BYD-Aktiensplit sorgt für Chaos – Anleger frustriert, Fiskus kassiert mit

In Wirtschaft
August 16, 2025

Frankfurt am Main – Der chinesische Elektromobilitätsgigant BYD hat in den letzten Wochen nicht nur durch technologische Innovationen Schlagzeilen gemacht, sondern vor allem mit seinem ungewöhnlich strukturierten Aktiensplit. Was für viele Anleger nach einem rein technischen Vorgang klingt, hat sich in Europa – insbesondere in Deutschland und Österreich – als bürokratisches Minenfeld entpuppt. Zwischen fehlerhaften Depotanzeigen, steuerlichen Überraschungen und wochenlanger Wartezeit wächst bei Investoren der Frust.

Ein Aktiensplit mit Nebenwirkungen: Was ist passiert?

Im Sommer 2025 überraschte BYD die Märkte mit einem zweistufigen Aktiensplit. Der Elektromobilitätsriese aus Shenzhen hatte angekündigt, je 10 gehaltene Aktien zunächst 12 Bonusaktien aus Kapitalrücklagen zuzuschreiben – steuerlich neutral. Kurz darauf folgten weitere 8 Aktien je 10 gehaltene, diesmal jedoch aus Gewinnrücklagen. Diese zweite Tranche wurde in mehreren Ländern als steuerpflichtige Sachdividende bewertet – mit deutlichen finanziellen Folgen für Anleger.

In der Praxis entsprach der Split einem Verhältnis von 1:3. Wer vor dem Split 100 Aktien hielt, hatte nach dem Verfahren 300 im Depot. Klingt einfach – wäre da nicht der steuerliche und technische Aufwand, den Broker, Anleger und sogar Softwareanbieter zu bewältigen hatten.

Broker-Chaos: Zwischen verspäteter Einbuchung und Steuerabzug

Viele Anleger wurden vom Split auf dem falschen Fuß erwischt. Besonders deutlich wurde das bei der Frage:

„Warum zeigt mein Depot nach dem BYD‑Split Verluste, obwohl nichts verkauft wurde?“

Der Grund liegt in den Buchungsmodalitäten der Broker. Während einige Banken die neuen Aktien zeitnah einbuchten, warteten andere teils bis zu sechs Wochen mit der vollständigen Darstellung im Depot. In dieser Zeit war oft nur ein Drittel der Aktien sichtbar und handelbar. Gleichzeitig wurde der Kurs pro Aktie an die neue Stückzahl angepasst, ohne dass alle Systeme dies korrekt verarbeiteten. Das Ergebnis: In vielen Depots wurden vermeintliche Buchverluste angezeigt, die real gar nicht existierten.

Dazu kam die Problematik der Kapitalertragsteuer. Während der erste Teil der Bonusaktien steuerfrei war, behandelten zahlreiche Broker die zweite Tranche wie eine Dividende – und zogen automatisch Steuern ab. Für viele Anleger war das ein Schock, da keine Ausschüttung in bar erfolgte, sondern lediglich Aktien übertragen wurden. In Einzelfällen wurden mehrere Hundert Euro vom Verrechnungskonto eingezogen – ohne transparenten Hinweis.

Die steuerliche Dimension: Wer kassiert hier wirklich?

Eine der meistgestellten Fragen in Anlegerforen lautete daher:

„Muss ich bei meinem BYD‑Aktiensplit in Deutschland sofort Steuern zahlen?“

Die Antwort: Es kommt darauf an. Reine Aktiensplits sind in Deutschland grundsätzlich steuerneutral. Das heißt: Die ursprünglichen Anschaffungskosten verteilen sich lediglich auf mehr Stücke, ohne dass eine Steuer anfällt. Anders verhält es sich bei sogenannten Sachdividenden. Wenn neue Aktien aus Gewinnrücklagen stammen, kann dies als steuerpflichtige Ausschüttung gewertet werden – und genau das geschah beim zweiten Teil des BYD-Splits.

In Österreich zeigte sich ein noch schärferes Bild. Dort wurden bei einigen Brokern sofort 27 % Kapitalertragsteuer vom Verrechnungskonto abgezogen – teils ohne Hinweis oder Möglichkeit zur Gegenrechnung mit dem Verlusttopf. Ein Anleger berichtet: „Ich musste fast 100 Euro zahlen, obwohl ich nichts verkauft habe – das war wie ein Strafzettel für’s Investieren.“

Technische Fallstricke: Software überfordert, Anleger verwirrt

Der Split war nicht nur ein Steuer-, sondern auch ein Technik-Thema. Depotverwaltungen und Tools wie Quicken oder Portfolio Performance hatten Schwierigkeiten, die verschiedenen Splits korrekt darzustellen – insbesondere bei den unterschiedlichen Börsenvarianten von BYD.

„Unterscheiden sich die Splits bei der BYD‑H‑Aktie und den ADRs?“

Ja. Während an der Börse Hongkong (BYD-H) ein 3-für-1-Split durchgeführt wurde, erlebten die US-amerikanischen ADRs von BYD (BYDDY) einen separaten 6-für-1-Split. Viele Anleger, die in beide Varianten investiert sind oder bei ihrem Broker nicht klar zwischen diesen unterscheiden konnten, erhielten fehlerhafte Depotanzeigen. In manchen Fällen wurden Kurse nicht korrekt umgerechnet, bei anderen fehlten ganze Positionen für Wochen.

Hinzu kamen Rundungsprobleme: Wer keine exakten Zehnerblöcke hielt, bekam anteilig keine Bonusaktien und in manchen Fällen einen Barausgleich. Wiederum andere Anleger bemerkten Unterschiede bei den Einbuchungskursen – abhängig vom Broker und Zeitpunkt der Verarbeitung.

Die psychologische Seite des Splits

Ein Aspekt, der oft unterschätzt wird, ist die psychologische Wirkung solcher Ereignisse. Für viele Anleger ist der Anblick eines vermeintlichen Depotverlusts beunruhigend – auch wenn dieser rein rechnerisch unbegründet ist. Gleichzeitig führte die Unklarheit bei der Handelbarkeit der neuen Aktien dazu, dass Investoren in kritischen Marktphasen nicht flexibel reagieren konnten.

„Ich konnte 6 Wochen lang zwei Drittel meiner Aktien nicht handeln – und musste zusehen, wie der Kurs in dieser Zeit deutlich gefallen ist“, schildert ein betroffener Anleger. Die fehlende Transparenz und die fehlerhafte Darstellung führten nicht nur zu Vertrauensverlust, sondern auch zu spekulativen Entscheidungen auf Basis unvollständiger Daten.

BYD-Split: Kursentwicklung und Markteinschätzung

Die Motivation für den Split war ursprünglich positiv: BYD wollte den Zugang zur Aktie für Privatanleger erleichtern. Durch den niedrigeren Stückpreis wurden neue Zielgruppen angesprochen, was langfristig zu mehr Liquidität und einem breiteren Investorenkreis führen sollte. Analysten sehen darin eine klassische Maßnahme zur Marktbelebung nach einem Kursrückschlag.

Doch die Realität zeigte, dass der Split kurzfristig eher für Chaos als für Klarheit sorgte. Die Kursentwicklung selbst blieb volatil: Zwar stabilisierte sich der Preis auf dem neuen Niveau, doch die Unsicherheit über steuerliche und technische Aspekte hemmte die Handelsbereitschaft vieler Anleger.

Langfristige Folgen: Was Anleger jetzt wissen müssen

Einige der offenen Fragen haben auch langfristige Bedeutung:

„Was passiert mit der Steuer, wenn ich BYD‑Bonusaktien später mit Verlust verkaufe?“

Da viele Broker die Bonusaktien bereits als „steuerpflichtige Einnahme“ verbucht haben, wurde Kapitalertragsteuer vorausgezahlt. Wenn Anleger diese Aktien später mit Verlust verkaufen, könnte der erhöhte Anschaffungskurs steuerlich angerechnet werden. Allerdings ist die Rückerstattung der bereits gezahlten Steuer nicht automatisch garantiert. Eine Einzelfallprüfung oder sogar eine Steuererklärung mit Verlustnachweis kann erforderlich sein.

„Wie sollte der Anschaffungskurs nach einem BYD‑Aktien‑Split korrekt angepasst werden?“

Grundsätzlich muss der ursprüngliche Gesamtwert des Investments auf die neue Stückzahl verteilt werden. Wenn also aus 100 Aktien 300 wurden, wird der ursprüngliche Kaufpreis pro Aktie durch drei geteilt. Bei steuerpflichtigen Bonusaktien hingegen wird der neue Anschaffungskurs höher angesetzt – meist entspricht dieser dem Kurswert am Tag der Einbuchung. Das hat zur Folge, dass künftige Gewinne steuerlich geringer ausfallen – sofern korrekt erfasst.

Broker im Vergleich: Wer bucht korrekt – und wer nicht?

Ein besonders heikler Punkt war die unterschiedliche Handhabung durch Broker. Während manche Institute wie Trade Republic oder Consorsbank den Split technisch sauber umsetzten, gerieten andere wie DKB oder Flatex in die Kritik. In Online-Foren wurde berichtet, dass Kunden teilweise wochenlang keine vollständige Übersicht hatten oder fehlerhafte Steuerabzüge erfolgten.

In einem Community-Kommentar hieß es: „Mein Kumpel, Flatex, hat den Split immer noch nicht eingebucht bekommen – und DKB zeigt nur ein Drittel der Aktien.“ Solche Erfahrungen unterstreichen die Notwendigkeit, dass Anleger ihre Depots regelmäßig prüfen und gegebenenfalls Rücksprache mit dem Kundenservice halten.

Ein Lernmoment für alle Beteiligten

Der BYD-Aktiensplit war mehr als nur eine Kapitalmaßnahme – er war ein Testfall für technische Infrastruktur, steuerliche Kompetenz und das Vertrauen von Kleinanlegern. Während BYD selbst aus Sicht des Unternehmens alles korrekt durchgeführt hat, zeigt sich in der Kette zwischen Unternehmen, Depotbanken, Softwarelösungen und Endkunden eine Vielzahl an Schwachstellen.

Für Anleger bedeutet das: Wachsam bleiben, steuerliche Folgen prüfen, Buchungen genau kontrollieren – und notfalls Einspruch erheben. Der Fall BYD dürfte vielen im Gedächtnis bleiben, nicht nur wegen seiner Kurswirkung, sondern auch als Lehrstück für die Komplexität internationaler Kapitalmaßnahmen in einem fragmentierten Finanzsystem.

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Als Autor für das Magazin "Nah am digitalen Rand" verbinde ich meine Germanistik-Expertise mit einem unstillbaren Interesse für redaktionell spannende Themen. Meine Leidenschaft gilt der Erforschung und dem Verständnis der digitalen Evolution unserer Sprache, ein Bereich, der mich stets zu tiefgründigen Analysen und Artikeln inspiriert.