulturellen und sozialen Reichtum Heslachs sichtbar macht. Mit dem neuen Schoettle-Platz-Fest wird diese Lücke nun geschlossen.

Vom Platz zur Plattform

Der Erwin-Schoettle-Platz ist dabei mehr als nur Veranstaltungsort. Als Knotenpunkt zwischen Bihlplatz, Marienplatz und Matthäusplatz kommt ihm eine besondere Rolle zu. Umgeben von historischen Bauten, sozialen Einrichtungen und zivilgesellschaftlichem Engagement bildet er das Herzstück eines sich wandelnden Quartiers. Wo früher Behörden und Verwaltung das Bild prägten, soll künftig ein Quartier für bezahlbares Wohnen, Kultur und Bildung entstehen – das sogenannte Schoettle-Areal steht vor einem langfristigen Umbau.

Ein Fest für alle Generationen

Organisiert wird das Fest von einem starken Bündnis lokaler Akteure: dem Verein „schall & rauch 0711 e. V.“, dem Kulturamt, dem Bezirksbeirat Süd und dem NAdIiQ-Verbund. Letzterer ist ein Netzwerk aus sozialen und kulturellen Einrichtungen im Stadtteil – von der Stadtteilbibliothek über das Jugendhaus bis hin zum Generationenhaus Heslach.

Ziel ist es, nicht nur Unterhaltung zu bieten, sondern einen offenen Begegnungsraum zu schaffen. Dabei stehen folgende Aspekte im Vordergrund:

  • Integration aller Generationen und Kulturen
  • Eintrittsfreier Zugang zu allen Veranstaltungen
  • Stärkung lokaler Netzwerke und Initiativen
  • Nachhaltige Nutzung öffentlicher Flächen

Kulturelle Vielfalt auf der Bühne

Das Bühnenprogramm verspricht musikalische Vielfalt und stilistische Offenheit. Besucher dürfen sich auf ein buntes Spektrum an Live-Acts freuen: Mit dabei sind Jazz-Formationen, DJs wie AfroPunk, Indie-Künstler wie Goldy.mp3 sowie Swing- und Weltmusik-Ensembles. Ergänzt wird das musikalische Programm durch Improvisationstheater, Poetry-Slams und Tanzdarbietungen.

Ein Highlight ist der sogenannte „Tag der Initiativen und Vereine“ am Sonntag, 29. Juni. Hier präsentieren sich über 20 lokale Gruppen mit Informationsständen, Mitmachaktionen und kulturellen Beiträgen. Von den NaturFreunden über die Stolperstein-Initiative bis zur Geschichtswerkstatt Stuttgart-Süd wird ein breites zivilgesellschaftliches Spektrum sichtbar.

Kinder willkommen!

Für Kinder und Familien gibt es ein eigenes Mitmachprogramm mit Spielbereichen, Kinderschminken, Theateraktionen und Bastelangeboten. Das Improvisationstheater für Kinder zählt zu den meistbesuchten Angeboten am Eröffnungstag.

Stadtentwicklung trifft Nachbarschaft

Das Fest steht nicht losgelöst von der Stadtentwicklung. Ganz im Gegenteil: Die Entwicklung des angrenzenden Schoettle-Areals – der ehemalige Standort des Statistischen Landesamts – bildet den stadtpolitischen Hintergrund. Die Initiative „Solidarische Nachbarschaft“ hat sich das Ziel gesetzt, das Areal gemeinschaftlich und bezahlbar zu gestalten. Das Fest versteht sich somit auch als Plattform zur Vernetzung und Diskussion über die zukünftige Gestaltung des Quartiers.

Ein Ort mit Geschichte

Der Erwin-Schoettle-Platz selbst ist historisch aufgeladen. Benannt nach dem SPD-Politiker und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, erinnert der Ort auch an eine Tradition der demokratischen Mitgestaltung. Das angrenzende Alte Feuerwehrhaus, heute ein kulturelles Begegnungszentrum, unterstreicht diese historische Kontinuität.

Kritik aus der Nachbarschaft

Nicht alle begrüßen das neue Stadtteilfest uneingeschränkt. Einige Anwohner äußerten im Vorfeld Bedenken hinsichtlich Lärm, Müll, eingeschränkter Mobilität und fehlender Parkplätze. Besonders die Sperrung der Zufahrt zur Tiefgarage am Platz sorgte für Kritik.

Die Veranstalter reagierten mit einem Maßnahmenpaket:

  • Bereitstellung von kostenlosen Ersatzparkplätzen
  • Zusätzliche Toilettenanlagen auf dem Festgelände
  • Temporäre Einfriedung zwischen Festfläche und Wohnhöfen

Diese Maßnahmen wurden in enger Abstimmung mit dem Bezirksbeirat und der Stadtverwaltung umgesetzt. Die Veranstalter betonen, dass das Fest auf Rücksicht und Dialog ausgelegt sei.

Ein Fest mit Zukunft?

Mit rund 8.000 erwarteten Besucherinnen und Besuchern – das entspricht etwa 18 % der Heslacher Bevölkerung – wird das Schoettle-Platz-Fest zu einem der größten Ereignisse des Jahres im Stadtbezirk Stuttgart-Süd. Das Budget liegt bei rund 41.000 Euro, davon 5.000 Euro als Zuschuss des Bezirksbeirats.

Sollte das Fest ein Erfolg werden, könnte es sich dauerhaft im Veranstaltungskalender der Stadt etablieren – als Gegenmodell zu kommerziellen Großveranstaltungen wie dem Stuttgarter Sommerfest oder den Cannstatter Wasen.

Was macht das Fest besonders?

Im Vergleich zu anderen Stadtteilfesten fällt auf:

KriteriumSchoettle-Platz-FestHeusteigviertelfest (ehem.)Marienplatzfest
Eintrittkostenfreikostenfreikostenfrei
Kommerzielle Anbieterstark eingeschränktjaja
zivilgesellschaftliche Präsenzhochmittelniedrig
Integration stadtpolitischer Themenja (z. B. Arealentwicklung)kaumnein

Mehr als nur ein Fest

Das Schoettle-Platz-Fest ist kein reines Unterhaltungsformat, sondern Ausdruck einer aktiven, reflektierten Stadtgesellschaft. Es zeigt, wie städtischer Raum gemeinschaftlich genutzt und gestaltet werden kann – mit Musik, Diskussion, Nachbarschaft und gelebter Vielfalt.

In Zeiten zunehmender Anonymität im urbanen Raum liefert Stuttgart-Heslach damit ein Modell für eine inklusive, partizipative Stadtteilkultur, das auch überregional Beachtung verdient.

Der heutige Auftakt ist daher nicht nur der Beginn eines Festes – sondern vielleicht der Startpunkt für ein neues Selbstverständnis eines ganzen Stadtteils.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.